Dax mit Kursverlusten
Börse: 5 Gründe für die hohen Kursverluste an den Aktienmärkten Quelle: imago images

Diese 5 Probleme sind schuld am Börsen-Beben

Schwere Verluste an den Weltbörsen schüren die Angst vor einem großen Crash. Verkaufssignale im Dax erhöhen das Risiko weiterer Kursverluste. Das müssen Anleger jetzt wissen.

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Mit hoher Dynamik geht es nun doch an den Weltbörsen nach unten. Reihum stecken sich die Märkte an und lösen immer wieder neue Verkaufswellen aus. Das ist, ohne Frage, eine crashartige Entwicklung, die sich in den vergangenen Tagen zusammengebraut hat. Diese fünf großen Problemfelder gibt es derzeit für Anleger:

1) Den Handelskrieg zwischen den USA und China, bei dem bisher keine Annäherung zu spüren ist, der womöglich noch bis ins nächste Jahr reicht und tiefe Spuren in der weltwirtschaftlichen Entwicklung ziehen könnte.

2) Die Divergenzen in Europa um den bevorstehenden Brexit und die immer schwierigere Haushaltslage in Italien.

3) Die wirtschaftlich wacklige Situation in Schwellenländern, in Argentinien, Brasilien und der Türkei und die Angst, dies könnte sich früher oder später auch in den Industrieländern bemerkbar machen.

4) Die deutlich gestiegenen Zinsen vor allem in Amerika, sowie die Aussichten, dass es auch in Europa zu einer Zinswende kommt, die Wirtschaft und Märkte abschnüren könnte.

5) Anlagemärkte, auf denen Aktien, Anleihen und andere Assets (vor allem Immobilien) seit Jahren gestiegen sind und insgesamt hohe Bewertungen erreicht haben.

Der Cocktail aus diesen fünf Kernproblemen hätte durchaus das Zeug, an den Aktienmärkten zu einer Baisse zu führen. Bemerkenswert an der aktuellen Situation ist, dass diese fünf Probleme nicht neu sind, sondern schon seit Monaten immer wieder zu vorübergehenden Korrekturen geführt haben. Auch wenn sich etwa die Fragen um den Brexit oder die Zinsen in den USA zuletzt verschärft haben, sind diese Grundprobleme an den Märkten bekannt. Neu hingegen ist, dass die Aktienmärkte dieses Mal die Risiken nicht mehr wegstecken, sondern mit heftigen Abschlägen reagieren.

Wer setzt sich durch: Schwache Euro-Börsen oder relativ starke US-Märkte? Die Abschläge fallen unterschiedlich aus. Besonders heftig erwischt es den deutschen Aktienmarkt, und zwar in seiner ganzen Breite: Alle wichtigen Indizes, Dax, MDax, TecDax und SDax, haben ihre kurz- bis mittelfristigen Aufwärtstrends durchschlagen. Ähnlich desolat sieht es bei den meisten europäischen Indizes aus, auch wenn der breit gefasste Stoxx 600 noch nicht ganz so tief abgetaucht ist wie der Dax. Ebenfalls ein neues Tief in einer seit Jahresanfang laufenden Abwärtsbewegung haben chinesische Aktien erreicht, sichtbar etwa am Shanghai-Composite-Index.

Vergleichsweise gut halten sich die US-Märkte. Zwar sind die Tagesverluste an der Technologiebörse Nasdaq mit minus vier Prozent mittlerweile ziemlich hoch. Ähnliche Ausschläge gab es aber schon Anfang des Jahres, ohne dass sich am großen Trend etwas geändert hat. Der Dow Jones verläuft trotz des schwachen Mittwoch (10. Oktober) immer noch ein gutes Stück oberhalb seiner 200-Tage-Linie. Auf der Ebene großer Einzelwerte (Apple, Microsoft, Pfizer) hat sich substanziell nichts verändert, das eine grundlegend neue Tendenz im Dow Jones nach unten erwarten lässt. An den US-Märkten sprechen die Kurseinschläge bisher dafür, dass es zwar für einige Wochen, in Einzelfällen womöglich sogar über Monate, Korrekturen gibt, eine Baisse des Gesamtmarkts aber weniger wahrscheinlich ist.

Dagegen sieht der Dax richtig gefährlich aus. Im Mittelpunkt steht dabei jenes Kursbild, das sich seit Anfang 2017 gebildet hat und das aus Sicht der technischen Analyse einer typischen oberen Wendeformation entspricht. Wichtige Untergrenze war hier das Kursniveau 11.700 bis 11.800 Punkte. Diese Untergrenze hat der Dax nun durchbrochen. Theoretisch lässt sich aus diesem Verkaufssignal ein Rückgang bis auf rund 10.000 Punkte ableiten.

Das Problem dabei ist, dass solche Formationen und die damit verbundenen Verkaufssignale an Aussagekraft verlieren, je mehr Anleger vor einem solchen Kursbild Angst haben. Genau genommen läge ohnehin erst ein langfristiges Verkaufssignal vor, wenn der Dax das letzte Tief vom 26. März (11.787 Punkte Tagesschlussstand) um mehr als drei Prozent unterschreitet. Das wäre ab einem Dax von etwa 11.400 Punkten der Fall. Zudem gäbe es im Dax auch noch die Möglichkeit, dass sich eine schräge Untergrenze bildet. Auch das relativiert die langfristige Wirkung der jüngsten Kursabschläge.

Fazit: Die deutschen und europäischen Börsen sind ohne Frage in einer gefährlichen Situation. Seitdem der Dax in der vergangenen Woche wider Erwarten unter die Marke von 12.200 Punkten gerutscht ist, zeigt die kurzfristige Tendenz erst einmal nach unten. Das Risiko einer generellen Abwärtswende im Dax besteht zwar (drauf eben weist die klassische Wendeformation hin); die relative Stabilität der US-Märkte und der nach wie vor gute Verlauf der US-Wirtschaft aber sprechen eher dafür, dass es auch in Deutschland und Europa nur zu einer vorübergehenden Korrektur kommt. Die könnte ähnlich ausfallen wie Anfang 2016, als die Märkte im Schnitt rund ein Fünftel verloren – bevor sie ihren langfristigen Aufwärtstrend wieder fortsetzten.

Im Dax wäre das rechnerisch von der Spitze aus betrachtet noch ein Abwärtspotenzial bis 10.900 Punkte. Panikartige Verkäufe sind deshalb wenig angebracht. Sinnvoll allerdings ist es schon, genügend Liquidität zur Verfügung zu haben: Einerseits schlagen dann Verluste nicht direkt durch auf das Depot; andererseits ist genug Cash vorhanden, um bei günstigen Kurse wieder einzusteigen.

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