Dax-Umfrage Kurseinbruch lässt Anleger ratlos zurück

Die schlechten US-Daten haben die Anleger schockiert, der Dax ist in seine alte Handelsspanne zurückgefallen. Kurzer Ausrutscher oder Auftakt für weiter fallende Kurse? Eine exklusive Analyse zeigt die Szenarien auf.

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Nach unten zeigte die Dax-Kurve am vergangenen Freitag nach den schlechten US-Arbeitsmarktdaten. Die aktuelle Börsenstimmung legt aber die Vermutung nahe, dass der Kursrutsch nur von kurzer Dauer ist. Quelle: dpa

Vor einer Woche hatte Börsenexperte Stephan Heibel eine Fortsetzung der Rally erwartet. Danach sah es am vergangenen Montag auch aus, als der Dax deutlich zulegen konnte. Es folgte eine Verschnaufpause, die wichtige Marke von 10.200 Punkten wurde noch einmal getestet. Und als der deutsche Leitindex begann, neue Höhen zu erklimmen, wurden die US-Arbeitsmarktdaten veröffentlicht. Diese fielen überraschenderweise so schlecht aus, dass der Dax am Freitag wieder in seine alte Handelsspanne zwischen 9800 Punkte auf der Unter- und 10.200 Zähler auf der Oberseite fiel.

Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx, wertet für seine Prognosen zur künftigen Dax-Entwicklung die Ergebnisse der wöchentlichen Handelsblatt-Umfrage unter mehr als 2300 Anlegern aus. Diese Umfrage ermittelt die Börsenstimmung, also ob Anleger die aktuelle und die künftige Entwicklung positiv oder negativ beurteilen. In vielen Fällen sind die Ergebnisse Kontraindikatoren. Vereinfacht gesagt: Wenn die Anleger zu euphorisch sind, ist dies ein Indiz für bald fallende Kurse.

Der Kurseinbruch am Freitagnachmittag hat auch die Teilnehmer der Handelsblatt-Umfrage schockiert. Nur noch 17 Prozent sehen den Dax in einem Aufwärtsimpuls – ein Minus von zwölf Prozentpunkten gegenüber der Vorwoche. 14 Prozent (plus fünf Prozentpunkte) fürchten schon wieder den nächsten Abwärtsimpuls. Die meisten Teilnehmer sind in das Lager der Neutralen gewechselt und sehen das deutsche Börsenbarometer in einer Seitwärtsbewegung (57 Prozent, plus elf Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche).

Trotz des Stimmungseinbruchs fühlen sich die meisten Anleger in ihrer Erwartung zur Dax-Entwicklung der Vorwoche bestätigt. 55 Prozent (plus sechs Prozent gegenüber Vorwoche) haben die Entwicklung im deutschen Leitindex zum größten Teil erwartet, nur noch sieben Prozent (minus sechs Prozentpunkte) hingegen fühlen sich voll und ganz bestätigt. Auf der anderen Seite wurden nur noch elf Prozent (minus drei Prozentpunkte) vollkommen auf dem falschen Fuß erwischt. Jeder vierte Teilnehmer sieht seine Erwartungen als kaum erfüllt. Die Überzeugung der Anleger ist rückläufig, es gibt weniger starke Meinungen.

Mit diesem Rückschlag wächst jedoch die Zuversicht auf steigende Kurse in der Zukunft. In drei Monaten erwartet fast jeder Dritte einen Aufwärtspuls, nur noch gut jeder Fünfte fürchtet fallende Kurse. Jeder Dritte bleibt neutral. Doch die positive Erwartung führt kurzfristig noch nicht zu Kaufabsichten. Nur noch gut jeder Fünfte (minus vier Prozentpunkte gegenüber Vorwoche) will in den kommenden zwei Wochen Aktien zukaufen, 13 Prozent (minus sieben Prozentpunkte) wollen verkaufen. Mit 66 Prozent (plus elf Prozentpunkte) wissen die meisten noch nicht, wie sie sich verhalten werden und wollen erst einmal nicht handeln. Auch hier ist auffällig, wie wenig Überzeugung Anleger ins Rennen bringen.


