Da auch in den Brexit-Verhandlungen außer Positionsbekundungen sich bislang keine Ergebnisse abzeichnen, werden die kommenden Monate für das Pfund weiter holprig. Gerade gegenüber dem Euro hat es zuletzt stark an Boden verloren. Nur einmal stand es im vergangen Jahr tiefer, am 7. Oktober. Damals gab es einen Flash Crash, einen plötzlichen Kursverfall, bei dem massenhafte Verkäufe zu einem Einbruch von knapp zehn Prozent geführt haben.
In einer Untersuchung kam die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich später zu dem Schluss, dass eine Vielzahl von Ursachen für den Sturz verantwortlich war. Vermutlich ausgelöst von einer größeren Verkaufsorder durchbrach der Kurs offenbar Grenzen von Stop-Loss-Orders, mit denen sich Anleger vor hohen Verlusten schützen möchten. Der Devisenterminmarkt in Chicago hatte den Handel gar temporär ausgesetzt. Die Folge: Weitere Verkäufe und weiterer Abwärtsdruck.
Zwischenzeitlich hatte sich die Währung von dem Schock wieder erholt. Von Stärke kann aber keine Rede sein. Die Analysten von Morgan Stanley erwarten weitere Kursverluste für das Pfund. Zwar habe die britische Wirtschaft im vergangenen Jahr trotz des Brexit-Votums weiter wachsen können. Doch die Struktur des Wachstums habe sich geändert.
Der Brexit-Fahrplan
Laut Barnier sollen bis Oktober 2018 die Details für den Austritt Großbritanniens ausverhandelt sein. Der Franzose hat diesen Zeitplan bereits als sehr ambitioniert bezeichnet. Andere Experten halten ihn angesichts der Fülle der Problemfelder für unmöglich. Womöglich wird es deshalb zahlreiche Übergangsfristen von etwa zwei bis fünf Jahren geben.
Die schottische Regierung will im Herbst 2018 ein zweites Referendum über den Verbleib im Vereinigten Königreich abhalten, sobald die Bedingungen für den Brexit klar sind. May hat dies abgelehnt.
Bis März 2019 wäre dann Zeit, damit Mitgliedsländer und EU-Parlament die Vereinbarung ratifizieren. Der Tag des Austritts Großbritanniens aus der EU wäre dann Samstag, der 30. März.
Unklar ist, wann die umfassenderen Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU abgeschlossen sind. May strebt ein Freihandelsabkommen mit der EU innerhalb weniger Jahre an, über das schon parallel zum Brexit verhandelt werden soll. Dagegen verweist die EU-Kommission auf die Erfahrung aus anderen Abkommen wie etwa mit Kanada (Ceta), über das sechs Jahre lang verhandelt wurde. Im Ceta-Vertrag sind allerdings keine Vereinbarungen über den komplexen Bereich der Finanzdienstleistungen enthalten, die für Großbritannien und den Finanzplatz London von enormer Bedeutung sind.
„Die Ausgaben der Haushalte hat sich erhöht, welche jedoch allen voran von ungesicherten Darlehen finanziert werden. Das ist nicht nachhaltig“, erläutert das Team rund um den Devisen-Chef-Strategen Hans Redeker in einem Report. Zugleich hätte die Exportwirtschaft von der Pfund-Schwäche weniger als in früheren Schwäche-Phasen profitieren können.
Da dürfte es allenfalls ein schwacher Trost sein, dass die britische Währung gegenüber dem US-Dollar weniger stark fällt als gegenüber dem Euro. Der Pfund-Dollar-Kurs befindet sich bei 1,2910 Dollar derzeit auf einem Fünf-Wochen-Tief. Bis Ende des Jahres könnte er um weiter fünf Cent fallen, schätzen die Analysten von Morgan Stanley.
Dass das Pfund gegenüber dem Euro stärker abwertet als dem Dollar lässt sich mit der Stärke des Euro begründen. Die europäische Gemeinschaftswährung konnte zuletzt aufgrund der Aussicht auf einen allmählichen Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik und eine Verminderung der Anleihekäufe kräftig gegenüber den großen Währungen der Welt zulegen. Wie Analysten verschiedener Banken berichten, suchen institutionelle Investoren nun zunehmend Anlagen im Euroraum. Für das Pfund stellt diese Entwicklung einen zusätzlichen Abwertungsfaktor gegenüber seinem Europa-Pendant dar.