Die Geschichte des Bitcoin Eine Pleite führte zum globalen Durchbruch

Der heutige Erfolg des Bitcoins ist eine Überraschung, selbst für Experten. Zu Beginn standen vor allem Probleme. Doch dann kam der Erfolg in Japan – und die Euro-Krise befeuerte den weltweiten Erfolg der Cyberwährung.

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Banken zittern, Spekulanten jubeln: Aber was steckt wirklich hinter Bitcoin, Ethereum und Co.? In einer Serie behandeln wir die Welt der Digitalwährungen. Alle Teile finden Sie hier.

Tokio In Japan steht derzeit einer der Geburtshelfer des Bitcoins, der ersten virtuellen Währung, vor Gericht: Mark Karpelès, 31, der letzte Betreiber der einst größten und jetzt bankrotten Bitcoin-Börse Mt. Gox. Smart sieht er am ersten Verhandlungstag Anfang Juli aus. Die T-Shirts, sein Markenzeichen aus den frühen Startup-Tagen, hat er gegen einen Anzug getauscht und deutlich abgespeckt.

Der Grund ist schlicht: In einem Fall, der in der globalen Finanzwelt für Aufsehen sorgt, geht es um seine Freiheit. Und da muss man in Japan vor Gericht besser repräsentabel aussehen, besonders wenn die Staatsanwaltschaft einem Veruntreuung und gefälschte Transaktionen vorwirft. Das sind auch in Japan keine Kavaliersdelikte.

Viel Geld soll der Franzose von Mt.Gox für eigene Zwecke abgezweigt haben, unter anderem, um sich ein Luxusbett anzuschaffen. Darüber hinaus wird ihm zur Last gelegt, mit einem Handelsbot Bitcoin-Transaktionen gefälscht zu haben, bevor sein Handelsplatz 2014 spektakulär pleite ging. 850.000 Bitcoins im Wert von damals 450 Millionen Euro verschwanden seinerseits, geklaut von einem Hacker, deutete Karpelès einst an. Und auch am ersten Verhandlungstag bleibt der Franzose seiner bisherigen Verteidigung treu: Er plädiert auf nicht schuldig.

Mit Spannung wird nun nicht nur in der Bitcoin-Gemeinde erwartet, wem die Richter folgen. Denn mit Karpelès steht der führende Repräsentant der erfolgreichsten Finanzinnovation seit Jahrzehnten vor Gericht. Bitcoin ist die erste jener neuen Kryptowährungen, die derzeit die Finanzwelt erobern und mit ihrer Technik revolutionieren.

Inzwischen gibt es kaum eine Bank oder Zentralbank, die nicht bereits die Kernidee des Bitcoins studiert, Transaktionen dezentral in einer sogenannten Blockchain-Datenbank aufzuzeichnen und so ohne zentrale Klärungsstelle Geld zwischen zwei Teilnehmern zu transferieren. Damit würden die Transaktionskosten drastisch fallen.

Die weltweite Aufmerksamkeit ist ein großer Erfolg für eine Währung, die noch sehr jung ist und deren Ursprung für Außenstehende im Nebel liegt. Hier ist ihre Geschichte.


1. Akt: Der Mythos des Satoshi Nakamoto

Im Jahr 2008, als Barack Obama zum neuen US-Präsidenten gewählte wurde, veröffentlichte eine Person oder eine Gruppe unter dem japanischen Namen „Satoshi Nakamoto“ ein Weißbuch, das eine dezentral verwaltete Währung konzipierte, vollständig befreit vom Zugriff der Staaten und Banken. „Benötigt wird ein elektronisches Zahlungssystems, dass auf einem kryptografischen Beweis anstelle von Vertrauen basiert, und es zwei Parteien erlaubt, direkt und ohne einen Mittelsmann, dem sie vertrauen, miteinander zu handeln“, schrieb der Unbekannte namens Nakamoto damals. Ob es sich beim Erfinder wirklich um einen Japaner handelt, ist zweifelhaft,

Programmierer und andere Enthusiasten griffen die Vision auf, 2009 wurde die Idee in die Tat umgesetzt. Schon bald startete der erste Handelsplatz, an dem digitale Münze in reales Geld getauscht werden konnte: Mt. Gox. Und das digitale Heil wie das virtuelle Unheil nahmen ihren Lauf.

