Die geplante Börsenhochzeit zwischen der Deutschen Börse und der London Stock Exchange (LSE) ist trotz des Brexit-Votums der Briten noch nicht vom Tisch. Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, dass Deutsche-Börse-Chef Carsten Kengeter hinter den Kulissen Kritiker umwirbt, indem er ihnen eine Doppel-Holding in London und Frankfurt in Aussicht stellt. Es gebe also einen Sitz innerhalb der EU, wie es unter anderem von der Finanzaufsicht Bafin gewünscht wird.
Die Aufseher hatten deutlich gemacht, dass sie die Ansiedlung der fusionierten Börse in London für nicht akzeptabel hielten. "Es ist schwer vorstellbar, dass der wichtigste Börsenplatz im Euro-Raum von einem Standort außerhalb der EU gesteuert wird", sagte Bafin-Präsident Felix Hufeld. Da werde man sicher nachjustieren müssen.
Problematisch ist, dass im offiziellen Fusionsangebot bisher nur London als Hauptsitz genannt wird. Offenbar wurden die Verantwortlichen vom Ausgang des Referendums in Großbritannien überrascht. Daher sollen dem offiziellen Angebot laut "SZ" nun sogenannte Nebenabreden beigelegt werden. Rechtlich bindend wären diese allerdings erst, wenn die Fusion vollzogen ist und das oberste Entscheidungsgremium zugestimmt hat.
Zunächst haben am Montag die Anteilseigner der LSE der geplanten Fusion mit einer deutlichen Mehrheit von 99,92 Prozent zugestimmt. Auf dem Weg zur Fusion galt dies aber als eines der kleinsten Hindernisse. Die Eigentümer der Deutschen Börse stimmen am 12. Juli über den geplanten Zusammenschluss ab. Laut Informationen der "SZ" rechnet Kengeter mit einer deutlichen Mehrheit von rund 95 Prozent, erforderlich ist eine Mehrheit von zwei Dritteln der Aktionäre.
Ein Referendums-Komitee von Deutscher Börse und LSE soll sich in den kommenden Wochen mit Reaktionen auf den Brexit befassen. Die große Frage ist Insidern zufolge, ob auch die britische Politik bereit ist, nach dem Brexit einen Sitz der Mega-Börse in der EU zu akzeptieren - die Deutsche Börse stellt mit Kengeter schließlich schon den Vorstandschef. Sollte Großbritannien sich beim Hauptsitz nicht bewegen, ist die Fusion aus Sicht von Insidern zum Scheitern verurteilt. Politische Sondierungsgespräche sind auf der Insel derzeit allerdings schwierig. Schließlich steht nicht fest, wer die Nachfolge von Premierminister David Cameron antritt.