Dax-Umfrage Anleger sind in Partylaune

Die Börsenstimmung hat sich in den vergangenen Woche aufgehellt. Ist das ein Signal zum Verkauf oder zum Einstieg? Einer exklusiven Umfrage zufolge sollten Investoren für eine Antwort auf diese Frage ins Ausland schauen.

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Händler stoßen im Handelssaal der Börse mit Sekt an. Auch bei den Anlegern hat das achtprozentige Plus beim Dax innerhalb weniger zu einer freudigen Stimmung geführt. Quelle: dpa

Düsseldorf Es war schon etwas britisches Unterstatement vom Börsenexperte Stephan Heibel am vergangenen Montag. Unter der Überschrift „Ein neuer Ausverkauf ist nicht in Sicht“ hielt er den Dax nach unten bei 9.400 Punkten als relativ gut abgesichert und einen Ausbruch über 9.800 Punkte für möglich. Die Realität sieht aber anders aus: Der deutsche Leitindex schoss mit einem Wochenplus von 4,5 Prozent weit über das Ziel hinaus und erklomm wieder die Marke von 10.000 Punkten.

Basis für die Prognosen ist das Handelsblatt-Dax-Sentiment, eine wöchentlichen Umfrage unter mehr als 2300 Anlegern. Die Erhebung wird von Heibel ausgewertet und interpretiert. In den vergangenen acht Tagen konnte die Frankfurter Benchmark mehr als acht Prozent zulegen. Die Frage, die sich viele Anleger stellen: Ist nun Zeit für eine Pause? Oder ist es vielleicht sogar bereits gefährlich und es droht eine Baisse?

Indizien für eine Antwort auf diese Fragen bieten die Ergebnisse der aktuellen Umfrage. Die Teilnehmer sind scharenweise in Partylaune: Mehr als jeder Dritte sieht den Dax nun in einem Aufwärtsimpuls – ein Plus von 24 Prozentpunkten gegenüber der Vorwoche. Weitere 14 Prozent (plus 13 Prozentpunkte ) betrachten den Impuls als Topbildung.

Hingegen sehen nur noch neun Prozent (minus 23 Prozentpunkte) die aktuelle Bewegung als übergeordnete Abwärtsbewegung, nur noch fünf Prozent (minus zehn Prozentpunkte) halten dies für eine Bodenbildung. Das größte Einzellager ist jedoch nach wie vor das Lager der Neutralen: 37 Prozent (minus vier Prozentpunkte) sehen den Dax in einer Seitwärtsbewegung.

„Vor dem Hintergrund der extrem guten Dax-Performance ist es verständlich, dass die Stimmung sprunghaft angestiegen ist. Isoliert betrachtet ist es noch kein Warnsignal“, meint Börsenexperte Heibel. Vereinfacht gesagt: Wenn die Anleger zu euphorisch sind, ist dies ein Indiz für bald fallende Kurse. Seiner Meinung nach müsse sich Euphorie erst über mehrere Wochen aufbauen, um einen auslaufenden Kaufrausch zu signalisieren. „Das haben wir noch nicht“.


Selbstzufriedenheit hält sich in Grenzen

Im Gegenteil: Einheimische Anleger waren in den vergangenen Wochen extrem vorsichtig und haben beim Überspringen der 9.800 Punkte im Dax Gewinne mitgenommen und sich teilweise wieder Absicherungen gegen einen erneuten Rückschlag ins Depot geholt. Das Sentiment der Stuttgarter Börse zeigt eine hohe Absicherung der Anleger an. Aus dieser Betrachtungsweise lässt sich jedoch die Dax-Rally kaum erklären.

Die Selbstzufriedenheit hält sich in Grenzen. Knapp die Hälfte (plus fünf Prozentpunkte) hat zwar tendenziell eher steigende Kurse erwartet, aber nur 19 Prozent (plus neun Prozentpunkte) haben auch darauf spekuliert. Auf der anderen Seite wurde nur jeder Zehnte (minus vier Prozentpunkte) vollkommen überrascht von dem Ausbruch des Dax nach oben. Weitere 23 Prozent (minus zehn Prozentpunkte) sehen ihre Erwartungen als kaum erfüllt an.

