Fed-Entscheidung Starker Dollar, schwache Rohstoffe

Der Zinsschritt der US-Notenbank drückt die Rohstoffpreise, weil der starke Dollar Öl, Eisen und Kupfer für Schwellenländer teurer macht. Das ändert die Aussichten für Produzenten und Anleger.

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Die Werte der Rohstoff- und Minenaktien sind sehr niedrig Quelle: dpa

Nach der Zinserhöhung ist vor der Zinserhöhung. Bereits kurz nachdem Janet Yellen, Chefin der US-Notenbank Fed gestern den Leitzins erhöhte, spekulierten Rohstoffinvestoren bereits über eine Fortsetzung der Zinswende. Klar ist, wenn die Fed Geld teurer macht, dann stärkt sie den Dollar. Ein starker Greenback verteuert Rohstoffe für Schwellenländer. Entsprechend schwach zeigen sich Öl, Gas, Eisen oder Aluminium im Börsenhandel.  Auch die Rohstoffaktien liefen dem Gesamtmarkt hinterher.

Jetzt wo an der Zinsfront Klarheit herrscht, schauen die Börsianer an den Rohstoffmärkten wieder auf Angebot und Nachfrage. Was die Balance auf den Rohstoffmärkten angeht, haben die großen Rohstoffkonzerne ihre Hausaufgaben noch nicht gemacht. Nach wie vor überschwemmen zu viel Öl und Industriemetalle die Märkte.

von Martin Gerth, Rüdiger Kiani-Kreß, Alexander Busch, Saskia Littmann, Philipp Mattheis

Folglich überbieten sich die Experten aus der Finanzbranche im Pessimismus. Die Investmentbank Goldman Sachs beispielsweise prophezeit, dass der Preis für Eisenerz auch in den kommenden drei Jahren unterhalb von 40 Dollar je Tonne liegen werde. Bis 2040, so Goldman, werde sich der Stahlverbrauch in China halbieren.

Schwarzmaler von der Wall Street

Es ist erstaunlich, dass die gleichen Experten, die uns noch vor Jahren einen nie enden wollenden Hunger Chinas nach Rohstoffen vorhergesagt haben, jetzt den Weltuntergang beschwören. Insofern sind solche Prognosen bis 2040 mit Vorsicht zu genießen.

Momentan kann niemand mit Sicherheit sagen, wie viel Rohstoffe China tatsächlich importieren wird. Genauso wenig ist klar, ob Indien die Lücke, die China am Rohstoffmarkt lässt, in den kommenden Jahren füllen kann. Bisher hat Indien stets jede optimistische Prognose enttäuscht. Indiens neuer Premier Narendra Modi hat zwar ehrgeizige Pläne zum Ausbau des Schienennetzes. Ob das aber reicht, um Chinas schrumpfende Nachfrage nach Stahl zu kompensieren, bleibt fraglich.

Was die nahe Zukunft von Eisenerz angeht, malt Goldman Sachs nicht übertrieben schwarz. Denn auch die Unternehmen kürzen inzwischen ihre Prognosen: So geht beispielsweise der österreichische Stahlhersteller Voestalpine davon aus, dass er 2020 nur noch 15 Milliarden Euro Umsatz mit Stahl machen wird statt wie bisher angenommen 20 Milliarden. Zum Vergleich: Im Geschäftsjahr 2014/2015 machte Voestalpine 11,2 Milliarden Euro Umsatz.

Eisen: Hoffen auf die Pleite der anderen

Weil Eisenerz in diesem Jahr 45 Prozent verloren hat, beginnt für die Produzenten der Überlebenskampf. Sam Walsh, Chef des britischen Rohstoffkonzerns Rio Tinto, spricht davon, „dass einige Minenkonzerne nur noch an den Fingernägeln hängen“ und drohten in die Pleite zu stürzen.

Stimmen zur Zinswende der Fed

An der Misere tragen Rio Tinto und die anderen Eisenerzproduzenten Vale und BHP Billiton eine gehörige Mitschuld. Sie haben die Produktion von effizienten Minen zuletzt sogar ausgeweitet. Dahinter könnte die Strategie stecken, kleinere Wettbewerber mit höheren Kosten aus dem Markt zu drängen. Laut der US-Bank Citigroup verdient derzeit außer Rio Tinto, Vale und BHP kein Minenkonzern mehr Geld mit Eisenerz.

Dass sich die Lage der Eisenerzschürfer schnell verbessert, ist nicht zu erwarten. Seit Oktober wachsen in China wieder die Lagerbestände an Eisenerz. Die chinesischen Stahlkocher kürzten ihre Produktion nach dem der Eisenerzpreis im Dezember unter 40 Dollar je Tonne gefallen war.

Anleger sollten sich auch in den kommenden Monaten von Minenkonzernen mit einem großen Anteil im Eisenerzgeschäft fern halten.

Schadensersatzforderungen für BHP und Vale

Der Überlebenskampf im Minengeschäft lässt wenig Platz für Umweltschutz. Samarco, das Gemeinschaftsunternehmen von BHP Billiton und Vale, ist für den bisher größten Umweltskandal in Brasilien verantwortlich. Weil ein Staudamm einer Mine von Samarco brach, starben mehrere Menschen, Klärschlamm ergoss sich in den Fluss Rio Doce, Fische starben und Trinkwasserreservoirs wurden unbrauchbar.

