Dax über 11.000 Der Dax, der Dow und Draghi als Weihnachtsmann

Der Börsenindex Dax überwindet die Delle, die er seit Februar auszumerzen versucht. Neue Rekorde sind zwar noch nicht in Sicht, aber das Fundament dafür ist geschaffen – vor allem im Ausland und im Turm der EZB.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Ein Schokoladen-Weihnachtsmann stehtin Frankfurt am Main morgens im Handelssaal der Börse auf dem Monitor eines Händlers. Quelle: dpa

Börse kann frustrierend sein. Als die Börsenkurse im Januar dieses Jahres – ausgehend von einem Zwischenhoch bei 10.700 Punkten – massiv ins Rutschen gerieten und erst im Februar bei 8750 Punkten ihr Jahrestief erreichten, schien das Jahr für Anleger fast schon gelaufen. Gut die Hälfte der Gewinne der vorangegangenen zwölf Monate waren perdu, der historische Rekord von 12.390 Punkten so fern wie lange nicht. Schwache Wirtschaftsdaten aus China hatten die Börsen in Shanghai um sieben Prozent abstürzen lassen und so die Talfahrt eingeläutet.

An diesem Donnerstag herrscht jedoch wieder Jubelstimmung an der Börse. Zum ersten Mal seit einem Jahr hat der deutsche Leitindex Dax die Marke von 11.000 Punkten deutlich übersprungen, mittags notierte er bei 11.025 Punkten. Damit trotzt die Börse zum wiederholten Male allen – immer noch akuten – Krisen, die normalerweise die Kurse belasten. China-Schwäche, Euro-Schuldenkrise, Brexit-Votum, Trump-Wahl und Italien-Referendum hat der Aktienmarkt letztlich gut verdaut und in eine Stärke umgemünzt. Nach fast genau einem Jahr hat der Dax wieder das Terrain oberhalb von 11.000 Punkten im Visier. Jetzt muss nur noch die Europäische Zentralbank (EZB) mitspielen, dann kann die Kursrally starten.

Auftrieb gab am Donnerstagmorgen die Hoffnung, dass die EZB am Nachmittag ihr gigantisches Wertpapier-Kaufprogramm über den März 2017 hinaus verlängern und so die Finanzmärkte mit weiteren Milliarden fluten wird. Schließlich gilt es weiterhin, die kriselnden Staaten der Euro-Zone, also Griechenland, Italien, Portugal, Spanien, Belgien und Frankreich, finanziell zu stabilisieren sowie Konjunktur und Arbeitsmarkt anzuschieben.

Eine EZB-Entscheidung zugunsten einer weiter expansiven Geldpolitik könnte den Knoten vollends platzen lassen. Unter Börsianern wurde wegen der Regierungskrise in Italien fest mit einem derartigen Schritt gerechnet – und die EZB erfüllte die Erwartungen. Infolgedessen rechnet die Börse auch mit einer Jahresendrally, wie sie im Dezember für die Börse typisch wäre. Die andauernde Rekordjagd an der Wall Street und starke Börsen in Asien ebneten zusätzlich den Weg. Im historischen Durchschnitt seit der Jahrtausendwende konnte der Dax im Dezember drei Prozent zulegen.

Schub gibt dem Dax auch die Entwicklung der US-Börse. Der Dow Jones erklomm jüngst ein Allzeithoch, ähnlich der breiter gefasste S&P-500-Index. Demgegenüber hat der deutsche Aktienmarkt noch einigen Nachholbedarf. Dass die US-Notenbank inzwischen die Zinsen erhöht, während die EZB immer mehr Geld in den Markt pumpt, scheint an den Märkten niemanden wirklich zu stören.

So viel schütten Dax-Konzerne 2017 aus
Dividendenarie Quelle: DPA
Daimler Quelle: AP
Fresenius Quelle: dpa
Pro Sieben Sat 1 Quelle: DPA
Munich-Re Quelle: REUTERS
Deutsche-Telekom Quelle: DPA
Eli-Lilly Quelle: AP

Der deutsche Aktienmarkt hatte sich schon an den Vortagen den nötigen Schwung geholt mit deutlichen Kurszuwächsen. Besonders die gebeutelten Aktien der Deutschen Bank und der Commerzbank hatten kräftig zulegen können. Aktien der Deutschen Telekom sprangen am Donnerstag an die Dax-Spitze mit einem Plus von mehr als zwei Prozent vor. Sie profitierten dabei von einer europaweit soliden Branchentendenz sowie neuer Fantasie um den Verkauf der amerikanischen Mobilfunktochter T-Mobile US, die von einem „Handelsblatt“-Bericht geschürt wurde.

Die deutschen Banken, die über Tage stark gelaufen waren, tendierten uneinheitlich. Für die Aktien der Commerzbank ging es um rund ein halbes Prozent nach oben, Deutsche Bank-Anteile gaben wiederum etwa ein halbes Prozent nach. Am Dax-Ende wurden die Versorger weiterhin von Gewinnmitnahmen belastet, nachdem die Papiere noch vor zwei Tagen vom günstigen Entschädigungs-Urteil des Bundesverfassungsgerichts profitiert hatten.
Darüber, bis wohin eine Dax-Rally reichen könnte, gibt es unterschiedliche Meinungen. Große Banken trauen dem Dax im kommenden Jahr ein Plus von fünf Prozent zu. Mit den aktuellen Kursgewinnen hat der Dax diese Marke allein in der ersten Dezemberwoche erreicht.

Die Chancen für weitere Anstiege stehen aber nicht schlecht. So hält WirtschaftsWoche-Experte und Dax-Radar-Kolumnist Anton Riedl durchaus die alte Bestmarke bei 12.390 Punkten für grundsätzlich erreichbar. Auf Jahressicht rechnen die meisten Großbanken derzeit aber mit einem bescheideneren Plus bis in den Bereich von 11.500 Punkten - was immer noch einem Plus von fünf Prozent entspräche. Soviel beträgt aktuell allein der Anstieg in den ersten Dezembertagen.

Robert Halver, Kapitalmarktexperte der Baader Bank und auf dem Börsenparkett zuhause, glaubt, dass die Jahresendrally bereits läuft. „Konjunkturell fahren wir deutlich schneller. Es gibt mehr Treibstoff im Tank“, konstatiert er. Auch er zeigt sich überzeugt, dass die EZB den Markt vorerst weiter mit billigem Geld fluten wird. Wegen der lockeren geldpolitischen Zügel vergleicht Halver den EZB-Chef Mario Draghi mit dem Geschenke verteilenden Weihnachtsmann. „Er lässt vor einem ereignisreichen Jahr 2017 nichts anbrennen“, sagt der Baader-Experte mit Blick auf wichtige politische Ereignisse, die im kommenden Jahr anstehen - darunter die Wahlen in Frankreich, Deutschland und den Niederlanden. Es kann also einfach so weitergehen mit den steigenden Kursen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%