Deutsche Aktien "Aktien werden 20 bis 30 Prozent steigen"

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Was ist bei deutschen Aktien noch zu holen?

Eichler: Es ist die logische Konsequenz der negativen Realzinsen, dass es am Aktienmarkt noch für zwei bis drei Jahre steigende Kurse geben wird und Aktien noch um 20 bis 30 Prozent steigen können – mit Unterbrechungen allerdings. Und in einer späteren Baisse könnte es durchaus kräftiger abwärts gehen. EZB-Präsident Mario Draghi dürfte in seiner Amtszeit, die noch vier Jahre dauert, die Zinsen nicht mehr erhöhen. Derzeit ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis bei europäischen Aktien im Schnitt bei 16.Es könnte auf 20 steigen. Die Konstellation ist allerdings ungewöhnlich, denn zu zwei Dritteln werden die Kurse steigen, weil sich Aktien einfach verteuern, nur ein Drittel stammt aus einer Gewinnsteigerung der Unternehmen.

Wie wollen Sie von dem erwarteten Kursanstieg profitieren?

Eichler: Wir halten derzeit doch etwas mehr zyklische Aktien, die von dem Inlandskonsum profitieren können und von dem Trend zur Digitalisierung in Unternehmen. Leifheit ist ein Konsumwert, aber nicht für extreme Kursveränderungen bekannt. Der Autobeleuchtungsspezialist Hella ist konjunkturabhängiger, als familiengeführtes Unternehmen sehr solide finanziert und geführt.

Welche Aktien alle Rekorde brechen

In die digitale Richtung gehen Unternehmen wie All In One Steeb, ein SAP-Consultant, das auch Rechenzentren betreibt und da die Datenmenge steigt, profitieren sie, sind aber nicht weltmarktabhängig. Ähnlich ist es mit dem Beratungsunternehmen Atoss, das ausschließlich mit deutschen Kunden seinen Umsatz seit 2005 jährlich steigern konnte.

Autoverleiher Sixt ist Ihre größte Aktienposition. Beim US-Geschäft sind die Münchner nach vier Jahren noch nicht in der Gewinnzone trotz der guten Konjunktur und 60 Standorten. Bleiben Sie geduldig?

Eichler: Natürlich, die Aussichten sind langfristig gut. Bis zu zehn Prozent Marktanteil sind dort durchaus vorstellbar. In Europa haben sie sich immerhin schon fast 20 Prozent im Laufe der Zeit erarbeitet. In den USA geht es um einen fast 30 Milliarden Dollar großen Markt. Sixt besetzt dort nicht den Massenmarkt, sondern eine Nische, weil es vor allem BMW, Mercedes und Audi verleiht. Der Standortausbau hat dem Konzerngewinn nicht geschadet, dafür steigt das Umsatzpotenzial. Riskant ist daran, dass es mit Herrn Sixt eine prägende Figur gibt, die ein gewisses Personenrisiko birgt. Preiskämpfe in den USA sind nicht ausgeschlossen und die Autovermietung an Geschäftskunden ist konjunkturabhängiger als das Touristengeschäft.

Sie waren beim Börsengang von Hapag Lloyd derjenige, der sich früh zum Kauf eines großen Anteils entschlossen hatte, dafür aber den Preis weit unter der damals genannten Spanne angesetzt hatte. Die Emission kam auch nur zu ihrem niedrigen Kurs zustande.

Eichler: Schaut man sich ein Unternehmen richtig an, bekommt man auch eine klare Preisvorstellung. Und da haben wir gleich gesagt, wir machen mit, aber nur bis zu einem bestimmten Preis, der uns noch Chancen bietet. Aber viele Fondsmanager schauen sich diese Titel gar nicht mehr an, mit der Begründung, sie seien nicht benchmarkrelevant. Das halte ich für falsch.

Mancher Fondsmanager mag Börsengänge gar nicht, weil die Unternehmen für die Börse aufgehübscht würden. Bei Ihnen ist das anders, sie haben auch beim Autoentwickler Edag ordentlich beim IPO gekauft.

Eichler: Ein Börsengang ist etwas ganz Besonderes. Es ist die Geburtsstunde auf dem Kurszettel. Ich fühle mich da nicht benachteiligt, denn alle Marktteilnehmer haben zu diesem Zeitpunkt die gleichen Informationen. Keiner kennt Edag jetzt viel besser als ich. Ich habe mich mit dem Unternehmen auseinandergesetzt und den fairen Wert errechnet. Häufig sind die Börsenneulinge sehr ambitioniert, weil sie zu den Etablierten aufschließen wollen und deren Bewertung anstreben. Ich bin aber durchaus auf der Hut, wenn die Private-Equity-Unternehmen Aktien abgeben.

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