Dax-Umfrage Jahresendrally? Diese drei Termine sind entscheidend

Die Stimmung unter den Anlegern hat sich deutlich abgekühlt. Doch dieser Mix ist eher eine gesunde Basis für eine Jahresendrally im Dax. Welche drei Entscheidungen das Börsenbarometer endlich beflügeln könnten.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Anleger hoffen auf eine Jahresendrally – doch sie ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Quelle: dpa

Düsseldorf Die vergangenen Wochen waren für die Anleger ein Wechselbad der Gefühle. Im Vorfeld der US-Wahlen ging es oft genug auf und ab. Nach dem überraschenden Wahlsieg Donald Trumps folgte für viele noch überraschender eine Rally an den Aktienmärkten. Doch bevor die Anleger überhaupt vor Freude aufspringen konnten, lief die Rally schon wieder aus. Nun sehen wir seit zwei Wochen eine Seitwärtsbewegung ohne Richtungsentscheidung.

Nur knapp zwei Prozent ist die Handelsspanne breit, die der Deutsche Aktienindex seit zehn Tagen durchhält: Eingeklemmt zwischen rund 10.600 und 10.800 Punkten zeigt der Markt eine ungewöhnliche Lethargie. Dabei wollen sich die Analysten immer weniger festlegen, wohin die Entwicklung anschließend geht.

Welche Richtung wird das deutsche Börsenbarometer nun einschlagen? Um für die weitere Dax-Entwicklung eine Prognose zu wagen, befragt das Handelsblatt wöchentlich mehr als 2300 Anleger zur aktuellen Börsenstimmung. Diese Daten werden vom Börsenexperten Stephan Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx, ausgewertet und interpretiert.

Deutete die kurze Trump-Rally nach dem Wahlsieg des Republikaners aus New York auf einen Ausbruch des Dax über 10.800 Punkte an, so wurde diese Erwartung nun mehrfach enttäuscht. Wer sich also in den vergangenen zwei Wochen „long“ positioniert und damit auf steigende Kurse gesetzt hat, der fürchtet mit zunehmender Seitwärtsbewegung, dass er vielleicht falsch liegen könnte.

So zumindest interpretiert Heibel das Stimmungsbild der aktuellen Handelsblatt-Umfrage. Nur noch gut jeder Zehnte sieht den Dax in einem Aufwärtsimpuls – ein Minus von 13 Prozentpunkten gegenüber der Vorwoche. Dafür sehen wiederum 71 Prozent (plus 15 Prozentpunkte gegenüber Vorwoche) einen Seitwärtstrend. „Die Stimmung hat sich deutlich abgekühlt“, bilanziert der Sentimentexperte.

Der Neutralität entsprechend ist auch die Selbstzufriedenheit moderat. Nur gut jeder Zehnte hat vergangene Woche auf einen Seitwärtstrend spekuliert. Doch auch kaum jemand hat sich festlegen wollen, ob es künftig nach oben oder unten geht. Die meisten sehen ihre Erwartungen zum größten Teil (minus vier Prozentpunkte auf 43 Prozent) oder kaum erfüllt (plus fünf Prozentpunkte auf 35 Prozent).


Statistik spricht für steigende Kurse

Auch in der Erwartung zeigt sich die Ernüchterung der Anleger. Nur noch 27 Prozent erwarten für den Dax in drei Monaten einen Aufwärtsimpuls, immerhin 24 Prozent fürchten einen Abwärtsimpuls. Der Großteil bleibt neutral eingestellt und rechnet erneut mit einer Seitwärtsbewegung.

Daher möchte kaum noch jemand Aktien zukaufen: Die Zahl derer ist um sechs Prozentpunkte auf 20 Prozent gefallen. Aber auch verkaufen möchte man nicht: Nur 14 Prozent haben das in den kommenden zwei Wochen vor. Knapp zwei Drittel der Anleger warten erst einmal ab, bevor sie sich entscheiden.