Ursprünglich war das 2006 von dem US-amerikanischen Internetunternehmer Jed McCaleb gegründete Unternehmen eine Tauschbörse für elektronische Sammelkarten des Fantasy-Spiels „Magic: The Gathering Online“. McCaleb lieh sich den Anfangsbuchstaben eines jeden Wortes des Spiels und addierte einen Punkt sowie ein X für das englische „exchange“ – und fertig war der Name.

Doch 2010 las er über Bitcoin und witterte seine Chance. Er widmete Mt.Gox am 18. Juli 2010 zur Bitcoin-Börse um und verkaufte seine Internetseite schon im April 2011 an den damals 25-jährigen französischen Programmierer Mark Karpelès, der in Tokio mit seiner Firma Tibanne Geschäfte machte. Die Börse groß zu machen, würde mehr Zeit erfordern als er derzeit habe, teilte McCaleb damals mit. „Daher habe ich mich entschieden, die Fackel an jemanden zu übergeben, der besser befähigt ist, die Internetseite auf die nächste Ebene zu führen.“

Ob dies der wahre Grund war, oder ob ihm die Softwareprobleme zu viel wurden, die Mt. Gox immer wieder plagten, ist unklar. Immerhin gründete McCaleb 2011 die Bitcoin-Kopie Ripple und später Stellar, eine weitere Technik des kryptografischen Zahlungsverkehrs. Nur eines steht fest: Seine Entscheidung sollte weitreichende Folgen zeitigen. Das Epizentrum des kommenden Krypto-Booms verschob sich nach Japan.


2. Akt: Wilder Westen im fernen Osten

Dass die neue Börse Mt. Gox und ihr revolutionäres Angebot an Krypto-Währungen nicht in den USA oder Europa auf fruchtbaren Boden fiel, sondern zunächst in Ostasien, war anfangs vielleicht ein glücklicher Zufall. Vor allem das Hochtechnologieland Japan bot fruchtbaren Boden. Die Finanzaufsicht ignorierte den Handelsplatz lange und ermöglichte damit ein sagenhaftes Wachstum in Wild-West-Manier. Gleichzeitig gab es vor Ort schnell einen wachsenden Kreis von Bitcoin-Fans, die in die Währung investierten.

Einer der wichtigsten Wegbereiter der Währung war der gebürtige Kalifornier Roger Ver – der erste Bitcoin-Multimillionär der Welt. Nach einem Konflikt mit der US-Justiz zog der ehemalige Ebay-Verkäufer 2007 nach Tokio um, der Liebe wegen. 2010 fand er eine weitere Leidenschaft: In einem Radioprogramm hörte über die neue Wunderwährung. „Ich googelte nach Bitcoin, setzte die Puzzlesteine zusammen und wurde verrückt nach der Währung“, erinnert er sich heute. Ver stieg rasch in die Bitcoin-Welt ein.

Ums schnelle Geld ging es ihm zunächst nicht. „Wie die große Mehrheit der Bitcoin-Unterstützer bin ich ein Anhänger des Libertarismus “, erzählt Ver. Diese Ideologie lehnt den Staat ab, setzt auf die volle Willensfreiheit des Menschen. Eine Währung, die einen unkontrollierten Geldtransfer erlaubt, war daher voll nach seinem Geschmack.

Darüber hinaus witterte Ver allerdings auch großes Gewinnpotenzial. Bald schon kaufte er über Mt. Gox für 25.000 Dollar seine ersten Bitcoins. Und er tat dies wieder und wieder. Heute ist er überdies einer der größten Produzenten im sogenannten Bitcoin-Mining. Die Minenbesitzer graben nicht etwa nach Gold oder Kohle, sondern erschaffen in Rechnerparks mit Rechenleistung nach dem Lösen hochkomplexer Aufgaben Bitcoins. Ver hat gerade erst für zehn Millionen US-Dollar Computer gekauft, deren Kapazität er untervermietet. Ein lukratives Geschäft: „Gestern habe ich Mining-Verträge im Wert von 1,5 Millionen US-Dollar verkauft“, verrät er dem Handelsblatt.

Doch Ver investierte nicht nur, sondern predigte auch. So gründete er in Tokio einen Bitcoin-Zirkel, in dem sich bis heute fast wöchentlich 50 bis 100 Fans zum Palaver treffen. Die Mehrheit sei Ausländer. „Ich weiß nicht, warum, aber anscheinend mögen sehr viele Libertäre Japan“, meint er zu diesem Zufall.

