Euro vor dem Verfall Der Dollar schlägt sie alle

Der Dollar hat in diesem Jahr bereits zugelegt. Doch Zentralbanken und Investoren stocken ihre Dollarbestände weiter auf und befeuern damit die schon laufende Rally. Experten sagen: Der Dollar ist noch billig.

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Dollar- und Yen-Scheine liegen nebeneinander: Der Dollar profitiert von der lockeren Geldpolitik in Japan und Europa – und das ist erst der Anfang, sagen Experten. Quelle: Reuters

New York Jahrelang haben US-Fondsmanager die Strategie verfolgt, vom Dollar weg zu diversifizieren. Jetzt dreht sich der Trend. Das lässt mehr und mehr Devisenstrategen daran glauben, dass die Rally, die den Dollar bereits auf ein Vierjahreshoch geführt hat, erst an ihrem Anfang steht.

Investoren mit Sitz in den USA halten 19,3 Prozent von ihren 35,8 Billionen Dollar an Aktien in ausländischen Papieren, wie von der UBS erfasste Daten der US-Notenbank Federal Reserve bis Juni zeigen. Das ist ein Rückgang gegenüber dem Höchststand von 21,1 Prozent im Jahr 2009. Investitionen in Anleihen ohne US-Staatsanleihen lagen bei 11,4 Milliarden Dollar, wovon 20,9 Prozent in ausländischen Papieren angelegt sind. 2003 waren es noch 8,3 Prozent.

„Diese Fakten, plus die Tatsache, dass das relative Wachstum in den USA besser ist und der Umstand, dass die Landeswährung immer noch billig ist, deuten zusammengenommen auf einen weiteren Anstieg des Dollar hin“, sagte Geoffrey Yu, leitender Devisenstratege bei der UBS in London, in einem Interview.

Die amerikanische Währung wurde für den Großteil des Jahres gestützt von der Aussicht auf höhere Zinsen in den USA sowie auf eine divergierende Geldpolitik zwischen der Fed einerseits und den Notenbanken in Europa und Japan andererseits. In jüngster Zeit war der Dollar als sicherer Hafen gefragt – angesichts von Anzeichen einer Abschwächung der Weltwirtschaft, der Ausbreitung von Ebola, dem Konflikt in der Ukraine und den Straßenprotesten in Hongkong.

Der Greenback hat in diesem Jahr gegen die 16 meistgehandelten Währungen zugelegt. Seit Juni hat die Rally zusehends an Fahrt gewonnen. Angesichts der schwachen europäischen Wirtschaft ist der Dollar gegenüber dem Euro im Oktober bei 1,2501 Dollar zeitweise auf den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahren geklettert.

„Das ist eindeutig eine Bewegung aus dem Euro in den Dollar“, sagte Ian Stannard, Leiter für Europäische Devisenstrategie bei Morgan Stanley in London in einem Interview. „Ein breiter Portfoliofluss über einen längeren Zeitraum war eine der treibenden Kräfte hinter der Aufwärtsbewegung des Euro und die Abwärtsbewegung des Dollar - und jetzt fängt der Trend an, sich umzukehren.“


Die Crux mit der Geldpolitik

Ähnlich wie US-Investoren verhalten sich die Manager der Devisenreserven von Zentralbanken: auch sie kommen zurück in den Dollar. Zusammengenommen halten die beiden genannten Gruppen die größten Bestände der amerikanischen Währung. Das spricht dafür, dass die Trendwende einen potentiellen Wendepunkt markiert. Der Dollar könnte so schnell aufwerten wie zuletzt in den 1990er Jahren, vermutet die UBS.

Im Juni hatte der Dollar einen Anteil von 60,7 Prozent an den Währungsreserven von insgesamt 6,3 Billionen Dollar, die Zentralbanken nach Währungen gewichtet an den Internationalen Währungsfonds berichten. Das ist ein Anstieg gegenüber den Allzeittief von 60,3 Prozent im März und gegenüber den 60,5 Prozent von vor drei Jahren. Der Anteil des Greenback an den Reserven erreichte 2001 seine Spitze mit 72,2 Prozent. In sieben der letzten der acht Jahre ist er gefallen. Der Euro-Anteil ist von 28 Prozent 2009 auf 24,2 Prozent im Juni gesunken.

„Das ist das erste Mal, dass die Verwalter von Währungsreserven mit dem privaten Sektor im Einklang stehen“, sagte Stephen Jen, geschäftsführender Partner bei SLJ Macro Partners und früherer IWF-Ökonom, in einem Interview. „2002 und in den Jahren davor waren die Zentralbanken mit dem Privatsektor nicht im Gleichschritt. Der Dollar ist in guter Form.“

Die BNP Paribas erwartet, dass der Dollar zum Euro bis zum Ende des nächsten Jahres um 11 Prozent auf 1,15 Dollar je Euro zulegen wird, wie eine am 23. September an Bloomberg verschickte Prognose zeigt. In der Bloomberg-Umfrage erwarten die Analysten im Median einen Anstieg um 6 Prozent auf 1,20 Dollar.

„Die Fed wird im nächsten Jahr im Straffungsmodus sein und die EZB wird weitere Maßnahmen ergreifen“, sagte Daniel Katzive, Stratege bei der BNP in New York. „Das Thema der Divergenz in der Geldpolitik, die Crux unserer Prognose, wird uns definitiv erhalten bleiben.“

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