Elsässers Auslese

Woran Aktionäre den besten Verkaufszeitpunkt erkennen

Markus Elsässer Value Investor

Aktien zu kaufen fällt den meisten Geldanlegern leicht. Das hat mit dem Besitztrieb des Menschen zu tun. Doch wann sollte man verkaufen? Drei Wege zur richtigen Verkaufsstrategie. Eine Kolumne.

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Börse Frankfurt Quelle: AP

Es ist erwiesen, dass eine richtige Verkaufsstrategie für den langfristigen Erfolg viel bedeutsamer ist als der Kaufzeitpunkt. Kaum ein Aktionär macht sich dazu konkrete Gedanken. Eine konsequente Exit-Strategie fehlt in der Regel.

Wir haben es hier mit einem typischen, börsenpsychologischen Verhaltensmuster zu tun. Welchen Zyklus durchläuft der Anleger nach dem Kauf einer Aktie? Ist der Aufbau einer Aktienposition erst einmal abgeschlossen, ist der erste Drang, seinen Plan in die Tat umzusetzen, abgeschlossen. Doch schon bald setzt beim frisch gebackenen Aktionär eine Erwartungshaltung ein: Jetzt, wo man die schönen Aktien in seinem Depot hat, sollte doch bitteschön der Kurs recht bald steigen. Wenn dem nicht so ist, setzt eine gewisse Enttäuschung und Verdrossenheit ein. Es wird emotional - als ob die Kursnotiz es auf den speziellen Aktionär "abgesehen" hätte.

Auf der anderen Seite setzt im Falle anziehender Börsenkurse eine leichte Euphorie und Zuversicht ein. Schnell kommt das Gefühl auf, an der Börse "über Wasser gehen zu können". Fällt hingegen das Börsenbarometer kurz nach dem Einstieg, so wird der Aktionär von einer Art Beklommenheit ergriffen. Mulmig liegt es ihm immer schwerer im Magen. Es schwant ihm: "Könnte es sein, dass ich die Lage falsch eingeschätzt habe?" Die Angst, dass ein Fehlinvestment ihn teuer zu stehen kommen könnte, wird spürbar.

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In dieser Situation ist zudem häufig die Haltung anzutreffen: Augen zu vor der Realität und sich alles schön reden. Leicht verfällt der frustrierte Aktionär in die Rolle des schimpfenden Rechthabers: "Die Börse spinnt mal wieder. Das sind doch alles Idioten". Schon der verstorbene Altmeister aus Ungarn, André Kostolany, hat gesagt: "Nirgends trifft man mehr Dummköpfe auf einem Quadratmeter in der Welt als auf dem Börsenparkett."

Doch ganz egal, wie sich die Kurse direkt nach dem Kauf entwickeln und wie der Aktionär geneigt ist, die Sachlage zu betrachten, ab jetzt heißt es: Wann steige ich aus? Und zu welchem Kurs?

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Die meisten Aktionäre drücken sich um diese Entscheidung. Sie lassen es darauf ankommen und machen es ganz von den jeweiligen Umständen abhängig. Und das ist ein Fehler. Deshalb sind auch die meisten Anleger so anfällig für Medienschlagzeilen: Panik und Euphorie in den Nachrichten schlagen massiv durch. Aus diesem Grund ist es auch so selten, dass Anlagestrategien längere Zeit durchgehalten werden. Hier liegt auch der Grund für das weit verbreitete prozyklische Verhalten der Anlegerschar. In einer massiven Börsen-Baisse wird typischerweise zu spät und zum Tiefstkurs verkauft. In einer Phase der extremen Börsenüberhitzung, wie zum Beispiel im Telekom-Boom der Jahre 2000 bis 2002, wird aufgrund des Massentriebs sogar auf der Kursspitze noch mit Begeisterung im Taumel nachgekauft.

Das Fehlen einer Exit-Strategie äußert sich auch in dem sogenannten Fachterminus „Halteposition". Eine Halteposition bei Aktien gibt es im Grunde genommen gar nicht. Eine Aktie kann man nur kaufen oder verkaufen. Dazwischen gibt es nichts. Denn, wenn ein Aktionär eine Aktie "hält", dann entschließt er sich de facto jeden Tag aufs Neue diese Aktien zu kaufen. Denn jeden Tag steht ihm der Kurs-Gegenwert zu. Wenn er also seine Aktie "hält", dann entschließt er sich somit, an diesem Tag die Aktie zu diesem Kurs zu kaufen. Er hätte ja mit dem Geld in eine andere Aktie investieren können. Dazu hat er sich aber nicht entschlossen.

Das hören die Geldanleger gar nicht gern, oder streiten dieses Faktum ab. Denn ab einem gewissen Kursniveau - sei es nach unten oder oben - möchten sich die meisten Anleger um eine solche Entscheidung "herumdrücken". Warum? Weil sie nicht wissen, was sie tun sollen. Die Exit-Strategie fehlt. Deshalb beruhigen sie sich, in dem sie die Aktie ja nur "halten“, also angeblich keine Entscheidung treffen. Das ist eine Art von Selbstbetrug.

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