Dax-Umfrage „Anleger haben Finger am Abzug“

Anleger fürchten einerseits kurzfristig neue Verluste am hiesigen Aktienmarkt. Auf Sicht von mehreren Monaten rechnen die Investoren dagegen mit höheren Notierungen. Was das für die weitere Entwicklung des Dax bedeutet.

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Vor der US-Präsidentschaftswahl halten sich die meisten Investoren mit Käufen zurück. Quelle: dpa

Frankfurt Die jüngste Schwächephase am deutschen Aktienmarkt lässt die Stimmung der Anleger einbrechen: Kurzfristig fürchten Investoren nun weitere Verluste, nachdem der Dax vergangene Woche erneut erfolglos versucht hatte, über die Marke von 10.800 Punkten auszubrechen. Auf lange Sicht ist dagegen eine steigende Investitionsbereitschaft zu beobachten. Das zeigen die Ergebnisse der regelmäßigen Handelsblatt-Umfrage zur aktuellen Börsenstimmung.

Wöchentlich werden bei dieser Erhebung mehr als 2.300 Anleger gefragt, wie sie die Lage an den Aktienmärkten einschätzen. Die Ergebnisse bewertet Stephan Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx. Seine Prognosen zur Dax-Entwicklung sollen Orientierung für die Geldanlage bieten.

Unter dem Strich wertet der Sentimentexperte den aktuellen Gemütszustand der Investoren tendenziell konstruktiv. Hintergrund: In der sogenannten Sentimentanalyse wird unterschieden zwischen der aktuellen Stimmung, die meist als Kontraindikator interpretiert wird, und der Markterwartung an die langfristige Entwicklung. Und derzeit sehen die meisten Anleger die laufende Korrektur offenbar als Chance für Aktienkäufe, um an der von ihnen erwarteten Rally in den kommenden Monaten teilzuhaben.

Der Hintergrund im Detail: Vergangene Woche habe es kaum noch Käufer an den Aktienmärkten gegeben. Stattdessen hätten sich institutionelle Anleger stark in Absicherungsgeschäfte begeben, was die Kurse drückte. Der Dax war bis Freitag um mehr als vier Prozent auf 10.259 Punkte gesunken.

Entsprechend war die Stimmung eingebrochen: 51 Prozent der Umfrageteilnehmer sehen den Dax nun wieder in einem Abwärtsimpuls. Das ist ein Anstieg von 39 Prozent im Vergleich zur Vorwoche. Insbesondere die gut neutral gestimmten Anleger erlitten einen Stimmungseinbruch um 27 auf nur noch 33 Prozentpunkte. Aber auch den letzten gut gelaunten Anlegern sei die Stimmung vermiest worden, so Heibel: Deren Anteil sei um zwölf auf jetzt fünf Prozent abgerutscht.

Bereits in der Vorwoche war die Stimmung gemäß der Auswertung von Animusx sehr verhalten und auch die Erwartung war deutlich zurückgegangen. Dennoch geben auch in der aktuellen Berichtswoche extrem viele Umfrageteilnehmer an, von dem Kurseinbruch im Dax auf dem falschen Fuß erwischt worden zu sein: Deren Anteil legte um 25 Prozentpunkte auf 37 Prozent zu. Lediglich etwas mehr als jeder Zehnte gab an, auf fallende Kurse spekuliert zu haben und damit richtiggelegen zu haben.


Worauf die Anleger vor dem Einstieg warten

Nach dem Kursrutsch der vergangenen Woche steigt bei den Anlegern die Erwartung an langfristig wieder höheren Notierungen. 37 Prozent (plus sieben Prozent) erwarten für den deutschen Leitindex in drei Monaten steigende Kurse. Nur noch 30 Prozent (minus drei Prozent) erwarten eine anhaltende Seitwärtsbewegung, 19 Prozent (minus fünf Prozent) fürchten gar eine nachhaltige Baisse.

Die Verkaufsabsicht ist dagegen gering: Nur 13 Prozent der befragten Teilnehmer wollen in den kommenden zwei Wochen noch Aktien abstoßen. Dagegen planen mit 24 Prozent knapp doppelt so viele Anleger ihren Bestand an Aktien zu erhöhen. Die meisten befinden sich nach wie vor im Lager der Unentschlossenen (minus ein Prozent auf 63 Prozent).

Unter Strich hätten viele Anleger laut Heibel „den Finger am Abzug, beziehungsweise „auf der Kauf-Taste des Computers“ – warteten aber noch wegen der Unsicherheit in Zusammenhang mit den US-Präsidentschaftswahlen ab. „Die Stimmung ist inzwischen stark genug heruntergeprügelt, so dass eine heftige Rallye durchaus möglich erscheint“, interpretiert Heibel die jüngsten Umfrageergebnisse. Allerdings müsse auch die Möglichkeit eines „reinigenden Gewitters“ vor der zu erwartenden Rally in Betracht gezogen werden, warnt der Experte vor einseitigem Optimismus.

Bereits vergangene Woche hatte der Sentiment-Fachmann zwar erklärt, dass die Basis für einen Ausbruch nach oben aus Sicht der Sentiment-Analyse gegeben sei. Doch auch damals nannte er eine Einschränkung: Es fehle ein auslösendes Ereignis für nachhaltig steigende Kurse.

Auch an den weltweit richtungsweisenden Aktienmärkten in den USA befindet sich die kurzfristige Stimmung der Börsianer inzwischen im freien Fall: Dort ist der sogenannte „Angst-und-Gier-Index“ auf nur noch 13 Prozent eingebrochen und deutet auf extreme Furcht vor weiteren Verlusten an der Wall Street. Institutionelle Anleger in den USA haben ihre Investitionsquote von 66,5 Prozent auf 58 Prozent heruntergefahren. „So viel Cash gab es seit dem Brexit nicht mehr“, sagt Sentiment-Fachmann Heibel.

Blogger und Börsenbriefschreiber dagegen geben noch immer zu 38,5 Prozent Kaufempfehlungen aus, sind somit nach Einschätzung von Heibel „ziemlich neutral gestimmt“. Privatanleger in den USA zeigen sich dagegen nur noch zu 23,6 Prozent Prozent „bullish“ gestimmt, jeder Dritte hingegen befindet sich im Bärenlager und erwartet damit keine steigenden Kurse an der Wall Street.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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