Dax-Umfrage „Ich würde zu diesen Kursen nicht kaufen“

Der deutsche Leitindex hat nach dem Kurssturz aufgrund des Brexit-Votums eine imposante Sommerrallye hingelegt. Doch wie weit geht die noch? Eine exklusive Analyse zeigt erste Warnzeichen auf.

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Die große Anzeige in der Börse in Frankfurt: Die Sommer-Rally ist schon weit fortgeschritten, es dürfte spätestens nach der Sommerpause zu Korrekturen kommen. Quelle: dpa

Düsseldorf Vor der Brexit-Referendum war die Börsenwelt noch in Ordnung. Der deutsche Leitindex notierte damals bei rund 10.300 Punkte, doch als Ergebnis der Abstimmung in Großbritannien bekannt gegeben wurde, fiel das deutsche Börsenbarometer innerhalb von zwei Handelstagen auf 9.200 Zählern. Doch der Absturz ist Geschichte: Die Marke von 10.300 Punkten hat die Frankfurter Benchmark bereits wieder überwunden. Geht diese Sommerallye so weiter?

Ja, sagen die Anleger. Denn die Auswertung der aktuellen Handelsblatt-Sentiment-Umfrage zeigt: Sie halten durchaus neue Hochs für möglich. Diese Woche hat das Lager derer, die in der aktuellen Dax-Bewegung einen Aufwärtsimpuls sehen, um fünf Prozentpunkte auf 26 Prozent zugelegt. Die meisten waren vormals neutral eingestellt, denn eine Seitwärtsbewegung sehen nun mit elf Prozentpunkten weniger gegenüber der Vorwoche nur noch 43 Prozent.

Bei der wöchentlichen Handelsblatt-Umfrage werden mehr als 2300 Anleger zur Ihrer Einschätzung der aktuellen Börsenlage befragt. Die Ergebnisse bewertet anschließend Stephan Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx, und bietet dadurch Orientierung für die Geldanlage.

Doch das Dax-Plus von 1,7 Prozent in der vergangenen Woche hatte kaum jemand erwartet. 59 Prozent der Umfrageteilnehmer geben an, den Anstieg zum größten Teil erwartet zu haben, 19 Prozent (minus fünf Prozentpunkte) sehen ihre Erwartungen kaum erfüllt. Auf steigende Kurse haben nur 15 Prozent spekuliert, überrascht wurden acht Prozent.

„Der Optimismus steigt an, was vor dem Hintergrund der starken Rallye in meinen Augen bedenklich ist“, meint Heibel. Denn 32 Prozent erwarten für den Dax in drei Monaten weiter steigende Kurse. 37 Prozent rechnen mit einer Seitwärtsbewegung. Nur jeder fünfte Teilnehmer fürchtet einen Abwärtsimpuls.

Der neue Optimismus führt auch zu Kaufinteresse. 22 Prozent wollen in den kommenden zwei Wochen Aktien zukaufen - vier Prozentpunkte mehr als noch vor einer Woche. 22 Prozent (plus sechs Prozentpunkte) wollen hingegen verkaufen. Nach wie vor sind mit 55 Prozent (minus zehn Prozentpunkte) die meisten noch unschlüssig, wie sie sich verhalten werden.


Anzeichen einer möglichen Überhitzung

Dass die Stimmung mit steigenden Kursen ebenfalls ansteigt, ist nach Ansicht des Sentimentexperten nicht ungewöhnlich. „Dass jedoch auch der Zukunftsoptimismus ansteigt und Anleger in die Rallye hinein weiter kaufen möchten, sind schon erste Anzeichen einer möglichen Überhitzung an den Aktienmärkten“, erläutert er.

Hinzu kommt: In den USA bleibt die Stimmung angeheizt, der auf technischen Daten basierende Angst und Gier Index notiert bei 82 Prozent noch immer im Bereich der extremen Gier. Institutionelle Anleger sind inzwischen zu 101,2 Prozent auf steigende Kurse investiert. Die Erläuterung für die Zahl über 100 Prozent: Einige Investoren haben sich gehebelte Produkte ins Portfolio geholt, um an der Rallye überproportional teilzuhaben.

„Ich halte das für bedenklich“, meint Heibel. Denn zu große Gier gepaart mit einem extrem hohen Investitionsverhalten ist ein Signal für bald fallende Kurse. Sollten die Kurse plötzlich fallen, gibt es wenige Anleger, die nachkaufen können. Und Investoren, die mit Hebelprodukte investiert sind, müssen bei sinkenden Kurse eher verkaufen, damit die Verluste nicht zu groß werden.

Auch Börsenbriefschreiber und Blogger in den USA geben nach wie vor mit 57,7 Prozent überwiegend Kaufempfehlungen ab. Das ist die dritte Woche in Folge, dass Kaufempfehlungen stark überwiegen. US-Privatanleger sind hingegen vorsichtig, die Rallye ging bislang an ihnen vorbei. Nur 31,2 Prozent sind bullisch gestimmt, 4,2 Prozent weniger als noch vor einer Woche.


Privatanleger haben sich abgesichert

Auch an der Privatanlegerbörse Euwax der Stuttgarter Börse dominiert die Vorsicht, das entsprechende Euwax-Sentiment deutet auf einen großen Absicherungsbedarf der Privatanleger hin. Die Absicherungspositionen sind nach den Zahlen des Börsenbetreibers so groß wie seit einem Jahr nicht mehr.

Für den Sentimentexperten heißt das alles: „Es ist Sommer und das Handelsvolumen ist dünn“. Entsprechend sollten Anleger den Reaktionen an den Finanzmärkten etwas mehr Zeit einräumen, gleichzeitig können die Kursausschläge aufgrund des dünnen Handelsvolumens stärker ausfallen. Wenn nun der gestiegene Optimismus im Handelsblatt-Dax-Sentiment einen baldigen Rückschlag erwarten lässt, könnte sich der Begriff „baldig“ in die Länge ziehen.

Und der Blick nach Übersee zeigt: In den USA hat der Aktienmarkt bereits ein wenig konsolidiert, ist seitwärts gelaufen während sich die Stimmungsindikatoren ein wenig abgekühlt haben. Zu wenig nach Ansicht von Heibel, aber immerhin ein kleine Konsolidierung.

„Ich würde zu diesen Kursen nun nicht mehr kaufen“, erläutert der Animux-Inhaber. Für eine riskante Spekulation auf einen baldigen Absturz der Aktienmärkte hält er die Sommerzeit jedoch ebenfalls nicht für geeignet. „Abwarten“, lautet sein Fazit.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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