Dennoch sind die guten Investmentchancen nach der Rekordrally bis zum Jahreswechsel schon weitgehend abgegrast. Wo werden sie fündig?
Der Vorteil von aktiv gemanagten Fonds ist eben, dass wir uns nicht nur den Durchschnitt rausgreifen, in dem bereits zu gut gelaufene Aktien ebenso stecken wie besonders günstige, sondern dass wir uns gezielt die Titel herauspicken, die noch viel Potenzial haben. Zum Glück gibt es immer wieder kaufenswerte Aktien und es gibt noch genügend Treiber in Europa. Viele Anleger denken, der Markt sei so effizient. Er ist es aber nur in Teilen und vor allem nicht immer. Das hat auch damit zu tun, dass sich das Personal auf der Seite der Broker in der Aktienanalyse permanent ändert. Dann sind Aktien mal besser und mal weniger gut abgedeckt. Einem neuen Broker fehlt vielleicht noch das Wissen und die Erfahrung mit einer Aktie. Das führt in der Aktienbewertung zu Diskrepanzen, die ich ausnutze.
Sie suchen laut Fondsrichtlinien nach Blue Chips. Das klingt nach den Klassikern aus den Leitindizes, die jeder Indexfonds auch kauft. Die sind kaum unterbewertet.
Für mich sind Blue Chips etwas anderes. Die Aktien müssen jedenfalls nicht in einem Index vertreten sein. Es gibt bei den Blue Chips für mich nur eine Untergrenze bei der Liquidität, also der Handelbarkeit der Aktie. Was Branchen, Marktkapitalisierung oder die Art des Unternehmens angeht, habe ich aber keine Beschränkungen. Für mich ist entscheidend, wie nachhaltig das Geschäftsmodell ist. Es müssen Unternehmen sein, die ihre Markttreiber selbst kontrollieren. Rein mit der Unternehmensgröße hat das für mich nichts zu tun.
Die zehn wichtigsten Aktien-Regeln
Gegen die größer werdenden Unwägbarkeiten sollte man sich zuallererst mit einer Strategie wappnen: Wer an kräftiges Wachstum in Deutschland glaubt, an einen anhaltenden Boom der Schwellenländer und hohen privaten Konsum, kann weiter am Aktienmarkt investieren. Wer skeptisch ist, sollte seine Bestände hingegen nicht aufstocken.
Eng verbunden mit der ersten Regel: Immer wieder kommt es vor, dass sich Dinge anders entwickeln, als man erwartet hat. Es ist wichtig, sich selbst immer wieder zu hinterfragen und nicht jeder Entwicklung hinterherzulaufen. Eine solche Reaktion zeugt nicht von einem geringen Vertrauen in die eigene Strategie. Es kostet meist auch Geld, weil die Masse schon vorher diese Richtung eingeschlagen und das Gros an Rendite eingefahren hat.
Groß oder klein, spekulativ oder konservativ, liquide oder illiquide, dividendenstark oder dividendenschwach, Substanz oder Wachstum: Bei Aktien ist die Auswahl riesig. Der richtige Mix aus spekulativen und konservativen Titeln hilft, Schwankungen zwischen guten und schlechten Zeiten auszugleichen. Nicht zu unterschätzen sind starke Dividendenzahler, die Jahr für Jahr den Grundstock für eine solide Rendite legen.
Keine Frage, die Börsen haben in den vergangenen zehn Jahren stärker geschwankt als in allen Dekaden zuvor. Das wird so bleiben, mit wachsendem Computerhandel sogar noch zunehmen. Wer sein Risiko minimieren will, baut Barrieren ein – sogenannte Stopps. Gerne werden Stopps bei 20 Prozent über und unterhalb des aktuellen Kurses gewählt. Dann wird automatisch verkauft, wenn diese Grenzen erreicht sind. Kommt eine Phase überraschend steigender Kurse mit anhaltendem Aufwärtstrend, lässt sich die Barriere leicht nach oben verschieben. Wichtig ist dann, auch die Barriere am unteren Ende nachzuziehen.