Außerdem war er die erste Person, die in Bitcoin-Startups investierte. Überdies führte er in seinem amerikanischen Onlinehandel für Computerteile als erster Bitcoins als Zahlungsmittel ein. Das Beispiel machte damals Schule und die Runde in den weltweiten Medien. Ver hatte seinen Spitzennamen weg: Bitcoin Jesus.

Doch im Gegensatz zu diesem lebt Ver nicht in Armut, sondern behielt die Bitcoins, die er in seinem US-Handel verdiente. So wurde er reicher und reicher. Schließlich stieg der Bitcoin-Kurs immer weiter. Der Höchstwert lag dieses Jahr bei 3.000 US-Dollar pro digitaler Münze.

 


3. Akt: Die Euro-Krise befeuert den globalen Durchbruch

Ein wichtiger Katalysator für den Durchbruch des Bitcoins außerhalb Asiens wurde ausgerechnet die Euro-Krise. Zunächst hatten nur Computernerds und – so ein viel geäußerter Vorwurf – Kriminelle das neue Finanzprodukt genutzt, um Geld unkontrolliert am Fiskus und der Polizei vorbei international zu transferieren. Doch als 2012 im Zuge der Euro-Krise Zypern mit seiner hohen Anzahl russischer Millionäre in die Krise rutschte, explodierte die Zahl neuer Konten bei der Börse Mt.Gox, die damals rund 90 Prozent des Handels abwickelte.

Die Zahl der neuen Mitglieder sprang von 10.000 pro Monat im Herbst 2012 auf zuletzt 20.000 pro Tag im April 2013. Der Umlauf von Bitcoin schnellte nach damaligen Schätzungen von 60 Millionen auf eine Milliarde US-Dollar nach oben. Und prompt hatte die gerade zu Prominenz gekommene neue Währung ihre erste weltweit beachtete Krise – ausgerechnet wegen des Pioniers, Mt. Gox.

Für mehr als zwölf Stunden gingen die Server des Unternehmens damals in die Knie. Der Bitcoin-Kurs kollabierte. Und plötzlich war Mt.-Gox-Besitzer Karpelès ein gefragter Interviewpartner der weltweiten Finanz- und Technikpresse, und vermarktete sich als einer jener Startup-Helden, die gegen technische Widrigkeiten die Welt verbessern und reich werden wollen.

Die Schaltzentrale des vermeintlichen Mt.-Gox-Finanzimperiums belegte zu dieser Zeit eine Etage in einem kleinen Bürogebäude des Tokioter Stadtteils Shibuya. Einige Schreibtische standen im Großraumbüro, ein Sitzball rollte umher. Zur Entspannung diente der Belegschaft ein schwarzer Massagesessel mit Sprachsteuerung.

Mark Karpelès ließ seinen Kopf von einem Dyson-Ventilator kühlen, als er der Presse die Probleme mit einer Kombination aus einer Hackerattacke und den Auswirkungen des Bitcoin-Booms erklärte. „Wir haben schlicht nicht mit dem plötzlichen Ansturm gerechnet und kamen nicht mit Aufrüstung der Server und der Software hinterher“, sagte er damals.

Die Zeitlücke zwischen Zahlungsauftrag und -eingang wuchs auf Stunden. Aber er mache sich keine Sorgen über die Zukunft, erklärte der Franzose. Er sehe Bitcoin vielmehr als Vorbote einer neuen Währungswelle. „Vielleicht wird Bitcoin verschwinden“, gestand Karpèles damals. Aber die Währung sei nur die Spitze eines Eisbergs. „Wir stehen auf der Schwelle zu etwas Neuem. Bitcoin gibt nur die Form der Dinge vor, die noch kommen werden.“


4. Akt: Der Pionier geht pleite, die Entwicklung weiter

Zwar brachte Mark Karpelès für kurze Zeit Mt.Gox wieder zum Laufen. Aber die Probleme häuften sich. Die Transaktionen auf Mt. Gox stoppten bald wieder. 2014 meldete Karpelès’ Firma dann Insolvenz an. Ohne Erfolg verhaftete die Polizei den nun arbeitslosen Börsenchef immer wieder, um ihm ein Geständnis abzupressen. Ohne Erfolg.

