Elsässers Auslese

Lieber in Innovatoren oder Imitatoren investieren?

Markus Elsässer Value Investor

Die Analyse der Unternehmenskultur ist für den Investor von großer Bedeutung. Dabei wird meist übersehen, dass es nur zwei Ur-Typen von Unternehmen gibt: Innovatoren und Imitatoren. Die Firmenkultur muss dazu passen.

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Sollten Investoren auf Innovatoren oder Imitatoren setzen? Quelle: Fotolia

Von außen kann man es nicht auf den ersten Blick erkennen. Für den Investor, auf der Suche nach einer guten Aktienanlage, ist die Beantwortung der Frage gar nicht so einfach: Um was für einen Typ von Unternehmen handelt es sich? Ist die Firma ein waschechter Innovator oder ist es eher ein vertriebsorientierter Imitator? Ist dieser Punkt geklärt, dann muss geprüft werden, ob die Firmenkultur des Unternehmens - die Corporate Culture - auch stimmig zum Geschäftsmodell passt.

Wenn Unternehmen diszipliniert ihrem Business-Ansatz folgen und mit den richtigen Leuten arbeiten, dann können sie sowohl als Imitatoren als auch als Innovatoren langfristig überdurchschnittliche Erfolge erzielen.

Unter den Investoren werden die Aktien, die einen Ruf als Innovator genießen, favorisiert. Es ist aber eher eine Geschmacksfrage, in welcher Kategorie von Firma der Aktionär sich besser aufgehoben fühlt. Innovatorisch geprägte Aktiengesellschaften haben nicht von vornherein einen Vorsprung. Der Risikograd ist bei den Innovatoren höher. Die Ergebnisentwicklung ist weniger prognostizierbar. Dafür besteht die realistische Chance, dass die Aktie plötzliche Kurssprünge macht und zu neuen Ufern aufbricht.

Diese Investmentlegenden sollten Anleger kennen
Benjamin Graham (1894 - 1976) Graham wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, nachdem seine verwitwete Mutter alles Hab und Gut durch Aktienspekulationen verloren hatte. Der Ausnahmeschüler schloss bereits mit 20 Jahren sein Studium ab und arbeitete anschließend an der Wall Street, wo auch die New Yorker Börse beheimatet ist. Später lehrte er an der Columbia University Wirtschaftswissenschaften. Sein Buch "Security Analysis" (1934) gilt als Standardwerk, die spätere populärwissenschaftliche Version "Intelligent Investor" gilt als Bibel der sogenannten Value-Investoren und war ein Bestseller. Quelle: Wikimedia Commons CC BY-SA 4.0 ,Equim43
André Kostolany Quelle: dpa/dpaweb
Warren Buffett Quelle: REUTERS
George Soros Quelle: dpa
Jens Ehrhardt Quelle: Bert Bostelmann für WirtschaftsWoche

Fokussierte Unternehmen im Business-Segment „Imitator“ haben verlässlichere Geschäftsmodelle. Sie gehören zu den Gewinnern der Globalisierungswelle. Die Expansionsmöglichkeiten sind bei den erfolgreichen Imitatoren oft auf Jahre hinaus kalkulierbar. Ihr Potenzial als ein weniger schwankungsanfälliges Investment wird unterschätzt.

Was Innovatoren auszeichnet

Wenn man an „Innovatoren“ denkt, kommt einem unweigerlich Silicon Valley in den Sinn. Ohne Frage, die dominanten Aktiengesellschaften wie Alphabet (Google) und Apple haben mit ihrem ausgeprägt dynamisch-liberalen Arbeitsumfeld neue Maßstäbe in der innovativen Arbeit gesetzt. Hier stehen wir erst am Anfang eines neuen Typus von Firmenkultur.

Aber nicht alle amerikanischen Unternehmen, die seit langem mit Innovationen glänzen, brauchen eine Art „Hippie-Kultur“. Der Konzern 3M ist ein wahrer Meister des rund herum innovativen Arbeitens und hat seine ganz eigene Firmenkultur geschaffen. Eine Atmosphäre, in der jeder einzelne zum Experimentieren motiviert wird.

Am Aktienmarkt sind fast alle Geldanleger als Investoren unterwegs. Ein Börsenspekulant will keiner sein. Doch das Spekulieren kann sich lohnen. Aber nur mit System.
von Markus Elsässer

Innovation ist also nicht zwingend an ein Turnschuh-Outfit, eine Kuschelecke und Partyräume im kalifornischen Stil gebunden. In Europa gedeihen extrem innovative Unternehmen durchaus mit hierarchischen Organisationsstrukturen. Hier wäre der erfolgreiche Weltkonzern L`Oreal zu erwähnen, der straff und zentralistisch von Paris aus gesteuert wird.

