Dax-Umfrage Macht der Dax jetzt Sommerpause?

Nach der Rally der vergangenen Monate müssen sich Anleger auf ein neues Szenario einstellen: Die Zeiten neuer Rekordhochs sind vorbei. Eine exklusive Umfrage zeigt, was Investoren in den kommenden Handelstagen erwartet.

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Quelle: Reuters

Düsseldorf Für Leser des Dax-Sentiments verlief die vergangene Handelswoche am deutschen Aktienmarkt nicht überraschend. „Einen heftigen Kurseinbruch fürchte ich auch in den kommenden Tagen nicht“, prophezeite Börsenexperte Stephan Heibel am vergangenen Montag. Und fügte hinzu: Andererseits spitze sich die Auseinandersetzung in den USA immer weiter zu, sodass beherzte Investitionen in den Aktienmarkt, auch in den deutschen, eher ausbleiben dürften. Entsprechend hat sich der Dax in der abgelaufenen Woche kaum bewegt. Er schloss am Freitag bei 12.602 Punkten – ein Mini-Minus in der Woche von 0,3 Prozent.

Und wie lautet das Fazit der aktuellen Handelsblatt-Umfrage? „Die Stimmung der Anleger pendelt sich auf einem neutralen Niveau ein, man wartet ab“, lautet das Fazit von Heibel nach Auswertung der Sentiment-Umfrage.

Wöchentlich werden bei dieser Erhebung mehr als 2.400 Anleger gefragt, wie sie die Lage an den Aktienmärkten einschätzen. Die Ergebnisse bewertet Heibel, Inhaber des Analysehauses Animusx. Seine Prognosen zur Dax-Entwicklung bieten Orientierung für die Geldanlage.

Laut der aktuellen Erhebung haben sieben Prozent der Anleger ihre gute Laune abgelegt, nun sehen nur noch 14 Prozent aktuell einen Aufwärtstrend. Der Anteil der Pessimisten ist genauso hoch (minus fünf Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche). Das Lager der Neutralen – Anleger, die eine Seitwärtsbewegung erwarten – ist um zwölf Prozentpunkte auf 47 Prozent angewachsen. Weitere 23 Prozent sehen den Dax in einer Topbildung, erwarten also keine neuen Höchststände mehr. Insgesamt ist die aktuelle Stimmung der Anleger somit neutral.

Die Seitwärtsbewegung der vergangenen Handelswoche wurde von 56 Prozent (plus 13 Prozentpunkte gegenüber der Vorwoche) im Nachhinein erwartet. Neun Prozent der Umfrageteilnehmer (plus zwei Prozentpunkte) haben sogar darauf spekuliert.

Kaum erfüllt sehen ihre Erwartungen lediglich 27 Prozent (minus sieben Prozentpunkte) und nur noch sieben Prozent (minus sieben Prozentpunkte) wurden auf dem falschen Fuß erwischt. Die Selbstzufriedenheit der Umfrageteilnehmer ist für Heibel „ausgewogen“.


Die Polarisierung nimmt zu

Und die Erwartungen, auf welchem Stand die Kurse in drei Monaten notieren? „Wenn fast jeder Vierte in der aktuellen Dax-Bewegung eine Topbildung sieht, dann ist es nur zu verständlich, dass mit 36 Prozent die meisten Anleger für den Dax in drei Monaten fallende Kurse fürchten“, erläutert der Sentimentexperte. Der Anteil derer, die pessimistisch in die Zukunft blicken, ist gegenüber der Vorwoche um vier Prozentpunkte gestiegen.

Gut jeder Fünfte (plus zwei Prozentpunkte) rechnet auf der anderen Seite mit einer Aufwärtsbewegung in drei Monaten. Damit haben sich diese Woche einige der vormals neutral eingestellten Umfrageteilnehmer (minus vier Prozentpunkte auf 28 Prozent) eine Meinung gebildet, die Polarisierung nimmt leicht zu.

Doch Handeln möchte kaum einer der Anleger. Nur 18 Prozent (minus zwei Prozentpunkte) wollen in den kommenden zwei Wochen Aktien zukaufen, ebenfalls 18 Prozent (minus ein Prozent) möchten Positionen verkleinern. Mit 64 Prozent (plus drei Prozentpunkte) wollen die Meisten vorerst abwarten.

