Denkfabrik

Bankenaufsicht und Geldpolitik gehören getrennt!

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Arbeiten Zentralbank und Bankenaufsicht eng zusammen, sinkt die Inflation

Werden hingegen aufsichtsrechtliche Kompetenzen auf die Zentralbank übertragen, wird diese mitverantwortlich für die Entwicklungen im Bankensektor. Geraten die Banken in Schwierigkeiten, sind die Anreize groß, sie geldpolitisch zu unterstützen. Antizipieren die Banken dies, könnten sie sich im Vorfeld riskanter verhalten. Am Ende könnte das zu höherer Inflation und geringerer Finanzstabilität führen. Ebenso könnte die Zentralbank in einem fragilen makroökonomischen Umfeld notwendige aufsichtsrechtliche Maßnahmen im Bankensektor verzögern, wenn diese ihren geldpolitischen Zielen zuwiderlaufen.

In einer Studie haben wir die Auswirkungen der Organisation der Bankenaufsicht über den Zeitraum 1970 bis 2013 für die Länder der OECD analysiert. Tatsächlich scheint es eine wesentliche Rolle zu spielen, wie die Zusammenarbeit zwischen Zentralbank und Bankenaufsicht organisiert ist. So führt eine engere Kooperation zu einer geringeren Inflation und zu mehr Finanzstabilität. Übernimmt die Zentralbank hingegen Kompetenzen in der Bankenaufsicht, ist die Inflationsrate höher, aber die Wahrscheinlichkeit von Bankenkrisen verringert sich nicht. Die Ergebnisse dieser Studie sprechen also für eine Trennung von Geldpolitik und Bankenaufsicht bei gleichzeitig enger Kooperation.

Ein Ausstieg aus der Niedrigzinsphase wird schwer

Wie relevant ist dies für die aktuelle Situation? Kaum jemand hält eine zu hohe Inflation derzeit für eine ernst zu nehmende Bedrohung. Jedoch engen die jetzigen Maßnahmen der EZB die künftigen Spielräume der Geldpolitik erheblich ein. Ein Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik wird umso schwieriger, je länger die Niedrigzinsphase anhält, weil ein Zinsanstieg die Banken nach einer langen Niedrigzinsphase empfindlich trifft. Gleichzeitig wird eine höhere Risikoübernahme im Bankensystem nicht nur in Kauf genommen, sondern durch die Geldpolitik bewusst befördert.

Schließlich könnte man – auch angesichts der Ergebnisse des Stresstests – den Eindruck gewinnen, dass die EZB als Aufseherin die Probleme bei den europäischen Banken nicht mit Nachdruck angegangen ist, obwohl diese schon lange bekannt sind. Die mehr und mehr zu Tage tretenden Probleme der neuen Aufsichtsstruktur sollten als Anlass dienen, ernsthaft über eine europäische Bankenaufsicht außerhalb der EZB nachzudenken.

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