Daytrader Kongress der Börsenzocker

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Daytrader sind wie Feuerwehrmänner

Die Besucher auf dem Kongress verfolgen die Arbeit der Daytrader. Quelle: Angelika Ivanov für WirtschaftsWoche

Einer von ihnen ist Slawomir Czosnek. Seitdem die Auftragslage in seinem Unternehmen schwindet, fehlt ihm die Auslastung. „Ich finde Traden hat viel mit Massenpsychologie zu tun. Das hat mich gereizt“, sagt der 38-Jährige. Die Geburtstagsfeier des Onlinebrokers nutzt er als Gelegenheit sich auszutauschen und ein paar Tricks für erfolgreiche Börsengeschäfte zu lernen. „Aber bisher hatte ich kein gutes Händchen “, so Czosnek. Doch die Misserfolge haben ihn dazu gebracht, sich mehr mit Psychologie und auch sich selbst zu beschäftigen. „Letztlich denke ich, dass man einfach loslassen muss. Will man aber unbedingt Gewinne schaffen, verharrt man und verliert alles“, meint der Hobbytrader. Auch der Faktor Zeit ist entscheidend. „Erst, wenn man 10.000 Stunden in einem Gebiet gearbeitet hat, beherrscht man es richtig. Ich bin auf einem guten Weg dorthin.“

Was Pizzen, Wolkenkratzer und Bikinis über die Wirtschaft verraten
Salamipizza-IndexThese: Je teurer die Pizza, desto besser geht es der Region. Beweis: Die Preise für eine kleine Salamipizza im reichen Süden sind etwa doppelt so hoch wie im ärmeren Westen, während der Osten im Mittelfeld liegt. Bestellt man eine "Kleine Salamipizza" (24 cm) bei "Bella Italia" in Essen, so kostet diese 3,50 Euro. Eine "Kleine Salamipizza" beim vergleichbaren Stuttgarter "Bella Pizzaservice" dagegen kostet mit 7,20 Euro mehr als das Doppelte.Quelle: Lieferheld. Die Übersicht der folgenden Indikatoren basiert auf einem Artikel des Business Insider. Quelle: Reuters
Wolkenkratzer-IndexThese: Je höher die Wolkenkratzer sind, die eine Nation baut, desto schlechter wird sich die Wirtschaft entwickeln. Megagebäude werden in einem Umfeld euphorischer Stimmung gebaut werden. Bis die Häuser fertig sind, sind die Börsen zusammengebrochen.Beweis: Mit 828 Metern ist derzeit das Burj Khalifa in Dubai das höchste Gebäude der Welt. Als das Hochhaus nach sechs Jahren Bauzeit stand, hatten die Aktien heimischer Firmen bereits zwei Drittel ihres Wertes verloren. Der Beginn der Asienkrise 1998 erfolgte zeitgleich mit der Fertigstellung der Petronas Towers in Malaysia begann und in den Jahren nach der Grundsteinlegung für den Bau des 509 Meter hohen Taipeh 101, drittelte sich der Aktienindex Taiwans. Quelle: dpa
Bikini-IndexDas Cover für 2012 des Sports Illustrated Swimsuit-Magazins ziert die reizende Amerikanerin Kate Upton. Laut Bikini-Index ein gutes Zeichen für die US-Börse.Die These: In den Jahren, in denen eine Amerikanerin - wie das Model Kate Upton - die Titelseite der Badeanzug-Sonderausgabe der Sports Illustrated ziert, entwickelt sich die Gesamtrendite im US-Börsenindex S&P 500 überproportional, der Index schließt mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Jahresende im Plus.Der Beweis: Zurückgerechnet für die Jahre seit 1978 erreichte der S&P 500, wenn eine US-Amerikanerin auf dem Titelbild prangte, eine Gesamtrendite von durchschnittlich 14,3 Prozent. In 88,2 Prozent der Jahre schloss der Index positiv. War auf dem Cover der Swimsuit-Ausgabe dagegen kein US-Model zu sehen, betrug die durchschnittliche Gesamtrendite seit 1978 nur noch 10,8 Prozent, also rund ein Viertel weniger. Zum Jahresende schloss der Börsenindex S&P500 auch nur noch in 76,5 Prozent der Fälle im Plus. Quelle: dapd
Big-Mac-IndexDie These: Der Index zeigt den Zusammenhang zwischen den Wechselkursen in unterschiedlichen Staaten und den Kosten für einen Big Mac. Wenn der Burger in China 44 Prozent günstiger ist als in den USA, bedeutet dies, dass der Yuan gegenüber dem Dollar 44 Prozent unterbewertet ist.Der Beweis: Das Magazin The Economist veröffentlicht diesen Index jedes Jahr. Das Beispiel China zeigt jedoch, dass der einfache Index noch erweitert werden muss, denn es ist zu erwarten, dass Waren in solchen Ländern günstiger sind, in denen auch die Kosten geringer sind. Deshalb vergleichen die Autoren den Dollar-Preis eines Big Mac auf das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner und stellen dabei einen starken Zusammenhang fest. Quelle: dpa
Rocklängen-IndexDie These: Je kürzer der Rock, desto besser geht es der Wirtschaft. Diese Beobachtung hat der Ökonom George Taylor schon in den 1920er Jahren gemacht, der die Entwicklung des Aktienindex mit der Rocklänge in Verbindung brachte. Laut Einzelhandel ist das aber nur ein Mythos. Der Beweis: Einige Ökonomen bleiben der Theorie treu und verweisen auf die langweiligen Rocklängen, die im Zuge der Finanzkrise 2008 in die Läden kamen. Andere befürchten, dass die Maxi-Röcke, die im letzten Sommer modern waren, auf einen neuen Abschwung hindeuten. Quelle: AP
Bier-Konsum-IndexDie These:  Das Bier zu Hause ist günstiger als das Bier in der Kneipe. Kein Wunder also, dass viele Bierliebhaber, die sparen müssen, auf den Gang in die Kneipe verzichten und sich lieber ein Feierabendbier auf der heimischen Couch gönnen.Der Beweis: In Europa befinden sich 73 Prozent der Arbeitsplätze in der Bierindustrie außerhalb von Brauereien - insbesondere in Bars und Restaurants. Laut den Europäischen Brauereien sank zwischen 2008 und 2010 die Beschäftigung in der Branche um zwölf Prozent. Der Bierkonsum insgesamt sank jedoch nur um acht Prozent und die Beschäftigung in Europa ging nur um zwei Prozent zurück. Quelle: dpa
Lippenstift-IndexDie These: Ein bisschen was will Frau sich auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten gönnen. Wenn das Geld nicht für teure Handtaschen reicht, greifen sie verstärkt zu Lippenstiften. Die Theorie stammt von Leonard Lauder, Geschäftsführer von Estee Lauder.Der Beweis: Tatsächlich hat sich der Verkauf von Lippenstift laut dem Forschungsinstitut Investopia nach der Rezession, die auf den 11. September 2001 folgte, verdoppelt. Quelle: REUTERS

