Experten warnen Staatsanleihen für EZB-Kaufprogramm könnten ausgehen

Die Renditen der Bundesanleihen sinken, damit schwindet auch die Zahl der deutschen Schuldtitel, die EZB-Kriterien erfüllen: Experten fürchten, dass es den Währungshütern schon in drei Monaten an Bundesanleihen mangelt.

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Die Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Quelle: dpa

London Der Europäischen Zentralbank (EZB) könnten Experten zufolge in wenigen Monaten deutsche Staatsanleihen für ihr umstrittenes Wertpapier-Kaufprogramm ausgehen. Da die Renditen der Bundesanleihen aktuell immer weiter sinken, dürften bald nur noch wenige deutsche Schuldtitel die EZB-Kriterien erfüllen. "Ohne Änderungen wird es spätestens im vierten Quartal schwer zu sehen sein, wo die Käufe von deutschen Bundesanleihen herkommen sollen", sagte Jamie Searle von der Citibank. Nur solche Anleihen mit Laufzeiten von zwei bis 30 Jahren, deren Rendite nicht unter dem aktuellen Einlagensatz liegt, erfüllen die Voraussetzungen für das EZB-Programm.

Die Investmentbank Jeffreys schätzt, dass den Währungshütern bereits in drei Monaten nicht mehr ausreichend Bundesanleihen für die Käufe zur Verfügung stehen. Dem Bankhaus Danske zufolge könnte die EZB im Oktober an Grenzen stoßen. Berechnungen der Schweizer Privatbank Pictet zufolge liegt inzwischen bei rund 50 Prozent aller deutschen Staatsanleihen die Rendite unter dem momentanen Einlagenzins von minus 0,4 Prozent. Diese Strafgebühr müssen Banken zahlen, wenn sie Geld über Nacht bei der Notenbank parken.

Bei ihrem insgesamt auf 1,74 Billionen Euro angelegten Wertpapier-Kaufprogramm, mit dem die EZB die Konjunktur stützen und die Inflation anheizen will, entfällt der größte Teil auf Staatsanleihen. Bislang ist geplant, dass die Transaktionen erst Ende 2017 auslaufen. Ihre regionale Gliederung erfolgt nach dem Anteil der jeweiligen Notenbanken am Eigenkapital der EZB. Deshalb kauft die Bundesbank beispielsweise deutlich mehr Titel als etwa die portugiesische Zentralbank.

Manche Notenbanker sind der Ansicht, dass aktuell an den Kriterien nicht gerüttelt werden muss. "Ich sehe keine Notwendigkeit für solche Änderungen und ich glaube, es gibt ein hinreichendes Angebot für das laufende Programm", sagte ein EZB-Ratsmitglied unlängst. Falls es aber notwendig sein sollte, werde es Änderungen geben. Eine der Stellschrauben sei das Kauflimit von 33 Prozent je Anleihen-Emission. Nach Pictet-Schätzungen würde das Anheben der Obergrenze auf 50 Prozent weitere zwölf Monate mit ausreichendem Angebot an Bundesanleihen bedeuten. Die EZB wollte sich zu den Informationen nicht äußern.

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