In den deutschsprachigen Ländern finden Aktienanleger hervorragende Innovatoren mit einer eher militärischen Führungsstruktur. Den Zugangs- und Türspezialisten Dorma-Kaba, hervorgegangen aus der Fusion der Schweizer KABA AG und der privaten deutschen DORMA Gruppe, würde ich hier erwähnen. Bei der Schweizer Sanitärfirma Geberit AG sehe ich den Fall ähnlich. Als Value-Investor mag ich diese alteingesessenen Unternehmen. Sie schaffen es, in einer traditionellen Firmenkultur, Mitarbeiter an sich zu binden, welche die Innovation dauerhaft vorantreiben.

Die Kunst des Top-Managements liegt darin, genau das Umfeld zu schaffen, in dem die letzten Reserven des innovativen Sich-Einbringens mobilisiert werden. Und dies ist nun einmal in jedem Land und in jeder Branche ein anderes.


Imitatoren sind gute Globalisierer

Die Stärke der Unternehmen, welche auf das Kreieren eigener Innovationen verzichten, liegt im hoch effizienten Auswalzen des Geschäftsmodells über den Globus. Während deutsche Firmen besonders erfolgreich exportieren können, sind die Amerikaner die naturbegabten Weltmeister des „Roll-Outs“. Mit ihrem Missionseifer und ihrem historischen Background einer Einwanderer-Pionier-Nation, sind sie es gewohnt, „Neuland vor Ort zu beackern“.

Die meistgehandelten Aktien Deutschlands
Platz 10: LufthansaNach einem leichten Kurs-Hoch von elf Euro im Februar, sackte die Lufthansa Aktie im Juni auf den seit 2009 nicht mehr erreichten Tiefstand von acht Euro ab. Derzeit ist der Lufthansa-Kurs ist im leichten Aufwärtstrend und pendelt sich auf einem Wert von 9,60 Euro pro Stück ein. ISIN: DE0008232125Gehandelte Stücke im ersten Halbjahr 2012: 614 Millionen Gehandeltes Volumen: 20 Milliarden Euro Quelle: dapd
Platz 9: SAPDie Aktie des Softwaregiganten befindet sich langfristig auf einem stetigen Aufstieg und konnte den Wert innerhalb der letzten 10 Jahre verdoppeln. Von kleinen Sprüngen nach oben und unten abgesehen, wird das Wertpapier gerade für ordentliche 47,66 Euro gehandelt und ist somit die teuerste Aktie unseres Rankings.ISIN: DE0007164600Gehandelte Stücke im ersten Halbjahr 2012: 663 MillionenGehandeltes Volumen: 16 Milliarden Euro Quelle: dpa
Platz 8: RWEDie Energiewende macht RWE nach wie vor zu schaffen. Die Aktie des Energieversorgers befinden sich zwar gerade wieder auf einem leicht steigenden Kurs, doch mit einem Wert von momentan 33,33 Euro je Aktie ist an den absoluten Spitzenwert von 99 im Jahr 2008 gerade nicht zu denken.ISIN: DE0007037129Gehandelte Stücke im ersten Halbjahr 2012: 722 MillionenGehandeltes Volumen: 11 Milliarden Euro Quelle: dapd
Platz 7: DaimlerDer Automobilhersteller landet momentan wieder auf demselben Kurswert, mit dem er zu Jahresbeginn gestartet ist: bei soliden 35 Euro pro Aktie. Die Frage ist nur, ob Daimler das bisherige Jahreshoch von 48 noch einmal toppen kann.ISIN: DE0007100000Gehandelte Stücke im ersten Halbjahr 2012: 986 MillionenGehandeltes Volumen: 20 Milliarden Euro Quelle: dapd
Platz 6: Deutsche PostDie Post-Aktie liegt gerade bei einem unspektakulären Kurs von 14 Euro. Abgesehen von kurzfristigen Kurs-Ausreißern hat sich der Wert in den vergangenen Jahren von den 14 Euro kaum wegbewegt.ISIN: DE0005552004Gehandelte Stücke im ersten Halbjahr 2012: 1.049 Millionen Gehandeltes Volumen: 30 Milliarden Euro Quelle: dapd
Platz 5: InfineonDie Aktie des Halbleiterherstellers ist mit fünf Euro pro Stück gerade fast schon ein Zocker-Schnäppchen. Auch wenn es 2009 mit einem unglaublichen Kurs-Tiefstwert von 0,36 schon mal düsterer ausgesehen hat.ISIN: DE0006231004Gehandelte Stücke im ersten Halbjahr 2012: 1.120 MillionenGehandeltes Volumen: 7 Milliarden Euro Quelle: dpa
Platz 4: Deutsche BankDas bisherige Jahreshoch der Deutschen Bank-Aktie lag im April bei einem soliden Kurs von 39 Euro. Inzwischen geht es wieder langsam bergab: 26,20 Euro pro Stück ist der aktuelle Wert - damit nähert sich der Kurs wieder verdächtig dem Tiefstand der letzten zehn Jahre von 21 Euro an.ISIN: DE0005140008Gehandelte Stücke im ersten Halbjahr 2012: 1.378 MillionenGehandeltes Volumen: 16 Milliarden Euro Quelle: dpa