Der Zusammenbruch von Mt.Gox war allerdings nicht nur für den Franzosen und seine Kunden ein Einschnitt, sondern für die gesamte Bitcoin-Gemeinde. Viele verloren ihr Geld – wie Kolin Burges. 2.600 Bitcoins hatte er der Börse anvertraut, damals umgerechnet 260.000 US-Dollar wert, kürzlich theoretisch sogar fast das Dreifache. 2014 stand der Wahl-Japaner vor der Mt.-Gox-Zentrale und forderte vor laufenden Kameras Rechenschaft von Karpelès über den Verbleib der verschwundenen Münzen. Heute sitzt er in einer typisch japanischen Grillkneipe in Tokios Stadtteil Okubo.

Der Programmierer ist gerade dabei, von England nach Tokio überzusiedeln. Doch der Stachel über den finanziellen Verlust sitzt tief. Burges nimmt Karpelès zwar ab, ein chaotisches Unternehmen aufgekauft zu haben, aber nicht seine Unschuldsbeteuerungen. „Ich denke, er war schon immer ein Schwindler, nur hat es niemand gemerkt.“

Der Liebe zu Bitcoins und anderen digitalen Währungen hat die Enttäuschung allerdings keinen Abbruch getan. An der Stätte seines größten Verlusts will Burges sein derzeitiges Hauptgeschäft weiter betreiben: das Investieren in neue Währungen. „Wir stehen an einer neuen Stufe der Entwicklung“, meint er, „Bitcoin 2.0 und die zweite Generation digitaler Währungen.“ Mit diesem Optimismus ist er nicht allein, immer mehr Kleinanleger entdecken die Krypto-Währungen für sich.

Der Bitcoin hat Konkurrenz bekommen. 2014 versuchten viele Programmierer noch, den Platzhirsch zu klonen, was keiner Revolution gleichkam. Doch seither ist viel passiert: In der realen Welt sind lediglich drei Jahre seit dem Konkurs von Mt. Gox vergangen – in der Krypto-Welt aber eine kleine Ewigkeit.

Inzwischen sind neue digitale Währungen mit besserem Programmcode und weiteren Funktionen entwickelt worden. Einige von ihnen stehen bereits vor dem Durchbruch und könnten den Bitcoin überflügeln. Der eilt zwar von Rekordhoch zu Rekordhoch, steht aber auch vor einer Weggabelung, an der sich die Zukunft des Krypto-Pioniers entscheiden könnte.


5. Akt: Alte Gräben und neue Gegner

Fakt ist: Der Bitcoin steht heute am Scheideweg. Andere Währungen und Anwendungen könnten ihn überflügeln. Und dem Pionier selbst droht die Spaltung; die Community ist zerstritten über den besten Weg in die Zukunft.

Die neuen Währungen bieten zunächst einmal komplexere Funktionen, die dem Bitcoin den Rang ablaufen könnten. Immer neue Ideen sprießen, da die Investoren derzeit die Szene mit Geld übergießen. „Es herrscht Goldgräberstimmung“, meint Programmierer Kolin Burges, „es ist verrückt dieses Jahr.“

Einer der Favoriten für den Thron unter den Krypto-Währungen ist Ethereum, das sowohl Zahlungsmittel als auch Plattform für weitere Funktionen sein will. So kann Ethereum beispielsweise auch smarte Verträge abwickeln. Außerdem haben sich in der „Enterprise Ethereum Alliance“ rund 90 globale Banken-, Beratungs- und Softwarekonzerne versammelt, um neue Geschäftsideen auszuloten.

Am spannendsten findet Burges derzeit die App Gnosis, eine Art wettbasierter Vorhersagemarkt. Indem die Wettfreude der Weltbürger angezapft wird, können Auktionshäuser vor Kunstauktionen hier Einstiegspreise ermitteln oder neue Finanzinstrumente zur Risikoabsicherung entwickeln, wirbt das Unternehmen. Die Idee kommt an. Innerhalb weniger Wochen ist der Wert des Gnosis-Krypto-Gelds von null auf drei Milliarden US-Dollar explodiert. Und Burges ist überzeugt, dass dies erst der Anfang ist: „Gnosis kann wertvoller als Google werden.“

