Ich unterscheide grundsätzlich zwischen zwei Familien-AG-Konstellationen:
1. Die ideale Ausgangsbasis: Der Gründer und Pionier ist noch an Bord und hält die Zügel in der Hand. Da gibt es einige Super-Erfolgsbeispiele. Bei der Optikerkette Fielmann ist Günther Fielmann die herausragende Figur. Ein Branchenpionier. Schauen Sie sich einmal die Kursentwicklung der vergangenen zehn Jahre an und Sie werden staunen. Gleiches gilt für die Dividendenentwicklung. Hier profitiert der freie Aktionär eins zu eins vom Lebenswerk des Großaktionärs.
Gleiches gilt für den weltmarktführenden Konkurrenten Luxottica. Eine der besten Aktien an der Mailänder Börse. Auch hier geht alles auf den überragenden Unternehmer Leonardo Del Vecchio zurück. Die prägende Figur, auf die sich die Aktionäre seit Jahren verlassen können.
Doch aufgepasst: Das ist nicht bei allen Pionierunternehmern an der Börse so. Es kommt ganz auf die charakterliche Haltung an. Arbeitet der Großaktionär gerne für seine Aktionäre? Oder empfindet er sie als lästige „Trittbrettfahrer“?
Im letzteren Fall muss sich der Aktionär auf eine Schlittenfahrt gefasst machen. Kurse werden in einer Börsenkrise erst recht fallen gelassen und am Kurstief kommt dann ein Abfindungsangebot mit magerem Aufschlag. Der Großaktionär nutzt die Baisse in der Kursnotiz, um endlich seine Aktionäre loszuwerden. Er kann den Gedanken der „Mitesser“ nicht ertragen.
Eine Abfindung im Börsentief ist eine ganz unangenehme Sache, da der Kursverlust dauerhaft einzementiert wird. Die Gelegenheit die Kursverluste wieder aufzuholen, ist einem dann bei dieser Aktie dem Anleger für immer aus der Hand genommen. Genauso ist es vielen Aktionären vor über zehn Jahren bei der Bohrerfirma Hilti an der Züricher Börse ergangen. Das war ein echter Jammer.
2. Die zweite Generation oder nachfolgende Generationen sind am Drücker: Aus meiner langjährigen Erfahrung ist mir hier ein ganzer Katalog von Punkten wichtig:
a) die Vertreter der Nachfolge-Gründergeneration sollten sich öffentlich zu ihrem Unternehmen bekennen,
b) sie treten auch in Erscheinung,
c) sie leben privat vor Ort (und sind nicht in die Karibik oder nach Florida ausgewandert), der sogenannte „Kirchturmeffekt“,
d) sie entsenden ein Familienmitglied als aktiv und dauerhaft engagierten Aufpasser in das Unternehmen.
Als herausragende Beispiele möchte ich zwei Aktiengesellschaften erwähnen. Bei der Düsseldorfer Henkel ist die Familienentsandte Simone Bagel-Trah eine entscheidende Figur bei der Symbiose aus Management und Kapitalinteressen. Die Darmstädter Pharmazie- und Spezialchemiefirma Merck hat mit Frank Stangenberg-Haverkamp einen Familienclan-Vertreter in den Kontrollgremien, der wichtigen Einfluss auf die Entwicklung des Merck Konzerns genommen hat. Ich habe selten einen so hart arbeitenden Aktionärsvertreter erlebt. Unermüdlich ist er im Einsatz, bringt sich voll und ganz ein, reist unerschrocken in die hintersten Winkel der Emerging Markets, um am Puls des Geschehens zu sein. In beiden Fällen sind die Börsenerfolge der beiden Firmen sicher kein Zufall.