Dax-Umfrage Auf zu neuen Höhen

Die Stimmung unter den deutschen Anlegern ist gut. So gut sogar, dass dem Börsenindex Dax weitere Höchststände winken könnten. Ein Grund: Die Pessimisten unter den Anlegern haben sich verspekuliert.

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ARCHIV - ILLUSTRATION - Die große Anzeige in der Börse in Frankfurt am Main (Hessen) zeigt am 15.01.2014 die Dax-Kurve und verschiedene Börsenkurse (Aufnahme mit Doppelbelichtung). (zu dpa «Deutsche Börse - Zahlen 1. Quartal» vom 25.04.2017) Foto: Daniel Reinhardt/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ Quelle: dpa

Frankfurt Wer am Montagmorgen mit einer Welle der Euphorie an Europas Börsen gerechnet hatte, wurde enttäuscht. Tag eins nach der Wahl Emmanuel Macrons zum französischen Präsidenten war nur kurzzeitig von der Anlegerfreude darüber geprägt, dass das Schreckgespenst einer rechten Staatspräsidentin Marine Le Pen vorerst gebannt ist. Der Grund: Mit Macrons Sieg hatten die meisten Investoren gerechnet. Und so gingen die Börsen schnell zur Tagesordnung über.

Der Dax sprang noch kurz auf ein neues Allzeithoch von 12.762 Punkten, bevor er sich vorübergehend wieder in die Verlustzone verabschiedete. Dies könnte sich indes nur als ein kurzer Dämpfer herausstellen. Die Stimmung unter deutschen Anlegern sei „super“, berichtet Börsenexperte  Stephan Heibel.

Basis für seine Markteinschätzungen ist die wöchentliche Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment unter mehr als 2.400 Anlegern. Die Ergebnisse bewertet der Inhaber des Analysehauses Animusx anschließend. Seine Prognosen zur Dax-Entwicklung bieten Orientierung für die Geldanlage. Der Umfrage zufolge erwarten 47 Prozent der Anleger derzeit Aufwärtsimpulse im Dax, das sind ganze 20 Prozent mehr als noch vor einer Woche. Weiter 42 Prozent der Befragten geht von einer Top-Bildung aus.

Dabei eilt der Dax seit einigen Wochen schon von einem Hoch zum anderen. Dies nutzten eine Reihe von Anlegern schon dazu, Gewinne mitzunehmen. Andere rechneten gar mit fallenden Kursen und wetteten gegen den Dax. Vergebens. Allein in der vergangenen Woche konnte der deutsche Leitindex um zwei Prozent zulegen.

Ausgerechnet diese Pessimisten dürften jetzt für weitere Anstiege sorgen, glaubt Heibel. Denn die Spekulanten könnten auf dem falschen Fuß erwischt werden. „Wenn die Kurse wider Erwarten steigen, werden Anleger, die auf fallende Kurse spekulieren, gezwungen, ihre Leerpositionen durch Aktienkäufe einzudecken. Genau das ist in der abgelaufenen Woche passiert“, erklärt Heibel.


Skepsis auf Drei-Monats-Sicht

Die Stimmung unter Börsianern ist zwar gut, aber offenbar noch nicht gut genug für einen nennenswerten Rückschlag. „Erst wenn die Stimmung über mehrere Wochen hindurch euphorisch ist, kann dies ein Warnsignal für einen bevorstehenden Ausverkauf sein“, sagt Heibel. Derzeit sei dies allerdings nicht der Fall.

Nur ein Fünftel (19 Prozent) der Anleger plant in den nächsten zwei Wochen zu kaufen, nicht ganz ein Drittel (29 Prozent) will lieber verkaufen, während die Hälfte (52 Prozent) unentschlossen ist. Zudem bleiben die Anleger trotz des kurzfristigen Optimismus auf Drei-Monats-Sicht eher skeptisch. Mehr als zwei Drittel der Befragten rechnen in diesem Zeitrahmen entweder mit einer Seitwärtsbewegung (32 Prozent) oder gar mit Abwärtsimpulsen (39 Prozent).

So werden an der Privatanlegerbörse Euwax weiterhin große Absicherungspositionen eingegangen. Privatanleger wären bei weiter steigenden Kursen eher unterinvestiert, erkennt Heibel. Zudem sichern sich institutionelle Anleger über die Eurex nach wie vor gegen fallende Kurse ab. Heibel erkennt sogar die höchste Absicherungsaktivität seit dem Sommer 2016: „Damals endete die Korrektur und der Dax startete seine Rallye, die ihn heute auf immer neue Allzeithochs führt.“

Dafür gebe es zweierlei Erklärungen: Erstens würden die Absicherungspositionen schnell gedeckt, sollten die Kurse tatsächlich fallen. Einen Einbruch kann sich der Animusx-Geschäftsführer daher nicht vorstellen. Zweitens könnten die Kurse weiter steigen, etwa durch Zukäufe ausländischer Investoren. Dies war schon in den vergangenen Wochen der Fall. Bei europäischen Aktien erkennen Investoren gegenüber amerikanischen Aktien noch Aufholpotenzial. Dies könnte wiederum die Abwärtsspekulanten unter Zugzwang stellen, die dann ihrerseits wieder zukaufen.


Unsicherheit über den Macron-Effekt

In den USA führt die Seitwärtsbewegung im Dow Jones zu einer Abkühlung der Gemüter: Der technische Angst und Gier Index des S&P 500 ist auf 44 Prozent gesunken und zeigt damit eine neutrale Verfassung an. „Die Investitionsquote institutioneller Anleger ist um sieben auf 82 Prozent gesunken. Damit sind professionelle Großanleger weiterhin gut investiert, aber nicht mehr so stark wie in den ersten Wochen nach dem Wahlsieg Donald Trumps“, erklärt Heibel.

Völlig ungeklärt bleibt indes die Frage, ob die Anleger aus dem Wahlsieg Macrons neuen Schwung für europäische wie für deutsche Aktien mitnehmen. Denn die Umfrage wurde vor Frankreichs Präsidentenwahl am Sonntag geführt. Wie die Börsen am heutigen Morgen zeigen, dürfte sich ein gemischtes Bild ergeben. Zu viel hängt noch von den französischen Parlamentswahlen am 11. und 18. Juni ab. Schließlich braucht Macron für seine Reformvorhaben die Unterstützung des Parlaments.

„Angenommen, Macron gelingt es, Unterstützung zu gewinnen und die zentralen Aspekte seiner Reformagenda umzusetzen, dürften vor allem Aktien aus den Bereichen saubere Energie, Forschung und Entwicklung, Technologie, Gesundheit und Infrastrukturprojekte profitieren“, urteilen Uwe Zöllner und Emilie Esposito von Franklin Local Asset Management.

Nicht zuletzt aber hat der Wahlausgang in Frankreich den Glauben an die EU gestärkt. An den Finanzmärkten, wo Psychologie seit jeher eine große Rolle spielt, dürfte dies europäischen Aktien generell eher zu Gute kommen.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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