Deutsche Börse „Insiderhandel widerspricht allem, wofür ich stehe“

Börsenchef Carsten Kengeter hat sich erstmals nach der Durchsuchung wegen des Verdachts auf Insiderhandel den Fragen der Journalisten gestellt. Die im Grunde guten Jahreszahlen gerieten dabei zur Nebensache.

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Carsten Kengeter, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Börse AG Quelle: dpa

Kurz, bevor Carsten Kengeter den Raum mit den Journalisten betritt, schluckt er nochmal. Dann geht er scheinbar selbstsicher durch die Tür, schüttelt mit festem Druck Hände. Seine Augen sehen müde aus, er lächelt dennoch in die Kameras.

Es ist kein einfacher Schritt für den Chef der Deutschen Börse. Eigentlich hat er am heutigen Donnerstag zur Bilanzpressekonferenz geladen. Doch jetzt interessiert sich kaum einer der anwesenden Journalisten für die eigentlich ganz guten Zahlen der Börse.

Im Zentrum der Fragen stehen vor allem zwei Themen: Der geplante Zusammenschluss mit der Börse London Stock Exchange (LSE), der am Ende bis zu 150 Millionen Euro kosten könnte. Und natürlich die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Kengeter wegen des Verdachts auf Insiderhandel. Kengeter hat im Dezember 2015, kurz bevor die Fusionsverhandlungen öffentlich wurden, Aktien der Börse im Wert von 4,5 Millionen Euro gekauft und zum Dank dafür Aktien im gleichen Wert geschenkt bekommen.

Der Wert dieser geschenkten Aktien folgt einem komplizierten System, was selbst Finanzchef Gregor Pottmeyer nicht in drei Sätzen erklären kann. So viel aber scheint sicher: Je nachdem, wie sich die Aktie der Börse selber und ein Aktienindex entwickeln und je nachdem, wie die Geschäftszahlen der Börse sich in den kommenden Jahren entwickeln, können die geschenkten Aktien gen Null Euro tendieren – oder aber am Ende einen hohen zweistelligen Millionenbetrag wert sein, die Rede war von möglichen 40 Millionen Euro. Genaues aber weiß man erst in ein paar Jahren, wenn die Geschäftszahlen und der Aktienkurs feststehen. Doch Fragen zu dem Aktienprogramm, was der Aufsichtsrat extra für ihn aufgelegt hatte, wollte Kengeter in der derzeitigen Gemengelage lieber nicht persönlich beantworten – er ließ seinem Finanzchef den Vortritt.

"Ermittlungen gegen mich haben mich persönlich sehr getroffen"

Als Kengeter eine längere Erklärung zu den Ermittlungen verliest, spricht er plötzlich ganz langsam und mit Bedacht. Es ist mutig und tapfer, dass er sich der Situation stellt. Dennoch merkt man ihm an, wie sehr sie ihn belastet. Kengeter wirkt jetzt hochkonzentriert. Er lehnt sich leicht über den Tisch, auf dem seine beiden Hände Stabilität suchen. Diese Verdächtigung, sagt Kengeter, habe ihn „persönlich sehr getroffen“. Insiderhandel widerspreche allem, wofür er stehe. Er bitte nun um Geduld. Er kooperiere mit der Staatsanwaltschaft. „Und ich bin mir sicher, dass sich die Vorwürfe nach eingehender Prüfung als unbegründet erweisen werden“, sagt er. Weitere Fragen zu dem Verfahren könne er daher nicht beantworten.

Doch die Fragen, sie kommen naturgemäß.

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