Dax-Umfrage Anleger rechnen mit Fortsetzung der Rally

Für viele Börsianer kam der Rücksetzer beim Dax in der vergangenen Woche wie gerufen. Sie glauben an eine erneute Rally und wollen möglichst bald preiswerter einsteigen. Doch bei dieser Erwartung gibt es einen Haken.

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Das Wort Dax steht am in Frankfurt am Main im Handelssaal der Börse auf der großen Anzeigetafel über den Lichtern einer Fernsehkamera. Viele Anleger rechnen mit bald weiter steigenden Kursen, doch nur wenige wollen investieren. Quelle: dpa

Düsseldorf „Das kann nicht lange gut gehen“, sagte Börsenexperte Stephan Heibel vor einer Woche. Und er meinte die mehrwöchige Rally, die den Dax auf ein neues Jahreshoch von mehr als 10.800 Punkten hievte. Entsprechend wenig überraschend dürfte der Rücksetzer im Dax um 1,6 Prozent auf 10.544 Punkte in der vergangenen Woche gewesen sein. Die Teilnehmer der Handelsblatt-Sentimentumfrage reagieren entsprechend selbstsicher: Nach der mustergültigen Konsolidierung in den vergangenen Tagen rechnen viele nun mit einer Fortsetzung der Rally.

Woche für Woche befragt das Handelsblatt mehr als 2.300 Anleger zu ihrer Einschätzung der Börsenlage. Die Ergebnisse bewertet anschließend Stephan Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx, und bietet dadurch Orientierung für die Geldanlage.

Die Ergebnisse der aktuellen Umfrage zeigen: Der Rücksetzer im Dax wird von 15 Prozent der Befragten (plus elf Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche) als Abwärtsimpuls gesehen. 40 Prozent der Anleger und damit 23 Prozentpunkten mehr als zuletzt betrachten ihn jedoch als übergeordnete Seitwärtsbewegung. Zulauf erhielten diese beiden Betrachtungsweisen aus dem Lager derer, die zuvor noch einen Aufwärtsimpuls (minus 24 Prozentpunkte auf 23 Prozent) oder eine Topbildung (minus zwölf Prozentpunkte auf 18 Prozent) erwartet hatten. Nach der Euphorie vom vergangenen Montag, als die kurzfristige Stimmung einen sehr hohen Wert erreichte und damit fallende Kurse signalisierte, ist das Sentiment aktuell im neutralen Bereich, wenngleich nach wie vor ein positiver Grundton überwiegt.

Die Selbstzufriedenheit hat unter dem Rücksetzer ein wenig gelitten, obwohl Anleger noch weit entfernt sind von einer eventuellen Verunsicherung. Mit 57 Prozent (plus 14 Prozentpunkte) fühlen sich die meisten in ihrer Erwartung mehr oder weniger bestätigt, nur noch elf Prozent (minus 15 Prozentpunkte) geben an, auf diese Entwicklung spekuliert zu haben. Acht Prozent (minus sechs Prozentpunkte) wurden auf dem falschen Fuß erwischt und jeder Vierte (plus sieben Prozentpunkte) sieht seine Erwartungen kaum erfüllt. Damit ist die Selbstzufriedenheit der Anleger neutral einzuschätzen.


Zuversicht steigt an

Der Rücksetzer kam wie gerufen, könnte man meinen. Denn jeder Dritte (plus fünf Prozentpunkte) geht nun von weiter steigenden Kursen in drei Monaten aus, genauso viele erwarten zumindest eine Seitwärtsbewegung. Nur noch jeder Fünfte fürchtet weiter fallende Kurse. Die Zuversicht ist damit kräftig angestiegen, wobei von Euphorie jedoch noch nicht die Rede sein kann.

Nicht in dieses Bild passt die Investitionsbereitschaft, die deutlich zurückgegangen ist. Sowohl kaufen (minus zwei Prozentpunkte) als auch verkaufen (minus vier Prozentpunkte ) wollen jeweils nur noch 20 Prozent. Die meisten wissen noch nicht, wie sie sich verhalten werden (plus fünf Prozentpunkte). „Damit ist kein nennenswerter Kaufimpuls zu erwarten“, meint Heibel.

Für den Sentimentexperten sendet die derzeitige Stimmung widersprüchliche Signale. Auf der einen Seite war der Rücksetzer der vergangenen Woche genau das, was Anleger nach der fünfwöchigen Dax-Rally sehen wollten, um die Basis für weitere Kursanstiege zu bilden. Auf der anderen Seite möchten derzeit zu wenige Anleger Aktien nachkaufen. Eine mögliche Antwort auf dieses Verhalten: Börsianer spekulieren kurzfristig auf einen noch heftigeren Rücksetzer, bevor sie sich wieder für weiter steigende Kurse positionieren.

Laut dem Anlegersentiment der Stuttgarter Börse haben so viele Anleger auf diesen Rücksetzer spekuliert wie seit Oktober vergangenen Jahres nicht mehr. Die heftigen Korrekturen der letzten Monate waren überraschend, dieser jüngste Rücksetzer hingegen war weithin erwartet worden. Auch hier das gleiche Bild: Der Rücksetzer kam zwar nicht überraschend, wurde aber auch noch nicht für beendet erklärt. Denn noch sind die Absicherungsgeschäfte vieler Privatanleger, die von fallenden Kursen profitieren, hoch. Dieser hohe Anteil dürfte mögliche Kursverluste in den kommenden Handelstagen begrenzen.

Auch in den USA befinden sich die wichtigsten Stimmungsindikatoren auf dem Rückzug, sind jedoch noch nicht stark genug zurückgekommen, um die Korrektur für beendet zu erklären. Der „Angst und Gier Index“ (Fear and Greed) notiert bei 77 Prozent und damit nur noch knapp im Bereich der extremen Gier.


Keiner rechnet mit einer heftigen Korrektur

Dieser Index basiert auf der Annahme, dass Investoren von zwei Emotionen getrieben werden: Angst und Gier. Eine zu große Gier ist ein Indiz dafür, dass Kurse künftig fallen. Denn dann neigen Investoren dazu, auch bei eigentlich überteuerten Kursen zuzuschlagen. Sollten die Aktien dann plötzlich an Wert verlieren, können die Gierigen den Markt nicht mit neuen Käufen stützen, weil sie schon investiert haben. Ermittelt wird der Index nicht per Umfrage, sondern anhand von technischen Indikatoren.

Institutionelle US-Anleger sind zu 98,8 Prozent investiert, was nach wie vor ein hohes Niveau darstellt, wenngleich der Rekordwert von vor vier Wochen nicht mehr erreicht wird. Börsenbriefschreiber geben dort zu 47 Prozent Kaufempfehlungen aus und liegen damit am unteren Ende der optimistischen Werte der vergangenen Wochen. Und US-Privatanleger sind zu 35,6 Prozent „bullish“, das liegt knapp unter dem Durchschnitt von 38,5 Prozent.

Heibels Fazit dieser widersprüchlichen Signale: „Mit einer heftigen Korrektur rechnet derzeit niemand.“ Vielmehr spekulieren viele darauf, dass der Rücksetzer noch nicht beendet ist. Mit Käufen halten Anleger sich noch zurück, allerdings steigt die Zuversicht, dass im Anschluss an diesen Rücksetzer wieder steigende Kurse zu sehen sind. Diese Erwartungshaltung gilt sowohl für den US-, als auch den deutschen Markt.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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