Devisen Wieso der Franken überbewertet ist

Der Franken zeigte sich jüngst von seiner starken Seite – doch Experten sind skeptisch. Zu zurückhaltend ist die Schweizer Nationalbank beim Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik.

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Der Schweizer Franken wird in 100 Rappen unterteilt. Er ist die Währung der Schweizer Eidgenossenschaft sowie des Fürstentums Liechtenstein. Quelle: dpa

Frankfurt Beim Franken dürfte eine Umkehr seiner kürzlichen Rally und eine Abschwächung auf 1,20 zum Euro bevorstehen – ein Niveau, das seit der Aufhebung des Euro-Franken-Mindestkurses der Schweizerischen Nationalbank vor drei Jahren nicht mehr erreicht wurde. Das erwarten Julius Bär Group Ltd. und die Canadian Imperial Bank of Commerce. Die Banken, die früher zu den optimistischsten Prognostikern des Franken zählten, erwarten nun einen Rückgang, da die Zentralbank bei der Straffung der Geldpolitik hinter ihren Pendants zurückbleibt.

Der Franken gewann im Januar 1,2 Prozent gegenüber dem Euro – der stärkste Anstieg in 19 Monaten. Auslöser waren teilweise auch Wetten, dass sich die Schweizerische Nationalbank den Zentralbanken weltweit anschließen könnte, die ein Ende ihrer jahrelangen geldpolitischen Anreize ins Auge fassen. Die SNB dämpfte jedoch solche Spekulationen und bekräftigte ihre Bereitschaft zu Interventionen angesichts des „hoch bewerteten“ Franken. Bank of America Merrill Lynch erklärte, dass 1,20 Franken je Euro das Niveau sei, bei dem die Zentralbank damit anfangen könnte, bei ihrer Rhetorik bezüglich der Währung einen etwas milderen Ton anzuschlagen.

„Während die synchrone globale Erholung mehr Zentralbanken ermutigt, mit dem Ausstieg aus der ultra-akkommodierenden Geldpolitik zu beginnen, wird die SNB unserer Einschätzung zufolge ein Nachzügler bleiben“, sagt Kamal Sharma, Direktor G10-Währungsstrategie bei BofAML. „Wir sind weiterhin der Ansicht, dass die SNB Euro-Franken klar über 1,20 gehandelt sehen möchte, bevor sie sich in Richtung einer Normalisierung bewegt“ fügte er an und bezeichnete dieses Niveau bis Ende des Jahres als „absolutes Minimum“.

Der Franken hatte im Jahresverlauf 2017 wieder Kurs auf 1,20 genommen und am 15. Januar 1,1833 zum Euro erreichte, den schwächsten Wert in drei Jahren. Die eidgenössische Währung notierte am Mittwochmorgen bei 1,1576 je Euro.

Trotz der Rally hat Julius Bär seine Prognose für den Franken-Kurs mit Sicht auf zwölf Monaten auf 1,20 gesenkt, nachdem die Bank im November noch von einem Kurs von 1,12 zum Euro für 2018 ausgegangen war.

Hinter der Franken-Schwäche stünde allgemein der erneute Appetit von Schweizer Investoren, ihr Geld im Ausland zu recyceln, sagt David Kohl, Leiter der Devisenanalyse bei Julius Bär. Während der Euro-Krise und einer gewissen Zurückhaltung gegenüber Europa seien private Anleger in der Schweiz zögerlich gewesen, ihr Geld im Ausland zu recyceln, „und das hat sich seit dem letzten Jahr ein wenig geändert“.

Sobald diese Flüsse wieder ausgewogener werden, dürfte die Überbewertung des Schweizer Frankens „wahrscheinlich auch ohne die Hilfe der Schweizerischen Nationalbank verschwunden sein“, erwartet er. Seine veränderte Prognose zeige auch, dass sich die SNB langsamer bewegt als die EZB, und dass es in Italien „weitaus weniger wichtige“ politische Risiken gebe als befürchtet, was die Nachfrage nach dem Franken als sicherem Hafen verringere.

Nach Einschätzung von Jeremy Stretch, Leiter G10-Währungsstrategie bei CIBC, wird der Franken im ersten Quartal 1,15 erreichen – eine der bullishsten Annahmen. Er geht jedoch davon aus, dass die jüngste Stärke „nur vorübergehend“ ist und plant, seine Prognosen an die vermehrte Schwäche anzupassen, wobei er für 2019 einen Kurs von 1,20 sieht. Im Median der Prognosen aus einer Bloomberg-Umfrage wird 1,20 Franken je Euro bis Ende 2018 erwartet.

Für den pessimistischsten Prognostiker verzögert der jüngste Anstieg nur einen unvermeidlichen Rückgang. ING Bank NV rechnet nun mit dem Erreichen der Marke von 1,20 im zweiten Quartal – statt im ersten Jahresviertel – und erwartet 1,25 bis Ende des Jahres.

„Wir haben die Franken-Stärke teilweise unterschätzt“, sagt Viraj Patel, Währungsstratege bei ING. „Wir erwarten jedoch, dass er 2018 wieder den Status einer Finanzierungswährung zurückerlangen wird.“

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