Anders ist das Sentiment an der Stuttgarter Börse, das auf realen Daten von Hebelprodukten auf den Dax basiert. Die Anleger sind ziemlich optimistisch positioniert, spekulieren also auf steigende Kurse. Zwar ist noch keine Euphorie zu erkennen, doch die vorsichtige Haltung der Sommermonate scheint zu Ende zu gehen. Das Euwax-Sentiment gilt eher als Kontraindikator.

Auch in den USA notiert der „Angst-und-Gier-Index“ auf das Börsenbarometers S&P 500, der auf technischen Marktdaten basiert, mit 71 Prozent kurz vor übertriebener Gier. Institutionelle Anleger haben ihre Investitionsquote von 80 auf 86 Prozent erhöht und spekulieren ebenfalls auf steigende Kurse, allerdings noch nicht in einem gefährlichen Maße. Gefährlich wäre eine solche Spekulation, wenn die Investoren nicht mehr nachkaufen könnten, sollten die Kurse plötzlich fallen.

Je länger der Dax in seiner Seitwärtsbewegung verbleibt, desto vorsichtiger werden die Anleger. Wollten viele direkt nach der Trump-Rally noch rechtzeitig aufspringen, so ziehen sie sich nun mehr und mehr zurück, bereiten sich auf die Weihnachtszeit vor und lassen den lieben Gott einen guten Mann sein. Die Anleger denken sich nach Meinung des Börsenexperten offenbar: Wenn der Dax nicht nach oben will, dann eben nicht. „Ich halte das für eine gesunde Konsolidierungsphase“, meint Heibel.

Noch vor einer Woche waren die Erwartungen so stark in die Höhe geschossen, dass ein Ausbruch nach oben eher unwahrscheinlich war. Nun kühlt die Stimmung und auch das Interesse ab. Das ist dann aus Sicht der Sentimentanalyse schon eher eine Stimmungslage, die dem Dax einen Ausbruch nach oben ermöglicht.

Auch die Statistik spricht für steigende Kurse: Denn solch eine seltene Dax-Lethargie wie in den vergangenen zehn Tagen endete nach einer Untersuchung des Statistik-Magazins Index-Radar in vier von fünf Fällen mit einer Entwicklung der Kurse nach oben – das gibt Hoffnung für dieses Jahr.


Die drei wichtigen Termine

Nach Meinung von Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck Privatbankiers, „fehlt momentan der entscheidende Auslöser für einen Ausbruch von Dax und Co. aus ihren Seitwärtstrends nach oben“ – und damit auch für eine Jahresendrally im Dezember.

Drei Termine sind in den nächsten Tagen wichtig: Am 4. Dezember findet das Verfassungsreferendum in Italien statt. Sollte Ministerpräsident Matteo Renzi verlieren, tritt er voraussichtlich zurück – es würde zu EU-Auflösungsdiskussionen kommen, was der Börse sicherlich schadet. Das ist zumindest die Meinung vieler Experten.

Doch Stephan Heibel sieht das anders. „Ich würde mich nicht wundern, wenn inzwischen sogar ein chaotisches Italien von den Finanzmärkten begrüßt wird, denn aus dem Chaos kann endlich was Neues entstehen.“ Schließlich wurde alles, was ein „weiter so“ verhindert, in den vergangenen Monaten von den Finanzmärkten begrüßt.

Am 8. Dezember verkündet EZB-Präsident Mario Draghi, wie das Anleihenkaufprogramm der Notenbank nach dem März 2016 fortgeführt wird. „Ich erwarte von Draghi keine Überraschung“, meint Heibel.

Am 14. Dezember wird dann die US-Notenbank ihren Zinsentscheid bekannt geben. Fed-Chefin Janet Yellen dürfte nun endlich den US-Leitzins um ein viertel Pünktchen anheben. Nachdem Sie Ende 2015 für das laufende Jahr sechs Zinsanhebungen angekündigt hat, ist die Zeit nun aber wirklich reif - und die Entscheidung wird die Finanzmärkte kaum beeinflussen.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%