Der große Dax-Check Kaufen, halten, verkaufen - was Dax-Anleger jetzt tun sollten

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ThyssenKrupp noch riskanter

Noch riskanter als eine Investition in E.On-Papiere wäre ein Kauf von ThyssenKrupp-Aktien. Die Essener mit Hauptproduktion in Duisburg stecken in der tiefsten Krise seit der spektakulären Fusion 1999. Knapp 4,7 Milliarden Euro Verlust mussten ThyssenKrupp-Aktionäre im vergangenen Geschäftsjahr erleiden. Die Eigenkapitalquote lag zuletzt bei gefährlich niedrigen 11,3 Prozent, weshalb seit Wochen Gerüchte über eine Kapitalerhöhung die Runde machen. Weil 5,2 Milliarden Euro Schulden zu viel Ballast für den Konzern sind. In Brasilien und den USA hat ThyssenKrupp viel zu teure Stahlwerke hochgezogen, die der Konzern jetzt verramschen muss.

Dass das Desaster sogar die graue Eminenz der deutschen Wirtschaft hinwegfegte, spricht Bände: Gerhard Cromme musste Ende März nicht nur seinen Posten als Aufsichtsratschef bei Thyssen räumen, sondern gab auch seinen Posten als Vizechef des Thyssen-Großaktionärs Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung auf.

Unter anderem auch, weil der Konzern regelmäßig von Kartellverstößen und Korruptionsvorwürfen erschüttert wird. ThyssenKrupp drohen allein von der Deutschen Bahn Schadensersatzforderungen in dreistelliger Millionenhöhe. Obwohl sich der Aktienkurs binnen zwei Jahren fast gedrittelt hat, ist das Papier nach wie vor viel zu teuer. Auch spekulative Anleger sollten sich daran vorerst nicht versuchen.

Cromme darf bei Siemens weiterregieren

Während Cromme von seinem Ziehvater, dem 99-jährigen Berthold Beitz, vom Essener Hügel gestoßen wurde, darf er in München weiterregieren. Der 70-Jährige wacht über Siemens als Chef des Aufsichtsrats, dem er seit zehn Jahren angehört. Auch der Mischkonzern aus der bayrischen Landeshauptstadt ist von Affären durchschüttelt und bemüht sich – mehr schlecht als recht –, mit der Abspaltung vom Nichtkerngeschäft voranzukommen. So sollte die Leuchtentochter Osram einst per Börsengang Geld in die Kasse des per Ende 2012 mit zwölf Milliarden Euro verschuldeten Konzerns bringen.

Käufer für Nokia fraglich

Nun wird sie an die Siemens-Aktionäre verschenkt. Ähnliche Pläne könnte es für die jahrelang verlustreiche Tochter Nokia Siemens Networks (NSN) geben. Der 50-Prozent-Anteil an NSN, in der die finnische Nokia und Siemens im April 2007 ihr Netztechnikgeschäft zusammenlegten, ist seit Anfang April für Siemens theoretisch frei verkäuflich – nachdem eine sechsjährige feste Bindung mit Nokia nun ausgelaufen ist.

Ob sich jedoch Käufer für die von Machtkämpfen erschütterte Firma finden, die bei Siemens noch mit rund 1,5 Milliarden Euro in den Büchern steht, ist fraglich.

Probleme am Rand, aber auch Schwierigkeiten im Kern: Siemens dürfte auf absehbare Zeit bei Umsatz und Gewinn nicht richtig vom Fleck kommen. Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres stieg der Umsatz nur um zwei Prozent; der Nettogewinn sank um zwölf Prozent. Und der Auftragseingang als bester Indikator für die künftige Entwicklung der Münchner sackte bereinigt um fünf Prozent ab.

Siemens ist damit so etwas wie ein Menetekel für den Dax: nicht richtig schwach, aber bei Licht betrachtet auch ohne viel Kraft.

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