Drosselung der Ölproduktion Russland lässt die Opec zappeln

Große Überraschung an den Finanzmärkten: Die Opec will ihre Förderung drosseln, daraufhin steigt der Ölpreis. Doch der Fördergigant Russland macht bisher nicht mit. Das Land meldet sogar neue Rekorde bei der Produktion.

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Im September ist die tägliche Durchschnittsförderung auf 11,1 Millionen Barrel gestiegen – der höchste Wert in der postsowjetischen Ära. Quelle: dpa

Moskau Doppelter Grund zur Freude beim russischen Finanzministerium: Während die Ölpreise aufgrund der Opec-Einigung über eine Drosselung der Petrolproduktion nach oben gehen, strebt Russland selbst einem Rekordergebnis entgegen. Im September ist die tägliche Durchschnittsförderung auf 11,1 Millionen Barrel gestiegen – der höchste Wert in der postsowjetischen Ära.

Das geht aus den vorläufigen Zahlen des russischen Energieministeriums hervor. Lediglich 1987 war das Förderniveau mit 11,4 Millionen Barrel pro Tag höher.

Gegenüber dem August bedeutet das Ergebnis eine Steigerung von 400.000 Barrel pro Tag. Kein Wunder, dass Energieminister Alexander Nowak, der der Opec-Sitzung beiwohnte erklärte, für Russland sei das Einfrieren der Förderung auf September-Niveau die optimale Lösung. „Die Frage ist verhandelbar. Wir wollen natürlich, dass alle Länder, die sich am Einfrieren beteiligen, zufriedengestellt werden. Für uns ist das auf dem derzeitigen Niveau am vorteilhaftesten“, sagte er.

Russland hat sich der Einigung bislang noch nicht angeschlossen. Während Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag nicht Moskaus Bereitschaft zur Drosselung der Ölförderung kommentieren wollte und die Frage an das Energieministerium verwies, bezeichnete der Experte des russischen Öl- und Gasförderverbands Rustam Tankajew die Wahrscheinlichkeit als hoch, dass sich Russland der Einigung anschließt. Wahrscheinlichster Zeitpunkt ist das nächste Opec-Treffen im November.

Nowak selbst betonte allerdings, Moskau werde seine Entscheidung im Hinblick auf die aktuelle Marktsituation treffen. Im Klartext: Steigen die Ölpreise jetzt stark an, wird sich Russland das Einfrieren wohl noch einmal überlegen. Tankajew geht freilich davon aus, dass der Ölpreis sich durch die Einigung allenfalls stabilisiert, aber nicht durch die Decke geht. „Höher als 55 Dollar wird es kaum gehen“, sagte er.


Russland braucht die Öl-Einnahmen dringend

Russland braucht die Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor dringend. Immer noch wird der Haushalt zu 40 Prozent aus dem Export von Energieträgern finanziert. Trotz massiver Sparmaßnahmen droht Russland für das laufende Jahr die angepeilte Defizitgrenze von gut drei Prozent zu überschreiten. Derzeit streitet sich die Regierung darüber, ob die Petrolindustrie stärker zur Kasse gebeten werden soll, oder die Förderung weiter angekurbelt wird.

Die Kapazitäten für einen weiteren Ausbau sind zumindest kurzfristig da. Insgesamt rechnet das Energieministerium in diesem Jahr mit einer Förderung zwischen 540 und 545 Millionen Tonnen in Russland. Auf der nordsibirischen Jamal-Halbinsel haben Gazprom Neft und Rosneft gerade die Lagerstätte Messojacha Ost in Betrieb genommen, Lukoil im Kaspischen Meer das Öl- und Gasfeld Filanowski mit geschätzten Ölreserven von 220 Millionen Tonnen.

Beide Lagerstätten gehören allerdings schon zu den schwer erschließbaren. Die Kosten für die Förderung werden also deutlich steigen. Der russische Branchenriese Rosneft beispielsweise schätzt, dass der Anteil seiner schwer erschließbarer Ölreserven  von derzeit sieben auf elf Prozent im Jahr 2020 steigt. Die Förderkosten liegen dabei zwischen zehn und 35 Dollar pro Barrel. Zum Vergleich. Heute liegen die Rosneft-Förderkosten bei durchschnittlich noch bei 2,10 Dollar pro Barrel.

Langfristig warnt die Ölindustrie daher vor einer Stagnation und sogar dem Abfall der Produktion. Nowak räumte einen Rückgang der Investitionen im Ölsektor auf Dollarbasis ein. Dies sei keine Besonderheit Russlands, sondern eine globale Tendenz. „Ich habe schon gesagt, der Rückgang in den nächsten Jahren kann sich auf bis zu einer Billion Dollar belaufen“, die Folgen für die Förderung seien negativ, mahnte Nowak.

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