Dax-Umfrage Börsianer blicken optimistisch in die Zukunft

Viele Anleger glauben wieder an steigende Kurse an den Aktienmärkten: So hoch war die Zuversicht in diesem Jahr noch nie. Eine exklusive Umfrage zeigt, was das für die Entwicklung an den Börsen bedeutet.

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Der Boersenhaendler Michael Pansegrau telefoniert am Donnerstag (08.03.12) in der Boerse in Frankfurt am Main vor der Anzeigetafel des Deutschen Aktienindex (DAX). Der deutsche Aktienmarkt hat am Donnerstag seinen Erholungskurs fortgesetzt. Der DAX stieg bis 9.30 Uhr um 0,8 Prozent auf 6.723 Punkte. Der MDAX legte 1,7 Prozent auf 10.276 Zaehler zu, und der TecDAX verbesserte sich um 0,4 Prozent auf 753 Punkte. Haendler fuehrten die Kursgewinne auf die Zuversicht hinsichtlich des Gelingens der Umschuldung griechischer Staatsanleihen zurueck. (zu dapd-Text) Foto: Martin Oeser/dapd Quelle: dapd

Düsseldorf „Wir dürfen gespannt sein, ob der Dax in den kommenden Tagen die 12.377 Punkte nachhaltig unterschreitet“, meinte Börsenexperte Stephan Heibel vor einer Woche. Diese aktuelle Marke von 12.377 Zählern ist aus Sicht der Charttechnik so wichtig, weil im Frühjahr 2015 der wichtigste deutsche Index, der Dax, dort sein damaliges Allzeithoch markiert hatte. „Ein Test dieser Marke wäre also charttechnisch durchaus möglich und würde bedeuten, dass die Korrektur bereits ihren Boden gefunden hat“, erläutert Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx, am vergangenen Montag.

Dieser Kampf setzte sich in der vergangenen Handelswoche fort. Wiederholt wurde diese Marke unterschritten, doch jeweils nur kurz. So hat die Unterstützung für den Dax bis zum Ende der Woche schließlich doch gehalten. Doch der Kampf war nervenzehrend, wie man an der aktuellen Anlegerstimmung ablesen kann.

Denn 45 Prozent (minus drei Prozentpunkte) der Umfrageteilnehmer betrachten die jüngste Dax-Entwicklung bereits als Abwärtsimpuls, weitere 35 Prozent (plus fünf Prozentpunkte) gehen von einer Seitwärtsbewegung aus. Der leichte Zuwachs erklärt sich aus dem Lager der Topbildung: Nur noch jeder zehnte Umfrageteilnehmer (minus zwei Prozentpunkte) glaubt daran. Börsenexperte Heibel sagt: „Die Stimmung ist mit einem Wert von Minus 4,1 Punkten extrem schlecht.“ Es ist der drittniedrigste Wert, unterboten nur vom Brexit-Votum und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten.

Eine schlechte Anlegerstimmung kann aber durchaus auch ein Kontraindikator für eine Korrektur sein. In solchen Fällen haben viele Anleger ihre Aktien verkauft und fallen als Verkäufer aus. Dann reichen oft nur wenige Kaufaufträge, um die Kurse nach oben zu treiben.

„Eine Garantie für steigende Kurse ist die schlechte Laune der Anleger auch aus Sicht der Sentiment-Theorie nicht“, schränkt Heibel ein. Statistisch gesehen steige jedoch die Wahrscheinlichkeit einer Dax-Rally, je länger die Stimmung so schlecht sei. „Ich betrachte dazu stets gerne den Fünf-Wochen-Durchschnitt der Stimmung“, ergänzt er.

Dieser Indikator (siehe Grafik) liegt inzwischen zwar deutlich unter dem Niveau von Donald Trumps Wahlsieg, aber noch lange nicht auf dem Tief der Brexit-Entscheidung. In beiden Fällen (Trumps Wahlsieg und Brexit-Votum) kam es anschließend zu einer längeren Rally am Aktienmarkt.

Basis für diese Börsenprognosen ist das Handelsblatt-Dax-Sentiment, eine Umfrage zur aktuellen Börsenstimmung unter mehr als 2500 Anlegern – im Börsendeutsch Sentiment genannt. Die Ergebnisse wertet Stephan Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx, aus und leitet daraus Vorhersagen für das weitere Geschehen auf dem Parkett ab.


Anleger lassen sich mit Käufen noch Zeit

Laut dem aktuellen Umfrageergebnis ist die Verunsicherung der Vorwoche, die aufgrund des heftigen Kurseinbruchs sehr groß war, ein wenig zurückgegangen. 43 Prozent (plus zehn Prozentpunkte) fühlen sich in ihrer Erwartung über die Dax-Entwicklung bestätigt, unverändert neun Prozent haben sogar auf diesen Kampf um die 12.377 Punkte spekuliert. Auf der anderen Seite sehen 30 Prozent (minus zwei Prozentpunkte) der Anleger ihre Erwartungen kaum erfüllt und mit 18 Prozent (minus acht Prozentpunkte) sind nach wie vor sehr viele auf dem falschen Fuß erwischt worden.

