Zunächst einmal ist das Suchfeld ohnehin schon beschränkt. Leider kann sich der Geldanleger nicht an so erfolgreichen Firmen wie Bacardi Rum, Jägermeister, der DM-Drogeriekette, Bofrost, Aldi und dem Schraubenimperium Würth beteiligen. Diese und unendlich viele andere erstklassige Unternehmen befinden sich zu 100 Prozent in Privatbesitz. Die Tür für den Geldanleger bleibt verschlossen.
Aber es gibt an den internationalen Börsen eine Anzahl von Aktiengesellschaften, die nach wie vor von den Gründern beziehungsweise Gründerfamilien kontrolliert oder geführt werden. In diesen Fällen befinden sich meist 30 bis 70 Prozent des Aktienkapitals in den Händen der Unternehmerfamilie. Erfahrene Börsianer wissen seit Jahrzehnten, dass es sich lohnt, nach diesen börsennotierten Familien-Firmen Ausschau zu halten.
Zur Person
Nach einer Industriekarriere ist Elsässer seit 1998 selbständiger Value Investor und gründete vor dreizehn Jahren den Value Fonds "ME Fonds - Special Values“ (www.aqualutum.de). Elsässer wuchs in London, Hongkong und Paris auf. Nach Banklehre und Wirtschaftsstudium in Köln arbeitete er in einer Wirtschaftsprüfungs-Sozietät, als Finanzdirektor bei Dow Chemical Deutschland, in Sydney für Benckiser und in Singapur für die Storck Gruppe. Darüber hinaus arbeitete er einige Jahre eng mit dem New Yorker Investor Guy Wyser-Pratte zusammen, mit dem er unter anderem 2001 gegen den Rüstungskonzern Rheinmetall zu Felde zog. Im Jahr 2012 gründete er mit dem Profifußballer Simon Rolfes das Sport-Management Unternehmen Rolfes & Elsässer - The Career Company.
Doch nicht alle Straßen führen nach Rom. Es gibt einige Punkte zu bedenken. Worauf ist zu achten?
Grundsätzlich gilt: Wenn die Gründerfamilien in der Vergangenheit den Nachweis erbracht haben, dass sie fair mit den Kleinaktionären umgegangen sind, und guten Managern das operative Geschäft überlassen haben, so ist dies eine hoch interessante Konstellation für den Geldanleger: Börsennotiz und privates Unternehmerdenken.
Der Vorteil für den freien Aktionär: Er hat einen „Aufpasser“ an Bord, der die Verhältnisse weit besser kennt als außenstehende Parteien. Bei dem privaten Großaktionär geht es um deutlich größere Vermögensbeträge. Er hat also weit mehr zu verlieren als alle anderen. Erfahrungsgemäß ist diese Verbundenheit mit der Gesellschaft vor allem in Krisenzeiten weit mehr wert, als nur fremde Manager im Aufsichtsrat sitzen zu haben.
Es ist das langfristige Verständnis für den eigentlichen Kern der Firma, welches Gründer und ihre Familien auszeichnet. Ich nenne dies den „Kinder-Frühstückseffekt“. Von klein auf wachsen viele Familienmitglieder zu Hause mit den Themen des Unternehmens auf. Alle Gespräche kreisen um die Probleme des Geschäftsalltags. Dieses unmerkliche Lernen, unzählige Erfahrungen aus der Branche und Unternehmensführung aufzusaugen, unterscheidet später den erwachsenen Familienunternehmer von einem einfachen Angestellten. Ich kenne einige Familienaktionäre, die genauso mit spitzen Ohren schon als kleine Kinder am Tisch saßen (oder sitzen mussten) und die ganze Litanei der Eltern oder des Onkels über den Betrieb über sich ergehen lassen mussten. Für viele ist das sicher nervig gewesen, aber eine ausgezeichnete Schulung. Sicher besser als manches Bachelor-Studium!