Die Bitcoin-Gemeinde selbst steht vor einer großen internen Herausforderung. Der Pionier steht vor dem Durchbruch vom digitalen Gold zum Zahlungsmittel. Und auch hier entwickelt sich das technologiefreundliche Japan zur ersten Spielwiese – der Mt.-Gox-Pleite sei Dank. Der Kreis schließt sich: Denn ausgerechnet der Kollaps des Handelsplatzes 2014 zwang Japans Finanzaufsicht, Regeln für digitale Währungen zu setzen. Und seit es diese Rechtssicherheit gibt, springen Banken und Unternehmen in Japan gerne auf den Bitcoin-Zug auf.

Die japanische Technikkaufhauskette Bic Camera zum Beispiel will nach einem ersten Feldversuch Bitcoin landesweit als Zahlungsmittel akzeptieren. Und der Einzelhandelskonzern ist nicht allein. Die japanische Börse Bitflyer sagt voraus, dass bis Jahresende 360.000 Geschäfte Bitcoins akzeptieren könnten.

Gelöst werden muss für den weiteren Siegeszug allerdings der Streit innerhalb der Bitcoin-Gemeinde. Diese hat sich just zum Zeitpunkt ihres größten Erfolgs in einem regelrechten Bürgerkrieg über die Frage zerreibt, wie der Weg zum wirklichen Zahlungsmittel weitergegangen werden soll. „Und der Streit wird sehr häßlich geführt“, sagt der Bitcoin-Prophet Ver. Die Verwandlung seines Spitznamens „Bitcoin Jesus“ in „Bitcoin Judas“ ist da noch eine der harmloseren Attacken, wenn man ihm glauben mag. Er habe auch härtere Drohungen erhalten. Dabei dreht sich der Streit um eine technische Beschränkung, durch die Währung an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit gestoßen ist.

Der „Block“, die Einheit, in der die Transaktionen regelmäßig abgewickelt werden, ist derzeit auf ein Megabyte beschränkt. Diese Größe wird inzwischen bereits regelmäßig ausgefüllt, weshalb Transaktionen immer langsamer und vor allem teurer werden. Ver und seine Verbündeten wollen die Größe der Blocks am liebsten immer weiter ausdehnen, um Bitcoin im extremsten Idealfall sogar als Weltwährung nutzen zu können. Die Gegner sehen darin allerdings die Gefahr, dass riesige Blockgrößen eine immer zentralere Verwaltung erfordern und damit ein Merkmal der Währung aufs Spiel setzen: die dezentrale Verwaltung.

Stattdessen will eine einflussreiche Gruppe um die Kernentwickler von Bitcoin die Größe der Blocks zwar anheben, aber limitieren, und ein Code-Upgrade namens Segregated Witness (SegWit) aktivieren. Vor allem würde dies erlauben, eine neue Anwendung auf Bitcoin aufzusetzen, die Transaktion größtenteils „offchain“ abwickelt. Die Transaktionen würden dann erst zeitversetzt in die Blockchain geschrieben. Die Befürworter dieses Schritts sehen darin die ultimative Lösung des Skalierungsproblems. Die Gegnern wettern allerdings, dass damit das Grundprinzip von Bitcoin abgeschafft würde: der direkte Zahlungsverkehr zwischen zwei Parteien basierend auf kryptografischem Vertrauen. Denn mit der neuen Methode würde ein dritter Teilnehmer in die Transaktion eingebunden.

Aktuell hat sich ein Kompromissvorschlag durchgesetzt zwischen Programmierern und Minern, „BIP 91“ genannt. Die Blockgröße wird auf zwei Megabyte erhöht, die weitere Entwicklung ist offen. Doch final entschieden ist noch nicht, wie der Bitcoin sich in Zukunft entwickeln wird. Pionier Ver hält es für wahrscheinlich, dass sich die Bitcoin-Gemeinde über kurz oder lang in zwei oder sogar mehrere Zweige spalten wird. In einem ist er sich sicher: Egal, wie der Kampf ausgehen wird, mit Bitcoin wird es weitergehen. So oder so. 

Die Serie

Banken zittern, Spekulanten jubeln: Aber was steckt wirklich hinter Bitcoin, Ethereum und Co.? In einer Serie behandeln wir die Welt der Digitalwährungen. Bisher erschienen:

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