Ein Blick auf andere Indikatoren zeigen ein ähnliches, neutrales Bild. So haben die Privatanleger, die an der Stuttgarter Börse Euwax handeln, ihre Absicherungspositionen als Schutz vor fallenden Kursen verringert. Das signalisiert das gleichnamige Sentiment der Börse, das auf realen Trades mit Hebelprodukten auf den Dax basiert. Der extreme Absicherungsbedarf der Vorwochen (minus 12,26 Punkte) ist auf ein moderates Niveau zurückgeführt worden (minus 5,10 Punkte).

Auch institutionelle Anleger, die sich über die Frankfurter Terminbörse Eurex absichern, haben ihre Put-Positionen, mit denen man von fallenden Kurse profitiert, auf ein moderates Maß gebracht. Immerhin waren die Profis vor einer Woche noch überwiegend „long“ investiert, inzwischen haben sie sich jedoch wieder etwas besser abgesichert.

In den USA notiert der „Angst-und-Gier-Index“ des S&P-500, der auf technischen Marktdaten basiert, mit 56 Prozent im neutralen Bereich. Die Investitionsquote der institutionellen US-Anleger ist um fünf Prozentpunkte auf 97 Prozent gestiegen. US-Privatanleger haben gemäß dem Bulle/Bär-Index wieder eine moderat bullische Stimmung entwickelt.


Anleger haben Positionen aufgestockt

Für Heibel fand der der große Stimmungsumschwung in den Vorwochen statt, nun pendelt sich die Stimmung in einem neutralen Bereich ein. „Damit ist es nun im Sinne der Sentiment-Theorie schwer, Prognosen abzuleiten“, erläutert der Animusx-Inhaber. In der Regel führen extreme Stimmungsausschläge zu heftigen Kursbewegungen an den Märkten. Doch der Umkehrschluss, dass ein moderates Stimmungsniveau zu wenig Kursschwankungen führt, trifft nicht zu. So könne er nur einige grundsätzliche Prognosen geben.

Der Rückblick auf die vergangenen Umfragen zeigt: Der Pessimismus erreichte vor wenigen Wochen extreme Niveaus. Doch Aktienbörsen steigen an einer Wand des Zweifels, heißt es an der Börse. „Anleger zweifeln also an weiteren Kurssteigerungen in der Zukunft und genau das ist der Nährboden für eine anhaltende Rally“, meint Heibel. Somit bleibe die Grundtendenz auf Sicht von einigen Monaten an den Aktienmärkten positiv. Kurzfristig hingegen mit einem Zeithorizont von ein bis zwei Wochen könne aber kaum eine Aussage über die Richtung gemacht werden.

Für weitere Details nimmt der Experte Ergebnisse der umfangreichen Animusx-Umfrage zu Hilfe. „Dadurch wissen wir, dass die Investitionsquote unserer Umfrageteilnehmer vor zwei Wochen gering war, in den vergangenen Tagen jedoch auf ein normales Niveau angestiegen ist“. Entsprechend hätten Anleger die Verschnaufpause an den Aktienmärkten in den vergangenen beiden Wochen genutzt, um ihre Positionen aufzustocken. „Das bedeutet, dass der Druck, Aktien ins Portfolio zu holen, derzeit nicht mehr besonders groß ist“.

Das sieht auch Joachim Goldberg ähnlich, der für die Frankfurter Börse eine ähnliche Sentiment-Umfrage erhebt. Insgesamt seien die Aussichten auf eine größere Bewegung des Dax in der kommenden Woche relativ überschaubar. Die Schieflage zwischen Aktienpreisen und Stimmung habe sich zu einem großen Teil aufgelöst, ausländische Investoren hätten bereits ziemlich viel investiert. Deswegen fehlten dem Markt vermutlich positive Impulse. Und die nach Goldbergs Auffassung vor allem spekulativ orientierten Käufer dürften schon bei kleinen Kurssteigerungen Gewinne mitnehmen.

„Vielleicht laufen wir tatsächlich auf einen mehr oder weniger typischen Sommer zu: Konsolidierung der Kursgewinne der vergangenen Monate bei leichtem Handelsvolumen mit Kursausschlägen in beide Richtungen, die jeweils schnell wieder egalisiert werden“, meint auch der Animusx-Inhaber. „Bevor sich die Stimmung nicht signifikant ändert, werde ich mich auf ein solches Szenario einstellen“.

Die Handelsblatt-Umfrage startet jeden Freitag und endet am Sonntag. Die Auswertung lesen Sie tags darauf auf Handelsblatt Online. Einfacher haben es Leser, die sich für eine kostenlose Erinnerungsmail eintragen. Sie erhalten automatisch eine Mail mit der Bitte, an der Umfrage teilzunehmen, und eine, wenn die Experten-Auswertung auf Handelsblatt Online zu lesen ist.

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