Dax-Umfrage Anleger sind in Partylaune

Innerhalb von drei Wochen hat sich die Börsenstimmung gedreht: Keine Panik mehr, sondern Feierstimmung. Doch diese Party dürfte bald zu Ende gehen. Vor allem ein Termin bietet negatives Überraschungspotenzial.

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Quelle: dpa

Düsseldorf Erneut hat sich das Handelsblatt-Dax-Sentiment als verlässlicher Indikator bewiesen. Vor drei Wochen erreichte die Stimmung bei der wöchentlichen Umfrage unter mehr als 2600 Anlegern ein extremes Negativ-Niveau (siehe Grafik). Daraus schlussfolgerte Börsenexperte Stephan Heibel damals: „Diese Panik sichert den Dax nach unten ab und bildet den Boden für eine Aufwärtsbewegung.“

Die Logik hinter dieser Prognose: Panik gilt aus Sicht der Börsenstimmung, neudeutsch Sentiment genannt, als Kontraindikator. In solch einer Situation haben viele Anleger bereits ihre Titel verkauft, es kann also keine großen Verkaufswellen mehr geben. Dann sorgen bereits wenige Kaufaufträge für wieder steigende Kurse.

Am heutigen Montag, drei Wochen später, zeigt sich: Selbst der Raketentest Nordkoreas initiierte nur noch einen kleinen Ausverkauf. Seitdem geht es bergauf: Das deutsche Börsenbarometer legte in den vergangenen drei Wochen drei Prozent zu. Die vergangene Handelswoche endete mit einem Plus von 1,3 Prozent, der Index schloss am Freitag bei 12.304 Zählern.

Die Stimmung der Anleger hat sich entsprechend weiter erholt. Mittlerweile sehen bereits 22 Prozent der Umfrageteilnehmer in der aktuellen Dax-Bewegung einen Aufwärtsimpuls (plus elf Prozentpunkte gegenüber Vorwoche). Nur noch zwölf Prozent (minus neun Prozentpunkte) sehen einen Abwärtsimpuls und weitere sieben Prozent (minus sieben Prozentpunkte) betrachten die Entwicklung als Bodenbildung. Die meisten Anleger gehen jedoch nun von einer Seitwärtsbewegung aus. Ihr Anteil ist um drei Prozentpunkte auf 53 Prozent gestiegen.

Auf weiter fallende Kurse haben nur noch wenige Investoren gesetzt. Entsprechend wurden nur noch 24 Prozent (minus sieben Prozentpunkte) von dem Dax-Plus dieser Woche überrascht, weitere sieben Prozent (minus zwei Prozentpunkte) wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Mit 59 Prozent (plus sechs Prozentpunkte) haben die meisten diese Entwicklung zum größten Teil erwartet, elf Prozent (plus drei Prozentpunkte) haben sogar darauf spekuliert.


Kaufbereitschaft steigt

Der Zukunftsoptimismus verharrt auf seinem Rekordhoch: Mehr als jeder zweite Anleger (52 Prozent, plus zwei Prozentpunkte gegenüber Vorwoche) erwartet für die Frankfurter Benchmark in drei Monaten steigende Kurse. Immerhin geht gut jeder Zehnte (elf Prozent, plus vier Prozentpunkte) von einer Topbildung aus. Einen Abwärtsimpuls fürchten 15 Prozent (plus zwei Prozentpunkte), weitere 19 Prozent (minus ein Prozentpunkt) erwarten eine Seitwärtsbewegung.

Der Sommer ist vorbei, der Dax scheint eine neue Richtung gefunden zu haben. Entsprechend steigt die Investitionsbereitschaft. Mit 28 Prozent (plus zwei Prozentpunkte) wollen mehr Anleger Aktien zukaufen als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt in diesem Jahr. Auf der anderen Seite wollen elf Prozent ihre Positionen verkleinern. Mit 61 Prozent (minus zwei Prozentpunkte) bleiben die meisten Anleger unentschlossen.

Das Euwax-Sentiment der Privatanleger der Börse Stuttgart hat sich eingetrübt, es werden wieder verstärkt Absicherungskäufe vorgenommen. Dieser Indikator wird anhand von realen Trades mit Hebelprodukten auf den Dax ermittelt. Die höhere Zahl von Investments auf fallende Kurse gilt als Kontraindikator und bedeutet: Der Kursanstieg im Dax ist gut untermauert, da bei fallenden Kursen diese sogenannten Put-Produkte schnell verkauft werden – Anleger stützen dadurch wieder den Dax.

