Dax-Umfrage „Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen“

Wochenlang pendelte der deutsche Leitindex seitwärts – doch diese Phase ist beendet. Eine exklusive Analyse zeigt, ob die Kursgewinne der vergangenen Woche nur ein Strohfeuer oder ob sie nachhaltig sind.

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Zwei kleine Plastikbullen stehen in der Börse in Frankfurt vor der Dax-Anzeigetafel: Laut der aktuellen Börsenstimmung stehen die Zeichen auf steigende Kurse. Quelle: dpa

Düsseldorf Es ist endlich so weit: Der Dax hat den wichtigen Widerstand bei 10.200 Punkte überwunden und ist damit aus der Handelsspanne der vergangenen Wochen mit der Unterstützungsmarke von 9800 Zählern nach oben ausgebrochen. Diese Tendenz zum Ausbruch nach oben hatte die Sentiment-Umfrage des Handelsblatts in den beiden vergangenen Wochen signalisiert. „Je länger diese Zottelbörse anhält, desto stärker dürfte der Ausbruch sein, der irgendwann erfolgen wird“, sagte Börsenexperte Stephan Heibel am vergangenen Montag. Er hielt einen Ausbruch nach unten, also unter die Marke von 9 800 Zählern, für unwahrscheinlich.

Basis für seine Einschätzung ist die wöchentliche Handelsblatt-Umfrage unter mehr als 2300 Anleger zur Ihrer Einschätzung der aktuellen Börsenlage. Die Ergebnisse bewertet anschließend Stephan Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx, und bietet dadurch Orientierung für die Geldanlage.

In der vergangenen Woche hat der deutsche Leitindex um 3,7 Prozent auf 10.286 Punkte zugelegt. Die gute Laune unter den Anlegern ist vor diesem Hintergrund sprunghaft angestiegen. Sämtliche Indikatoren der Handelsblatt-Umfrage legten stark zu.

Fast jeder dritte Anleger attestiert dem Dax derzeit einen Aufwärtsimpuls – ein Plus von 22 Prozentpunkten gegenüber der Vorwoche. Um die gleiche Zahl von Prozentpunkten ist das Lager der Bären gesunken. Nur noch neun Prozent sehen in der Entwicklung einen Abwärtsimpuls. Mit 46 Prozent stellt die deutliche Mehrheit einen Seitwärtsbewegung fest (minus acht Prozentpunkte). Schließlich notierte das deutschen Börsenbarometer noch vor sechs Tagen bei 10.421 Zählern.

Nach den heftigen Schwankungen der vergangenen Wochen ist die Selbstzufriedenheit der Anleger noch moderat. Nur 13 Prozent sehen ihre Erwartungen voll und ganz bestätigt, fast die Hälfte (plus zwölf Prozentpunkte gegenüber Vorwoche) fühlen sich „zum größten Teil“ bestätigt. Nur noch jeder Vierte (minus acht Prozentpunkte) sieht seine Erwartungen als kaum erfüllt an und immerhin 14 Prozent (minus sechs Prozentpunkte) wurden von der Rallye auf dem falschen Fuß erwischt.


Euphorie ist noch nicht in Sicht

Die Erwartung der Anleger für die nächsten drei Monate zeigt nur eine kleine Verbesserung der Stimmung an. Das Lager der Bären ist trotz der Rallye nur um ein Prozentpunkt auf 26 Prozent geschrumpft. Das Bullenlager erhielt zwei Prozent Zulauf auf 28 Prozent. Mit 35 Prozent erwarten weiterhin die meisten Umfrageteilnehmer auch für die kommenden Monate eher eine Seitwärtsbewegung. Immerhin, die Bodenbildung wird nun als abgeschlossen betrachtet.

Jetzt ist der Zeitpunkt des Handels gekommen, denn das Lager derer, die noch nicht wissen, wie sie sich in den kommenden zwei Wochen verhalten werden, hat zehn Prozentpunkte verloren. Nur noch 55 Prozent warten ab. Jeder fünfte Umfrageteilnehmer hat nun die Absicht zu verkaufen, das sind zwei Prozentpunkte mehr als in der Vorwoche. Jeder Vierte möchte hingegen kaufen, das sind acht Prozentpunkte mehr als in der Vorwoche.

„Wenngleich die Stimmung unter den Anlegern in dieser Woche sprunghaft angesprungen ist, können wir noch lange nicht von Euphorie sprechen“, analysiert Stephan Heibel. Die Selbstzufriedenheit sei nach wie vor niedrig und die kurzfristige Sentiment notiert trotz der steigenden Werte noch immer im neutralen Bereich. Auf der anderen Seite ist die Erwartung der Anleger nicht besonders rosig, sondern ebenfalls eher neutral. Gleichzeitig ist die Kaufbereitschaft nur moderat angestiegen.

„Unsere Umfrageteilnehmer erkennen zwar, dass die Seitwärtsbewegung nun vorüber ist und wollen schnell noch ein paar Spekulationsgewinne ermöglichen, indem sie auf den gerade anfahrenden Zug aufspringen“, meint der Sentiment-Experte. Doch an eine nachhaltige Rally würden die wenigsten glauben.

Für ihn kommen diese Zweifel nicht überraschend. Denn der Brexit, das Ausscheiden von Großbritannien aus der Euro-Zone, hänge in der Luft und in den USA könnten die Zinsen erhöht werden. Denn US-Notenbankchefin Janet Yellen hatte am Freitag nach Börsenschluss in Europa unter anderem gesagt, eine Zinserhöhung sei „in den kommenden Monaten angemessen“. Jetzt scheint vor allem noch der genaue Zeitpunkt offen: Juni oder Juli gelten als wahrscheinlichste Daten.


Kurse steigen „an einer Wand aus Sorgen”

Zudem notiert der Ölpreis notiert bei 50 US-Dollar je Fass und Anleger wissen nicht, ob dieser hohe Preis schon wieder der Wirtschaft schadet, oder ob ein erneuter Einbruch Vorbote einer schwächeren Weltkonjunktur wäre. Zweifel gibt es genug, um die Rallye der Vorwoche als Eintagsfliege zu deklarieren.

Heibel bewertet aber durchaus positiv, dass die Umfrageteilnehmer gute Laune haben, denn immerhin konnte der Dax um 3,7 Prozent zulegen. Nicht immer ist eine gute Laune als Kontraindikator zu werten, eine begründete gute Laune kann auch als Bestätigung der Rally dienen.

Die nur moderat ansteigenden Erwartungen sowie die Zurückhaltung bei den Kaufabsichten zeigen gleichzeitig, dass der Optimismus über die künftige Entwicklung sich noch stark in Grenzen hält. „Genau das wollen wir aus Sicht der Sentiment-Theorie sehen“, meint der Animusx-Inhaber. Kurse steigen in der Regel „an einer Wand aus Sorgen“.

Es gibt noch immer viele Anleger, die noch nicht an die Nachhaltigkeit der Rally glauben. Eine Rally endet erst dann, wenn die letzten Zweifler überzeugt wurden, gekauft haben und anschließend keine neuen Käufer mehr vorhanden sind. „So kann die Rallye meiner Einschätzung nach noch eine Weile fortlaufen“, meint Heibel.

Die Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist

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