Elsässers Auslese

Warum die Investor Relations-Abteilung für Anleger wichtig ist

Markus Elsässer Value Investor

Jeder Konzern hat eine Abteilung für Investor Relations. Aktionäre und Investoren sollten diese mehr nutzen, denn wer es richtig anstellt, bekommt dort mehr als nur Informationsmaterial.

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Vor einem Investment sollte man sich nicht nur die Aktie eines Unternehmens ansehen, sondern auch dessen Investor Relations-Abteilung Quelle: dpa

In einer börsengelisteten Aktiengesellschaft muss die Investor Relations-Arbeit vernünftig organisiert sein. Der Aktionär hat einen Anspruch darauf, dass er im Verlauf des Jahres eine Anlaufstelle hat, welche sich um seine Belange und Fragen kümmert.

Die Art und Weise, wie die Aktiengesellschaften das Thema „Aktionärsbetreuung“ angehen, ist vielfältig. Ich habe bei meiner Research-Tätigkeit im Verlauf der Jahre wirklich alle Schattierungen kennengelernt. Bei mittelgroßen Gesellschaften, vor allem in der Schweiz, ist häufig die Assistentin des Finanzvorstands oder der Finanzchef selbst die zentrale Anlaufstelle.

Ich habe es mit Vollzeit Investor Relationsmanagern zu tun gehabt, die voller Begeisterung und Elan „ihre“ Aktiengesellschaft präsentierten. Sie haben mich mit ihrem profunden Wissen beeindruckt.

Zur Person

Dort habe ich viel – in kurzer Zeit und auf effiziente Weise - über die Gesellschaft gelernt und einen richtig guten Zugang zu der Branche und der Firma gefunden.

Investor Relations als Vorhut des Unternehmens

Auf der anderen Seite des Spektrums musste ich erleben, wie hoch bezahlte Investor Relations-Abteilungen, bestehend aus drei bis fünf Vollzeitbeschäftigten, sich als gelangweilte „Informationsmaterial-Aushändiger“ und „Vorleser“ von Power Point Präsentationen entpuppten. Das war jedes mal ein schockierendes Erlebnis. 

Manche Investor Relations-Manager waren blutjung, gerade auf ihrem zweiten Job und zuvor bei einer Bank beschäftigt. Bei anderen Aktiengesellschaften traf ich auf „alte Hasen“, die ihr halbes Leben in der Firma schon zugebracht hatten und quasi jeden Hosenknopf dort kannten.

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Mit einer seltenen Konstellation hatte ich es bei einem Besuch auf dem Lande nahe der österreichischen Grenze zu tun. Die Aktiengesellschaft, ein marktführender Nischenanbieter in der Metallverarbeitung, war nach zwei Generationen in Privatbesitz an die Börse gebracht worden. Die Gründerfamilien behielten weiterhin die Kontrolle über die Aktiengesellschaft, mit etwas über 60 Prozent der Anteile.

Der Investor Relationsmanager im Alter von etwa 40 Jahren nahm sich Zeit und gab sich viel Mühe. Er führte mich durch die Fabrikhallen. Er war ein wirklich kompetenter Mann und machte seine Sache gut. Erst gegen Ende des Gesprächs stellte sich heraus, dass er zur Gründerfamilie gehörte und selber in erheblichem Umfang Aktien besaß. Als der Börsengang anstand, hatte er sich ganz bewusst um die Position des Investor Relations-Managers bemüht. Es war ihm ein Anliegen, dass die neuen Aktionäre und Investoren den richtigen Eindruck von dem Unternehmen bekamen. Das hat mir imponiert.

Sie sehen, der Fächer der Investor Relationsbeauftragten ist breit. Worum geht es mir, wenn ich in Kontakt mit der Investor Relationsseite trete? Ich kontaktiere Investor Relations gezielt als „Test“. Für mich ist die Investor Relations-Anlaufstelle eine Art „Vorhut des Unternehmens“ in seinem Verhältnis zum Aktionariat.

Unfreundliche Antworten sind ein Warnzeichen

Mir geht es darum zu sehen, wie sich eine Aktiengesellschaft verhält, wenn der „Miteigentümer“, der Aktionär, sich meldet. Aus der Art und Weise, wie die zuständigen Personen reagieren, erhalte ich unmittelbar einen ersten Eindruck von der Corporate Culture und Aktionärskultur der Firma. Gerade wenn man die Aktiengesellschaften aus verschiedenen Ländern miteinander vergleicht, bekommt man schnell ein Gefühl, um was für einen „Laden“ es sich handelt.

Ich gehe nach folgendem Schema vor:

-Am liebsten greife ich zum Telefon und stelle gezielte Fragen. Werde ich an eine kompetente Person durchgestellt, die unvorbereitet Rede und Antwort stehen kann, dann ist das eine sehr gute Indikation.

-Ansonsten bitte ich um einen Rückruf. Wenn dieser tatsächlich erfolgt, bin ich ebenfalls erfreut.

-Meistens wird man jedoch am Telefon „abgewimmelt“ und gebeten, man möge doch seine Fragen per Email zusenden. Das mache ich dann auch; am liebsten zeitgleich an mehrere Aktiengesellschaften. Und dann wird es schon interessant: Wie schnell bekomme ich eine Antwort per Mail und vor allem in welcher Qualität wird mir geantwortet.

-Gar nicht erfreulich finde ich es als Aktionär, wenn die Antworten „schwammig“ ausfallen oder auf die Beantwortung einzelner Punkte „verzichtet“ wird.

-Sie glauben gar nicht, bei wie vielen Aktiengesellschaften Sie mehrfach „nachhaken“ müssen, bis man sich endlich herablässt, auf Ihre Emailanfrage einzugehen.

-Ich bitte immer um die Zusendung eines Geschäftsberichts. Meistens frage ich auch nach einigen Exemplaren aus den Vorjahren. Bei diesem Anliegen wird sehr unterschiedlich mit den Aktionären umgegangen. Vom schroffen Hinweis - „den können sie sich ja selber von der Website ausdrucken“, vom gedankenlosen Versand aus Australien per Seefracht (dauert etwa acht Wochen) bis zur prompten Kurierauslieferung am nächsten Tag (mit allem drum und dran, persönlichem Anschreiben, Visitenkarte und noch mehr Informationsmaterial als angefordert).

Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln

Das ganze Prozedere lohnt sich immer für Sie als Aktionär und interessierten Investor. Entweder kommen Sie mit Ihrem Wissen um die jeweilige Aktiengesellschaft richtig weiter und bauen einen guten Kontakt zum Unternehmen auf.

Oder Sie stellen in der Frühphase Ihres Investments fest, dass Sie als Investor nicht gerade freundlich behandelt werden. Das wäre für mich immer ein Alarmzeichen. Ich lege Wert darauf, mein Kapital keiner Aktiengesellschaft „aufdrängen“ zu wollen. Nutzen Sie die Investor Relationsbeauftragten als Barometer. Sie werden schon merken, ob man an Ihnen und Ihrem Geld interessiert ist.

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