Institutionelle Anleger hingegen, die sich über die Frankfurter Terminbörse Eurex absichern, haben ihre Absicherungspositionen aufgelöst. Die Put/Call-Ratio der dort gehandelten Optionen notiert auf einem durchschnittlichen Niveau.

In den USA zeigt der technische Angst und Gier Index des Börsenbarometers S&P 500 mit 38 Prozent eine neutrale Verfassung mit leichter Tendenz zur Angst an. „Auch das ist eine gesunde Unterstützung für die aktuell steigenden Kurse“, meint Heibel. Institutionelle US-Anleger verfügen über eine Investitionsquote von 82,5 Prozent (plus 5,5 Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche), was ein im Verhältnis zu den vergangenen zwölf Monaten durchschnittliches Niveau widerspiegelt. Der Bulle/Bär-Index der US-Privatanleger zeigt mit minus 6,5 Prozent ein Übergewicht der Bären an.


US-Notenbank rückt in den Fokus

Nach Auswertung der Daten steht für den Sentimentexperten fest: „Ein bisschen geht noch, aber dieser Rally dürfte bald die Luft ausgehen.“ Der Zukunftsoptimismus notiere weiterhin auf Rekordhöhen und die Stimmung schwenke radikal von Panik zu Partylaune um, begründet er. „Zu schnell für meinen Geschmack.“ Allerdings gebe es großes Kaufinteresse und das dürfte auch bei steigenden Kursen dafür sorgen, dass immer weitere Käufer an den Markt strömen und die Rally weiter anheizen.

Zudem sei die technische Verfassung an den Märkten durchaus noch mit großen Absicherungstendenzen versehen, sodass vieles dafür spreche, dass die Rally noch ein oder zwei Wochen weiterlaufen werde. „Doch dann sollte es zu einer Verschnaufpause oder Korrektur kommen“, meint der Inhaber des Analysehauses Animusx. In dieser Phase sollte sich die Stimmung abkühlen, damit die Kurse anschließend nicht zu deutlich einbrechen.

Zur Erläuterung: Je besser die Stimmung, desto mehr Anleger sind bereits investiert und stehen somit als Käufer nicht mehr zur Verfügung. Eine Rally läuft dann aus, wenn keine zusätzlichen Käufer mehr gefunden werden, die Aktien kaufen. Wenn also alle euphorisch sind und der Zukunftsoptimismus auf Rekordniveau notiert, dann kann es niemanden mehr geben, der noch nicht investiert ist. Es gibt also keinen Käufer mehr für Aktien, die Kurse müssen dann anfangen zu fallen. „Soweit ist es noch nicht, aber wir bewegen uns schnell auf diesen Punkt zu“, erläutert Heibel. Dafür spreche zum einen die sprunghaft angestiegene Stimmung, und zum anderen das sehr große Kaufinteresse unter den Anlegern.

Er geht davon aus, dass der Korea-Konflikt in den kommenden Wochen die Börsenentwicklung weniger stark beeinflussen wird als während der Sommermonate. Stattdessen dürfte die Diskussion um die Zinswende in Europa und über mögliche Zinsschritte in den USA anhalten. Kommt in Europa die Zinswende in Sicht, während die Fed in den USA mit ihren beabsichtigten Zinsschritten vorerst abwartet, dann dürfte der Euro weiter nach oben laufen. Die exportorientierten Dax-Unternehmen geraten dann erneut unter Druck. Signalisiere die US-Notenbankchefin Janet Yellen hingegen weitere Zinsschritte, dann könnte sich der US-Dollar stabilisieren, die Euro-Stärke wäre vorerst gebremst und der Dax könnte seine Rally fortsetzen.

„Der große Optimismus der Umfrageteilnehmer scheint diese kritische Entwicklung nicht ernst zu nehmen, oder aber man ist sich sicher, dass in den USA die Zinsen steigen werden“, so der Animusx-Geschäftsführer. „Hier gibt es negatives Überraschungspotential, das sich am 20. September im Rahmen der nächsten Fed-Sitzung entladen könnte, wenn die Notenbank anstehende Zinserhöhungen nicht glaubhaft genug in Aussicht stellt.“ Eine spannende Situation. „Vorerst, und damit meine ich diese Woche, dürfte die Rally jedoch entweder weiterlaufen, oder aber in eine abwartende Seitwärtsbewegung übergehen“, meint der Sentimentexperte. „Fallende Kurse erwarte ich erst zu einem späteren Zeitpunkt.“

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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