Devisen Auf Zypern droht „Euro-Schwarzmarkt“

Solange die Beschränkungen für den Geldverkehr gelten, ist der Euro auf Zypern ein anderer als im übrigen Währungsraum. Experten warnen vor einer gefährlichen Grauzone – und einem ganz besonderen Schwarzmarkt.

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Kunden einer geschlossenen Bank in Nikosia stehen vor einem Geldautomaten. Quelle: dpa

Frankfurt/Nikosia Eigentlich sollte ein Euro überall in der Währungsunion den selben Wert haben – egal ob in Dublin, Hannover, Florenz oder Nikosia. Die seit Donnerstag auf Zypern geltenden Beschränkungen für den Geldverkehr hebeln dieses Prinzip jedoch aus. Der Euro auf Zypern ist nun viel weniger liquide und damit de facto auch weniger wert als anderswo. Nach Ansicht von Experten könnte deshalb erstmals eine Art „Schwarzmarkt“ innerhalb der Euro-Zone entstehen – jedenfalls, wenn die Einschränkungen länger dauern sollten als nur wenige Tage.

Denkbar ist etwa, dass zyprische Geschäftsleute sich im Ausland Strohmänner suchen, die für sie Rechnungen begleichen und dann im Gegenzug „Zypern-Euro“ bekommen – mit einen im Zweifelsfall nicht geringen Aufschlag. So ein Geschäft kann trotzdem noch lukrativ sein, wenn beispielsweise millionenschwere Zahlungen dringend geleistet werden müssen, weil ansonsten ein Lieferant abspringt. Der müsste eigentlich darauf vertrauen, dass die zyprische Notenbank die Transaktion durchwinkt. Aber wer weiß schon, ob sie das tut und wenn ja, wann?

Was für den einzelnen Unternehmer in Nikosia oder Larnaca erst mal ein alltägliches Problem darstellt, kann für Zyperns Verbleib in der Euro-Zone sogar zu einer Zerreißprobe werden. Für den stellvertretenden Leiter des Brüsseler Forschungsinstituts Bruegel, Guntram Wolff, sind die erlassenen Einschränkungen für den Kapitalverkehr, ein schwerer Schlag für die Währungsunion: „Kontrollen für alle Banken des Landes bedeuten, dass der Euro nicht mehr frei fließt. In dem Moment ist die Euro-Zone kein richtiger Währungsraum mehr“, sagte der Finanzexperte „Spiegel Online“.

Auch Kai Schaffelhuber von der Anwaltskanzlei Allen& Overy in Frankfurt warnt: „Wenn man Restriktionen für Zahlungen und Kapitaltransfers erlässt, dann ist der Euro auf Zypern – ökonomisch betrachtet – eine andere Währung als der Euro in anderen Ländern.“

Je länger die Kapitalverkehrskontrollen den freien Fluss der Währung behindern, desto weniger kann Zypern auch deren Folgen meistern, sind sich die Experten einig: „Man darf Zypern jetzt nicht in einer rechtlichen Grauzone belassen was die Kontrolle der Kapitalströme anbelangt“, warnt etwa Sassan Ghahramani, der mit seiner Firma SGH Macro Advisors unter anderem Hegdefons berät. „Ich denke, es kann nur um maximal ein paar Wochen gehen. Dauert es länger, wird das zu einem echten Problem.“ Zypern will die Kapitalverkehrskontrollen zunächst für sieben Tage aufrecht erhalten. Danach soll nach Angaben des Finanzministeriums jeden Tag überprüft werden, ob sie noch nötig sind.


Abschaffung der Kontrollen schwerer als Einführung

Eigentlich sind Kapitalverkehrskontrollen in der EU verboten - sie können aber vorübergehend angeordnet werden, wenn die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet wären oder auch bei „ernsten Schwierigkeiten in der Wirtschafts- und Geldpolitik“, wie es in Artikel 66 des Gesetzes zum Gemeinsamen EU-Binnenmarkt steht.

Zyprer können unter anderem nur noch 300 Euro pro Tag bar abheben. Geldtransfers und Überweisungen ins Ausland sind nur dann möglich, wenn sie für den Handel zwischen Unternehmen nötig sind und dann auch nur mit Erlaubnis der Zentralbank. Darüber hinaus dürfen Termin- und Festgelder nur noch in ganz bestimmten Fällen aufgelöst werden.

Wie schwer es ist, Kapitalverkehrskontrollen abzuschaffen, zeigt das Beispiel Island. Dort gelten seit dem Spätherbst 2008, also seit mehr als vier Jahren, Restriktionen und ein Ende ist nicht ins Sicht. Allerdings hat die Vulkaninsel im hohen Norden ihre eigene Währung. Ein Zypern, sei es auch ein noch so kleiner Teil der Währungsunion, auf Sicht ohne freien Kapitalverkehr mag sich niemand vorstellen. „Mit den politischen und rechtlichen Grundprinzipien der Euro-Zone wäre das wohl nicht vereinbar“, sagt ein Notenbanker, der nicht namentlich genannt werden will.

Manche Ökonomen sehen das allerdings anders: „Es wäre sicher ein Schönheitsfehler, wenn es ein Land gebe, in dem es auf längere Sicht solche Einschränkungen des Kapitalverkehrs gebe, aber als pragmatische Lösung ist das vorstellbar“, sagt ein Volkswirt einer großen US-Bank.

Wie auch immer die Zukunft Zyperns aussieht – ob mit oder ohne Kapitalverkehrskontrollen und am Ende in oder außerhalb der Euro-Zone, die Ratingagentur Moody's hat schon einmal die Folgen eines Ausscheidens Zyperns aus der Währungsunion durchgespielt und kommt zu verheerenden Schlussfolgerungen für die Unternehmen: Das sogenannte Währungs- oder Konvertierungsrating des Landes sinkt vom Spitzenrating „AAA“ – das normalerweise alle Euro-Länder bekommen – auf „Caa2“, einer sehr schlechten Note.

Dieses Währungsrating ist nicht mit dem Länderrating zu verwechseln. Es beurteilt wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine auf der Mittelmeerinsel ansässige Firma ihre auf Fremdwährung lautenden Verbindlichkeiten wegen der Einschränkungen des Kapitalverkehrs nicht mehr bedienen kann. Zypern wird versuchen müssen, das beste daraus zu machen.

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