Wichtig in Phasen überraschender Kurssteigerungen oder -stürze ist es, das Verhalten der Masse zu beobachten. Ist es noch nachvollziehbar oder völlig irrational? Häufig ist es irrational. Dann hilft meist die zweite Regel: Widerstandskraft zeigen. Nach einigen Monaten kehrt die Rationalität von ganz allein zurück. Der Kurssturz aus dem vergangenen Jahr und die jüngste Entwicklung beweisen das gerade wieder.
Sind Aktien wie seit Jahresbeginn schon um 30, 40 oder gar 50 Prozent gestiegen, dann sind Anschlussgewinne in der Regel nur noch schwer zu erzielen. Phrasenverdächtig ist zwar die alte Weisheit: „An Gewinnmitnahmen ist noch niemand zugrunde gegangen.“ Richtig ist sie trotzdem.
Firmenchefs haben einen gewaltigen Vorteil gegenüber normalen Aktionären. Sie wissen weit mehr als jeder Analyst oder Kommentator, wie es in ihrem Unternehmen aussieht. Insider nennt man sie deshalb. Sie melden ihre Orders innerhalb von fünf Handelstagen an die Börsenaufsicht Bafin. Das Handelsblatt veröffentlicht alle zwei Wochen das sogenannte Insider-Barometer, das aus der Summe aller Kauf- und Verkaufsorders Schlüsse für den weiteren Verlauf in Dax & Co. zieht. Jüngste Tendenz: Vorstände und Aufsichtsräte verkaufen mehr als sie kaufen. Vorsicht also!
Terroranschläge und Naturkatastrophen kommen unerwartet. Politische Konflikte wie aktuell zwischen Israel und dem Iran schwelen meist länger. Entscheidende Wahlen wie jüngst in Russland und in diesem Jahr noch in Frankreich und den USA sind vorhersehbar und haben immer Einfluss auf die Börse. Dabei gilt generell: Wahljahre sind gute Börsenjahre.
Mit Optionsscheinen oder Bonus-Zertifikaten lässt sich zwar aus einem Aufwärtstrend ein noch größerer Profit schlagen. Dies sind jedoch in der Regel Wetten ohne realen Hintergrund. Aktien sind reale Werte.
Vor allem Aktien einzelner Branchen unterliegen immer wieder gewissen Moden. Doch die wechseln wie im realen Leben, und manchmal geht das schneller, als man denkt. Das bekommt gerade die einst angesehene Solarenergie-Branche bitter zu spüren.
Was macht für Sie dann eine Aktie zum Blue Chip?
Die ausgesuchten Unternehmen müssen sich erstens klar vom restlichen Markt unterscheiden. Das kann zum Beispiel ein innovatives Produkt sein, das für den Kunden einen wesentlichen Vorteil bringt, ohne dass der Mehrpreis den Absatz gefährdet. Es muss einen wichtigen Mehrwert besitzen, zum Beispiel für die Sicherheit eines Produktes. Damit hat ein solches Unternehmen einen Vorsprung vor der Konkurrenz, der nicht so leicht aufzuholen ist. Es besteht also eine Eintrittshürde für die Wettbewerber. Der zweite wichtige Punkt ist ein möglichst langjährig erfolgreiches und erfahrenes Management, das mich im Gespräch überzeugt. Sie müssen mir erklären können, wohin sie wollen, mit welchen Maßnahmen sie dorthin gelangen und wie realistisch ihre Ziele sind – auch im Vergleich zu den Konkurrenten. Mich interessiert, was sie mit dem Geld machen, das sie einnehmen. Der dritte Punkt ist dann Chance eines Unternehmens, von innen heraus zu wachsen – also nicht durch Zukäufe oder externe Faktoren, die das Unternehmen selbst nicht beeinflussen kann.