Deutsche Bank und Co. Das mysteriöse Hoch der Bankenwerte

Die Aktien von Deutsche Bank, Commerzbank und Co. legen an der Börse kräftig zu. Analysten führen dafür eine ganze Reihe von Gründen an – nicht alle überzeugen. Weshalb Anleger skeptisch bleiben sollten.

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Blick auf „Mainhattan”: Finanzwerte sind bei Anlegern wieder gefragt - doch die Institute kämpfen weiter mit Problemen. Quelle: AFP

Ja ist denn heut schon Weihnachten? Lange fassten viele Investoren Finanzwerte nicht einmal mit der Kneifzange an, jetzt sind an der Börse wieder stark gefragt: Der Kurs der Papiere der Deutschen Bank legte seit Montag um 15 Prozent zu, die Aktien der Commerzbank stiegen um zehn Prozent. Ähnlich erging es der europäischen Konkurrenz: Der europäische Branchenindex Euro Stoxx Banks liegt diese Woche rund neun Prozent im Plus. Was die Bankenrally ausgelöst hat, darüber gehen die Interpretationen auseinander. Analysten führen vor allem drei Argumente für die Rallye an: die Hoffnung auf Finanzhilfen für italienische Banken, die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten und die Aussicht auf Verlängerung der Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank. Um alle drei Faktoren lässt sich trefflich streiten.

So mutet die Reaktion der Märkte auf das Verfassungsreferendum in Italien paradox an. Die Italiener votierten am Wochenende gegen die Pläne für eine Verfassungsreform von Ministerpräsident Matteo Renzi, der daraufhin seinen Rücktritt erklärt hat. Das Land steckt also in einer Regierungskrise, zugleich plagen sich die Banken mit milliardenschweren faulen Krediten in ihren Büchern. So braucht die Krisenbank Monte die Paschi etwa dringend frisches Kapital. Laut Medienberichten soll die Regierung deshalb rund 15 Milliarden Hilfe vom Euro-Rettungsschirm ESM beantragt haben – doch das hat die Regierung prompt dementiert. Anleger scheint das Dementi nicht zu überzeugen, die Aktien italienischer Banken legten am Mittwoch kräftig zu.

Ein weiterer Erklärungsansatz für die Bankenrallye findet sich in den Vereinigten Staaten: Dort stellen sich Anleger auf eine Zinserhöhung ein, von der die Banken profitieren könnten. Dazu kommt der der Trump-Faktor. So glauben etwa die Analysten der UBS, dass amerikanische Banken von der Politik des designierten US-Präsidenten Donald Trump profitieren können. Trump werde die Regeln lockern und könne amerikanischen Instituten damit einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, so die UBS. Ganz oben auf der Liste steht die US-Bank Goldman Sachs. Europäische Institute sehen die UBS-Analysten dagegen in einer schwächeren Ausgangsposition – darunter auch Commerzbank und Deutsche Bank.

Doch auch deren Aktien waren an der Börse zuletzt stark gefragt. Für die Deutsche Bank ging es etwa am Dienstag um fast acht Prozent bergauf. Nach guten Nachrichten aus der Bank, die das erklären würden, kann man lange suchen – und so bleiben die ganz großen Linien, nämlich die Geldpolitik als Erklärung übrig. Am Donnerstag tagt der Rat der Europäischen Zentralbank. Der Markt setzt darauf, dass die Notenbank ihr Anleihekaufprogramm verlängern wird. Es hätte eigentlich im März enden sollen, doch das glaubt kaum noch jemand: „Dass das QE-Programm um mindestens sechs Monate bei einem Volumen von 80 Milliarden Euro monatlich verlängert wird, gilt an den Kapitalmärkten als ausgemachte Sache”, schreiben die Analysten der Essener National-Bank. Nach dem Nein der Italiener zur Verfassungsreform bleibe der EZB kaum eine andere Wahl, glauben Experten. Das lässt wohl auch die Anleger zugreifen: „Wenn die Notenbanken weiter Geld drucken, ist das per se für Aktien schon mal gut”, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters ein Händler – und davon, so die Logik, profitieren auch die Banken.

Doch das Kursplus der vergangenen Tage ändert nichts daran, dass die Institute gemessen an ihrem Buchwert nach wie vor massiv unterbewertet sind. Und das hat seine Gründe. Denn die Geschäfte laufen schlecht, und auch die Aussichten für Universalbanken bleiben trübe. Daran dürften auch die Kürzungsprogramme der Institute wenig ändern, warnen die Experten der Ratingagentur Fitch. „Niedrige Zinsen, starker Wettbewerb, hohe Volatilität und die gedämpfte Nachfrage nach Krediten und Firmentransaktionen wird die Erträge der Universalbanken weiter belasten“, prognostiziert Fitch für das kommende Jahr. Gut möglich also, dass auf die schnellen Kurszuwächse schnelle Verluste folgen, wenn die nächste Negativnachricht die Runde macht.

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