Einen erneuten Dax-Rutsch unter die Marke von 9.400 Punkten erwartet nun kaum noch jemand, nur noch vier Prozent (minus neun Prozentpunkte) spekulieren auf eine Bodenbildung in drei Monaten. Ob der Dax jedoch eine nachhaltige Aufwärtsbewegung (34 Prozent) oder in einen Seitwärtskanal (38 Prozent) einlenken wird, darüber sind sich die Umfrageteilnehmer noch nicht einig. Sogar ein erneuter Abwärtsimpuls wird nach wie vor von 18 Prozent für möglich gehalten.

Taten sagen mehr als Worte: 17 Prozent (plus sechs Prozentpunkte gegenüber Vorwoche) wollen nach der fulminanten Rally der vergangenen acht Tage Kasse machen, nur noch jeder Vierte will nun auf den fahrenden Zug aufspringen. Nach wie vor ist die Neutralität hoch, 60 Prozent wollen vorerst abwarten.

„Für die Gründe der Rally müssen wir ins Ausland schauen“, meint Heibel. Denn in den USA haben die beiden wichtigen Indizes S&P 500 sowie Dow Jones neue Allzeithochs erklommen. Die Stimmung in den USA sei dementsprechend rosig, und das schon seit einigen Wochen. Aktuell notiert der Angst-und-Gier-Indikator, der die technische Verfassung der Finanzmärkte misst, bei 89%, zeigt also extreme Gier der Anleger an.


Dax hat noch ordentlich Kurspotenzial

Institutionelle US-Anleger sind extrem bullisch geworden, 96,5 Prozent sind voll investiert. Das war zuletzt im März 2015 der Fall, es folgte im Sommer eine heftige Korrektur. Auch US-Blogger und US-Börsenbriefautoren geben mit 47,6 Prozent mehr Kaufempfehlungen heraus als in den vergangenen Monaten. Dies ist für Heibel angesichts der bullishen Stimmung ein klarer Kontraindikator.

Lediglich die US-Privatanleger lassen sich von der Jubelstimmung der Finanzbranche noch nicht anstecken, nur 36,9 Prozent sind derzeit bullisch und das sind noch immer weniger als der langfristige Durchschnitt (38,5 Prozent).

„Auch institutionelle US-Anlegern sind sich dessen bewusst, dass nach einer heftigen Rally mal eine Verschnaufpause kommen muss“, betont Heibel. Doch während S&P 500 sowie Dow Jones bereits Allzeithochs schreiben, notiert der Dax beispielsweise noch 18% unter seinen Höchstständen von Anfang 2015. Der Ausverkauf in Folge der Brexit-Entscheidung war heftig und so sehen insbesondere institutionelle Anleger bei uns noch Kurspotential.

Während Privatanleger also Investments im Ausland scheuen und daher aufgrund der heimischen Rekordstände vorsichtig werden, sehen institutionelle Anleger Chancen im Ausland, insbesondere in Deutschland.

Denn aus dem Ausland betrachtet spreche vieles für den Dax: Europa ist trotz Brexit-Entscheidung nicht kollabiert. Der Euro ist jedoch deutlich schwächer geworden, was insbesondere für den Exportweltmeister Deutschland spricht. Zudem weist nun sogar die zehnjährige Bundesanleihen einen negativen Zins aus, wohin also mit dem Geld? Natürlich in Aktien.

So betrachtet habe der Dax noch ordentlich Kurspotential. „Rückschläge sind also Kaufgelegenheiten“, lautet die Devise des Sentimentexperten. Die Rally ist nicht durch heimische Anleger getrieben, sondern durch Ausländer. Doch vor dem Hintergrund der in den USA bereits überschäumenden Euphorie sollten Anleger mit Käufen vorerst vorsichtig sein. „In den kommenden Tagen, vielleicht Wochen, sollten sich nochmals bessere, günstigere Kaufkurse erzielen lassen.“

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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