Erdgas Welche Aktien Gas geben

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Reserven für die nächsten 60 Jahre

Anfang November will Peter Dreide nach Australien reisen. Dort liegt das derzeit größte Projekt zur Erschließung neuer Gasvorkommen, Gorgon, das Reserven für die nächsten 60 Jahre birgt und von 2014 an allein acht Prozent der weltweiten Flüssiggasproduktion liefern wird. Der Fondsmanager hat sich einen Namen als gründlicher Rechercheur gemacht; so tourte er 2004 wochenlang durch kanadische Bergwerke, ehe er größere Beträge in die Besitzer der Minen investierte. In China besuchte er 2010 sechs Hersteller von Solarmodulen – und verkaufte sofort die Aktien der deutschen, nachdem er gesehen hatte, welche Kapazitäten die Chinesen aufbauten. In Australien will er sich vor Ort ansehen, wie die Verflüssigung des Gases und dessen Verschiffung genau funktionieren – wo Probleme und Risiken liegen und welche Firmen an dem Monsterprojekt beteiligt sein werden.

Chancen für große und kleine Unternehmen

Bislang veröffentlichen die Hauptbetreiber Chevron, Exxon und Shell nur den Kostenplan – rund 35 Milliarden Euro –, nicht aber die Firmen, denen sie Aufträge gegeben haben. Kandidaten sind neben Bechtel (nicht börsennotiert) Aker Solutions und Foster Wheeler; die beiden Anlagenbauer haben bereits andere LNG-Terminals gebaut und suchen derzeit intensiv Personal in Australien. Auch Luftzerleger wie Air Liquide und Linde dürften beteiligt sein. Linde betreibt bereits Anlagen zur Verflüssigung im großen Stil, etwa in Norwegen. Kunden sind Energiekonzerne wie Statoil. Linde schätzt nach eigenen Angaben das Marktpotenzial für Erdgasverflüssigung auf bis zu 23 Milliarden Euro bis 2030. Air Liquide ist traditionell stärker in Südamerika und bei kleineren, dezentralen Anlagen; die Franzosen dürften bei der Verflüssigung von argentinischem Erdgas im Rennen sein; das Land besitzt nach den USA und Australien die drittgrößten Schiefergasvorkommen der Welt.

Weltweiter Trend

Profi-Investoren wittern ein Riesengeschäft: Die Private-Equity-Firma Blackstone beteiligte sich vor Kurzem mit zwei Milliarden Dollar an einer Verflüssigungsanlage an der US-Golfküste, über die der US-Gaskonzern Cheniere Energy von 2015 an Gas exportieren will. Cheniere gehörte auch zu den ersten US-Förderern, die Exportlizenzen beantragt haben.

Auch Versorger und Industriekonzerne beteiligen sich zunehmend direkt an den neuen LNG-Projekten. So sicherte sich der japanische Versorger Osaka Gas Beteiligungen an australischen Gasfeldern; die Japaner wollen zudem Tanker unter eigener Flagge laufen lassen. Die BASF-Tochter Wintershall kaufte sich erst vergangene Woche für umgerechnet 1,45 Milliarden Dollar in drei norwegischen Gasfeldern ein. Zusätzlich zu dem Geld bekommt deren Besitzer Statoil Anteile an deutschen Schiefergasfeldern. Die Bezirksregierung in Arnsberg habe die Erlaubnis zur geologischen Erkundung erteilt, heißt es bei Wintershall in Kassel. Ob in Westfalen jemals größere Mengen Gas gefördert werden, ist unsicher. Aber weltweit ist der Trend unverkennbar. "Alles, was über das immense Potenzial von LNG in den letzten Monaten geschrieben wurde, könnte sogar noch untertrieben sein", sagt Dreide, "aber man muss bei aller Euphorie klar sagen, dass es auch noch Risiken gibt."

In den USA hat ein Kongressabgeordneter einen Gesetzentwurf für einen Exportbann bis 2025 eingebracht; er sieht das Ziel der USA, energieautark zu werden, als wichtiger an als die Exportgewinne der Multis. Dreide, der noch immer gut vernetzt ist in die US-Energiebranche und -politik, gibt ihm nur "25 bis 30 Prozent Erfolgschancen, die Öl- und Gaslobby ist sehr stark und drängt auf den Export. Aber man muss die Sache im Auge behalten."

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