Deutsche Börse Nachhaltigkeit hat an der Börse kaum Erfolg

Der Börsenchef startet eine Initiative, bei der es um Umwelt, Soziales und  verantwortungsvolle Unternehmensführung geht. Aber Carsten Kengeter ist selbst belastet.

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Carsten Kengeter. Quelle: dpa

Wo Öko draufsteht, steckt wenig Fantasie drin. Während der DAX in den vergangenen fünf Jahren um 200 Prozent zulegte, halbierte sich der Wert des ÖkoDAX. Beide Indizes stellte die Deutsche Börse zusammen, aber den ÖkoDAX wohl eher halbherzig. Er hat den Aufstieg und Absturz deutscher Solarwerte und den Untergang von Solarworld mitgemacht und ist nur einer von vielen Indizes der Deutschen Börse, die Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen sollen. Erfolgreich ist eigentlich keiner von ihnen. Ein Index ist gut, wenn es Produkte auf ihn gibt, in die investiert werden kann, etwa Indexfonds, die so genannten Exchange-Traded-Funds (ETF).

Aber die Nachhaltigkeitsindizes der Deutschen Börse haben am Markt keinen Erfolg, in auf sie aufgelegte Produkte sollen nach Angaben der Deutschen Börse nur 10,2 Millionen Euro geflossen sein. Und das, obwohl Nachhaltigkeit schon seit Jahren ein Trendthema unter Anlegern ist und sich viele Vermögensverwalter mit dem Kürzel ESG profilieren. Die Buchstaben stehen für ecological, social, governance, oder übersetzt Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung.

Genau das „G“ in ESG ist für den Börsenchef Carsten Kengeter aktuell sehr heikel. Er lässt es in seiner Eröffnungsrede zur Auftaktkonferenz der Nachhaltigkeitsinitiative „Accelerating Sustainable Finance“, zu der die Deutsche Börse in Frankfurt eingeladen hat, unter den Tisch fallen.

Fonds für nachhaltige Investments

Frankfurter Staatsanwälte ermitteln gegen ihn wegen des Verdachts auf Insiderhandel und die Deutsche Börse soll eine Ad-hoc-Mitteilung zur Fusionsankündigung verspätet herausgegeben haben. Für Nachhaltigkeitsinvestoren ist das zwar kritisch, aber noch kein Grund, die Aktie der Deutschen Börse sofort aus ihren Portfolios zu werfen. „Allein Ermittlungen begründen üblicherweise noch keinen Ausschluss“, sagt Andreas Motsch der WirtschaftsWoche. Er ist Fondsmanager im Nachhaltigkeitsteam der österreichischen Raiffeisen Capital Management. Für einen Ausschluss der Aktie müsse eine Verurteilung vorliegen.

Aber ein Unternehmen, bei dem es gegen den Chef Ermittlungen gibt, würde von den Wienern besonders beobachtet und weitere Meldungen sehr genau geprüft.

Der Zeitpunkt ist nicht günstig für Kengeter, um ausgerechnet eine Nachhaltigkeitsinitiative mit großem Brimborium zu starten. Sollte die Deutsche Börse zu seinem Amtsantritt vor zwei Jahren internationaler, schneller und technologierorientierter werden, muss sie jetzt schnell grüner werden. Die Eschborner trommeln dazu die großen Namen des Finanzplatzes Frankfurt zusammen. Man setzt sich unscharfe Ziele („Die Akteure setzen sich zum Ziel, auf Basis der eigenen Kerngeschäfte aktiv an der Umsetzung nachhaltiger Meilensteine .... mitzuarbeiten.“). Es ist viel von Absicht, Initiative, Entwicklung, Verantwortung und Herausforderung die Rede.

Hochtrabend wird ein „freiwilliges Bekenntnis zur Umsetzung einer Nachhaltigkeitsinitiative am Finanzplatz Frankfurt“ die „Frankfurter Erklärung“ genannt.

In den Diskussionsrunden kommen all die zu Wort, die schon jetzt in Frankfurt viel für die nachhaltige Geldanlage tun und damit auch Rendite erzielen. In der Praxis ist Nachhaltigkeit etwa für Günther Bräunig, Vorstand der Förderbank KfW, schon alltäglich. Die Bank finanziert neben den Solaranlagen auf Hausdächern auch große Offshore-Windparks und gibt für Klimaprojekte reservierte Greenbonds aus. Georg Schürmann, Vorstand der auf nachhaltige Geldanlage konzentrierten Triodos Bank, vergibt Kredite für nachhaltige Projekte, Edda Schröder von dem Mikrofinanz-Fondsanbieter „Invest in Visions“ investiert in Mikrofinanzinstitute in Schwellenländern, damit dort Kleinunternehmer Kredite bekommen.

Andreas Feiner hat für das auf quantitatives Research konzentrierte Frankfurter Fondshaus Arabesque mit dem Arabesque S-Ray ein System entwickelt, dass weltweit Unternehmen auf die Einhaltung von ESG-Kriterien prüft. Arabesque trägt dazu 200 ESG-Kriterien zusammen aus 50.000 Quellen in 15 Sprachen. Auch die Indexanbieter MSCI und Standard&Poor's kommen zu Wort. Sie haben erfolgreiche Nachhaltigkeitsindizes, die der Deutschen Börse fehlen.

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