In drei Monaten werde sich der Dax in einem Aufwärtsimpuls befinden, erwarten 30 Prozent (plus sieben Prozentpunkte) der Umfrageteilnehmer. 29 Prozent (minus vier Prozentpunkte) erwarten eine Seitwärtsbewegung und gut jeder Fünfte (minus drei Prozentpunkte) gehen sogar von einem Abwärtsimpuls aus.

Anhaltenden Druck auf der Börse mit einer Bodenbildung erst in drei Monaten erwarten immerhin unveränderte 16 Prozent der Anleger. Das Fazit dieser Frage: Diese Woche haben einige zuvor neutral eingestellte Anleger (minus vier Prozentpunkte) zum Optimismus gefunden (plus sieben Prozentpunkte). Solch einen deutlichen Optimismus-Anstieg bei den Anlegererwartungen gab es in diesem Jahr noch nie.

Doch diesen Optimismus schnell in Käufe umzusetzen, dass wollen die Anleger weder jetzt noch in den kommenden 14 Tagen. Nur gut jeder Fünfte (minus drei Prozentpunkte) will in den nächsten zwei Wochen zukaufen, unveränderte 18 Prozent wollen noch verkaufen. Die überwiegende Mehrheit (plus drei Prozentpunkte auf 61 Prozent) möchte erst einmal abwarten.

An der Stuttgarter Börse Euwax haben sich Privatanleger wieder stärker „bullisch“ positioniert und haben verstärkt Hebelprodukte auf einen steigenden Dax gekauft. Institutionelle Anleger hingegen, die sich über die Frankfurter Terminbörse Eurex absichern, sind eher neutral eingestellt. Das Verhältnis zwischen Puts (Optionen auf fallende Kurse) und Calls (Optionen auf steigende Kurse) liegt derzeit bei 1,6 und damit nur knapp über dem Durchschnitt der vergangenen Monate (1,45).

In den USA zeigt der Angst-und-Gier-Indikator des US-Börsenbarometers S&P 500, das auf technischen Marktdaten basiert, mit 49 Prozent eine neutrale Verfassung an. Der Bulle/Bär-Index der US-Privatanleger steht mit einem Minus von 0,28 Prozent ebenfalls im neutralen Bereich. Die Investitionsquote von institutionellen Anlegern liegt mit 93 Prozent auf hohem, aber nicht zu hohem Niveau.


Kurseinbruch dürfte nur von kurzer Dauer sein

Und wie geht es an der Börse weiter? In der kommenden Woche startet die Berichtssaison und die ersten Quartalszahlen sorgen häufig für die Stimmung der kommenden Wochen. „Wir können aus der Sentiment-Theorie nicht ableiten, wie die Quartalszahlen ausfallen werden. Auch können wir nicht ableiten, wie die Aktienmärkte auf die Quartalszahlen reagieren werden“, erläutert Börsenexperte Heibel. „Ich kann aber aus den mir verfügbaren historischen Daten der Sentimentanalyse ersehen, dass ein weiterer heftiger Kurseinbruch unwahrscheinlich ist, und wenn dann sehr kurz ausfallen dürfte.“

In den USA wurden am vergangenen Freitag gute Arbeitsmarktdaten veröffentlicht und in den vergangenen Wochen hat sich im Markt der Eindruck durchgesetzt, dass Europas Konjunktur deutlich besser läuft als die der USA. Entsprechend haben viele Anleger eher europäische Aktien gekauft als US-amerikanische Titel. Mit den US-Arbeitsmarktdaten dürften einige dieser Gelder wieder zurück in die USA geflossen sein. Das erklärt laut Heibel den schwachen Euro-Kurs sowie den schwachen Dax, während der Dow Jones deutlich zulegen kann.

„Internationale Anlegertrends können natürlich die lokale Stimmungsanalyse übertünchen“, meint der Sentimentexperte. Doch er hält die guten US-Arbeitsmarktdaten für ein Mosaiksteinchen, das noch lange nicht eine gesunde US-Konjunktur widerspiegele. Dazu gehöre noch ein wenig mehr. Daher geht er davon aus, dass die europafreundliche Anlegerstimmung auf den internationalen Finanzmärkten schon bald zurückkehrt.

Auf der Gegenseite: Das Sicherheitsnetz im Dax, das die Anleger in diesem Jahr länger mit vielen Absicherungen oder Spekulationen auf fallende Kurse gebildet hatten, ist weg. Solche sogenannten Shortpositionen verhindern einen größeren Ausverkauf, weil die Anleger schnell Gewinne mitnehmen und dadurch die Kurse stützen.

Doch dieses Sicherheitsnetz wurde vor drei Wochen geschlossen. Es folgte ein heftiger Ausverkauf, der auf das jetzige, niedrige Dax-Niveau führte. „Doch der Zukunftsoptimismus ist gestiegen und würde, im Falle eines weiteren Ausverkaufs, zu Überzeugungskäufen führen, die nunmehr so langsam ein Sicherheitsnetz bilden könnten“, erläutert Heibel. „Doch noch ist dieses neue Sicherheitsnetz sehr dünn“.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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