„Sie haben das Hobby nur solange, bis sie arm sind“, meint hingegen Philipp Schröder. Ein hartes Urteil. Doch der 28-jährige kann es sich erlauben. Der Geschäftsführer von NextLevelTrader ist seit acht Jahren professionell dabei. Er weiß, wie viel Arbeit dazugehört. „Ich verbringe schon zehn bis zwölf Stunden am Tag vor dem Rechner“, sagt er. Neben Fachwissen und Erfahrung gehöre aber auch eine gute Portion Geduld zum Job. „Man kann es mit einem Feuerwehrmann vergleichen: Ein Trader sitzt auch manchmal vor dem Rechner und es passiert nichts. Wenn aber das Feuer ausbricht, dann muss man präsent sein und alle Handgriffe schnell ausführen“, so Schröder. „Im Grunde ist Trading aber ein aktiver Börsenhandel: schnell, immer am Puls der Zeit und die Mitnahme von Bewegungen.“ Seine Augen strahlen. Sein Puls gehört dem Markt, das ist klar.

Auch Jörg Schmidt, freiberuflicher Trader, kennt die Tücken und Freuden des Jobs. Er schätzt vor allem die Unabhängigkeit. „Man braucht nur einen Rechner und einen Internetanschluss. Das kann man sogar in den Urlaub mitnehmen“, sagt Schmidt. „ Das habe ich mir mittlerweile aber abgewöhnt“, scherzt er. Viel schwieriger als auf die Arbeit während des Urlaubs zu verzichten, ist es sich dem Einfluss von Anderen zu entziehen. „Man muss zusehen, wie man eine Distanz zu Massenmedien und sogenannten Trends bekommt. Jeder braucht sein eigenes System und sollte dem folgen“, weiß der 35-Jährige. Das Bauchgefühl und Gruppenzwang könnten dabei eher schaden als nützen. „Letztlich sind wir aber alle Menschen und können uns davon nicht freisprechen“, fügt Schröder hinzu. Da lächelt Börsenzocker Schmidt wieder.

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