Anleger erwarten keinen Ausverkauf

Für Stephan Heibel scheinen die meisten Anleger so oder zumindest so ähnlich zu denken: „Die EZB hat den Konjunkturausblick für die Eurozone angehoben, die Laune in Europa steigt. Da wird man sich doch nicht von ein paar schlechten Arbeitsmarktdaten aus den USA in die Suppe spucken lassen, oder?“

Für den Sentimentexperten registrieren die Anleger zwar die Spannungen, die aus den USA nach Europa herüber schwappen, doch werden diese Störungen lediglich als kurzfristig abgetan. Mit Käufen wartet man auf niedrigere Kurse, doch einen nachhaltigen Ausverkauf fürchtet man nicht. „Ich betrachte diese vorsichtige Haltung als bullisch, als Zeichen für steigende Kurse“, sagt der Animusx-Inhaber. Die US-Arbeitsmarktdaten waren schlecht, in den kommenden Tagen werden Details veröffentlicht, wie diese schlechten Zahlen zustande kommen konnten und warum sie so von niemandem erwartet wurden.

Entsprechend sei der Ausverkauf am Freitag in Ordnung gewesen, eine verständliche Reaktion auf die schlechten Daten. Doch laut den Ergebnissen der aktuellen Umfrage ist die Erwartungshaltung für künftige Kursgewinne angestiegen, was ein Zeichen für steigende Kurse zu werten ist. Nicht einmal ein schwacher Arbeitsmarkt kann Anlegern offenbar die Zuversicht nehmen. „So dürfte der Dax nun ein wenig unter Druck bleiben und wenn sich dann ein Boden bildet, könnte schon schnell wieder Kaufinteresse der Anleger zu sehen sein“, meint Heibel. Wie so häufig würde der Dax dann schneller wieder anspringen, als die meisten Anleger zugreifen können.

Joachim Goldberg, der die Sentimentumfrage der Deutschen Börse interpretiert, glaubt ebenfalls an weiter steigende Kurse beim Dax. Für ihn hat das deutsche Börsenbarometer noch Potenzial für einen Anstieg in Richtung 10.555 Zähler und höher. Rücksetzer, um diese Szenario nicht zu gefährden, könnten bis zum Test der Marke bei 9930 Punkten führen.


Das andere Szenario

Börsianer sollten allerdings auch nicht nur das bullisch, sondern auch das bärische Szenario betrachten. Angenommen der US-Arbeitsmarkt kollabiert, der inländische Konsum der USA schwächelt und eine schwache US-Konjunktur führt zu rückläufiger Nachfrage von dort nach deutschen Exportprodukten. Da die USA in den vergangenen Monaten weltweit für gute Laune sorgten, könnte eine solche Schwäche weltweit zu Problemen führen.

Heibel hält dagegen: In China deute sich nun endlich eine weiche Landung an. Japan hat die Mehrwertsteuererhöhung nochmals verschoben und stützt damit ebenfalls die heimische Konjunktur und wenn Fed-Chefin Janet Yellen Mitte Juni den US-Leitzins auf dem aktuellen Niveau belässt, schwinden in den USA ebenfalls die Konjunktursorgen schnell wieder.

Die Aktienmarkt-Prognose des Sentimentexperten bei einem bärischen Szenario: Sollte es also wider Erwarten dennoch zu einem regelrechten Ausverkauf im Dax kommen, so dürfte dieser heftig werden, da keine Nachfrage vorhanden ist. Doch dieser Ausverkauf dürfte schnell vorüber gehen, da es kaum eine Schieflage bei Anlegern gibt, die sich über mehrere Wochen entladen müsste. „Alles in allem ist der aktuelle Rücksetzer aus Sicht der Sentiment-Analyse also als erneute Kaufgelegenheit zu sehen“, meint Heibel.

Die Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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