Spitzenreiter in dieser Kategorie ist sicherlich Coca Cola aus Atlanta. Kaum einen Winkel in der Welt, der nicht schon von einem Coca Cola Landesvertreter aufgesucht worden ist. Zeichnet sich bei der Konkurrenz eine innovative Erfolgsgeschichte ab, so wird das Unternehmen aufgekauft oder an sich gebunden. Zuletzt ist dies im Segment der „Energy Drinks“ mit der Marke Monster passiert. Den Kaugummi-Weltmarktführer Wrigley würde ich in dieselbe Kategorie wie Coca Cola einordnen.

Noch am Anfang eines echten globalen „Roll-Outs“ steht Ecolab, ein Reinigungs-Chemikalien-Produzent aus Minneapolis. Wie kaum ein anderes Unternehmen regiert Ecolab über Heerscharen von Reinigungs-Beratern für Kantinen, Schulen und Krankenhäuser. Über Jahrzehnte hat Ecolab wertvolle Erfahrung in diesem Routine-Business in den Vereinigten Staaten aufgebaut. Hier geht es nicht um innovative Produktentwicklungen, sondern die tagtägliche Feinsteuerung des „People-Managements.“ Über die nächsten Jahrzehnte sind die Expansionsmöglichkeiten im Ausland aussichtsreich.

Diesen Investoren gehört der deutsche Mittelstand
Mary Callahan Erdoes, CEO der JP Morgan Privatbank Quelle: dpa
US-amerikanische Investmentgesellschaft Oppenheimer Funds Quelle: dapd
MFS International Quelle: dpa
Paul Singer, Gründer und CEO der Elliott Management Corporation Quelle: REUTERS
MFS Investment Management Quelle: dpa
Capital Research Global Investors Quelle: dpa
Capital World Investors Quelle: dpa

Gemischte Firmenkulturen – nein danke

Als Value-Investor glaube ich an die Kraft der Fokussierung auf eine Aufgabe: Innovation oder Imitation. Beide Geschäftsmodelle können an der Börse langfristig attraktive Anlagemöglichkeiten sein. Fehlt eine dieser beiden Komponenten, dann wäre ich als Aktionär skeptisch.

Vorsichtig bin ich auch, wenn ein Unternehmen beide Felder unter einem Dach abzudecken versucht: Ein wenig Innovator und ein bisschen Imitator. Dazu ist alleine schon das Kostendenken und die Margen-Kalkulation viel zu unterschiedlich. Das sind getrennte Welten.

Dies ist auch die Krux bei der Beurteilung des Pharmakonzerns Novartis in Basel. Forschende Pharmaindustrie auf der einen Seite und das Generikageschäft unter der Flagge Sandoz-Hexal auf der anderen. Diese ungewöhnliche Kombination zweier Geschäftsmodelle, die grundverschieden sind, war schon vor Jahren der ausschlaggebende Punkt, warum sich die Roche-Erben gegen eine Fusion mit Novartis ausgesprochen haben. Im Ergebnis ist Novartis dann ja mit seiner Roche-Beteiligung als „Finanzbeteiligung“ stecken geblieben.

Die Folgen des Brexit verschärfen die kritische Lage, in der sich der deutsche Aktienmarkt seit Wochen befindet. Von der Insel ausgehend bedrohen Kettenreaktionen das Festland - auch den langjährigen Aufwärtstrend im...
von Anton Riedl

Für mich ist der Menschentyp, der sich gern in ein Innovationsumfeld einbringen möchte, zu verschieden, von dem klassischen „Roll-Out-Imitator-Mitarbeiter“. Letzten Endes geht es ja um die Motivation, mit der sich auch ein großer Personalbestand mobilisieren lässt. Von den Finanz- und Bankanalysten, die nur selten in einem Industrieunternehmen gearbeitet haben, wird übersehen:

Für den Erfolg eines Unternehmens ist kaum ein Faktor so wichtig, wie der Wohlfühl-Effekt eines zufriedenen Alltags eines jeden Mitarbeiters.

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