Nun gibt die brasilianische Regierung Entwarnung, was die mögliche Vergiftung des Flusswassers angeht. Wasserproben hätten gezeigt, dass keine giftigen Metallrückstände nachweisbar seien. Die Aufräumarbeiten nach dem Unfall gehen indes weiter. Auf Vale und BHP kommen weiterhin milliardenschwere Schadensersatzforderungen zu.

Kupfer: Unsicherheitsfaktor China

Der deutsche Kupferschmelzer Aurubis meldete am Freitag vergangener ein Rekordergebnis. Dennoch stürzte die Aktie um rund 20 Prozent ab. Grund: Der Ausblick auf das kommende Jahr verheißt keine neuen Rekorde, sondern ein bescheideneres Geschäft. Viele Anleger haben den schwarzen Freitag für Aurubis genutzt, um Gewinne mitzunehmen.

Die Analysten von Independant Research halten den Kurssturz bei Aurubis für übertrieben. Mit der Expansion in Asien und Südamerika erschließe sich Aurubis Märkte mit Wachstumspotenzial. Zudem hätten die Hamburger durch Investitionen die Produktion effizienter gemacht. Mehr Effizienz hat Aurubis auch dringend nötig, denn im kommenden Jahr werden die Einnahmen aus dem Schmelzgeschäft deutlich geringer ausfallen.

Der große Unsicherheitsfaktor im Kupfergeschäft bleibt die Nachfrage aus China. Elektroautos und der Ausbau des Stromnetzes sollten die Kupfernachfrage mittelfristig stützen. Wie nachhaltig eine Erholung ist, bleibt abzuwarten, denn von 2017 an plant China beispielsweise in Tibet eigene, neue Kupferminen in Betrieb nehmen.

Minenwerte mit Schwerpunkt Kupfer haben wahrscheinlich ihren Boden noch nicht erreicht. Bisher fehlen klare, positive Impulse aus China. Anleger sollten ihr Augenmerk zunächst auf Rohstoffunternehmen mit Schmelzsparte und Weiterverarbeiter lenken.

Aluminium: Überangebot drückt Preise

Zwar kürzten die Chinesen die Kapazitäten ineffizienter Aluminium-Werke. In diesem Jahr waren es 15 Prozent der Gesamtproduktion von 2014. Gleichzeitig stieg jedoch die Produktion in moderneren, kostengünstigeren Betrieben. So legte die Aluminiumproduktion in den ersten elf Monaten dieses Jahres insgesamt um rund zehn Prozent gegenüber 2014 zu.

Sowohl der Aluminiumpreis als auch die Aktien von Aluminiumherstellern bieten derzeit wenig Potenzial nach oben.

Zink: Lagerbestände schrumpfen

Trafigura, Hauptaktionär des Zinkproduzenten Nyrstar, hat von der Europäischen Union jetzt die Erlaubnis bekommen, seine Kontrolle über das belgische Unternehmen auszuweiten. Rohstoffhändler Trafigura habe nicht die Marktmacht, Wettbewerber von Nyrstar vom Nachschub an Zinkkonzentrat abzuschneiden, so die Begründung der EU. Übernahmefantasien bleiben daher erhalten.

Vom Zinkmarkt selbst kommen positive Signale: Im Oktober war der weltweite Verbrauch mit 1,20 Millionen Tonnen größer als die Produktion mit 1,18 Millionen. Die von der Londoner Metallbörse LME beobachteten Lagerbestände an Zink sind seit Anfang Dezember um sieben Prozent abgeschmolzen.

Kaum Nachfrage bei Platinminen

Platin: Hilfe vom Pensionsfonds

Weil eine Kapitalerhöhung beim britischen Betreiber von Platinenminen Lonmin nicht auf die erhoffte Nachfrage stieß, musste der südafrikanische Pensionsfonds PIC einspringen. Lediglich 19 von 27 Milliarden neuen Aktien hatten die Altaktionäre übernommen. PIC übernahm die restlichen acht Milliarden Aktien. Der Lonmin-Aktie hat die Rettungsaktion bisher wenig geholfen, sie steht nach wie vor unter Druck.

Mehr Fantasie ist derzeit im Platinpreis. Europas Automobilverband meldete für den November 14 Prozent mehr Zulassungen gegenüber dem Vorjahresmonat. Auf die ersten elf Monate gerechnet war es ein Plus von 8,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Platin wird in den Katalysatoren von Dieselfahrzeugen verbaut. Anders als die übrigen in der Industrie verwendeten Metalle hat sich der Platinpreis im Dezember stabilisiert.

Der unglaubliche Rohstoffhunger Chinas
Platz 16: GasDas Land der Mitte ist noch immer für seinen Rohstoffhunger berüchtigt, denn das enorme Wachstum Chinas braucht Futter. So auch Gas. China verbraucht allein sechs Prozent des natürlichen Gasvorkommens der Welt.Quelle: World Economic Forum Quelle: AP
Platz 15: PalmölChina verbraucht zehn Prozent des weltweiten Palmölaufkommens. Palmöl ist ein Pflanzenöl, das aus dem Fruchtfleisch der Ölpalme gewonnen wird. In Asien wird häufig zum Braten von Speisen verwendet, ähnlich wie hierzulange Sonnenblumenöl. Quelle: dpa
Platz 14: ZuckerChina verbraucht ebenfalls zehn Prozent des weltweit konsumierten Zuckers . Quelle: dpa
Ölverbrauch Quelle: dpa
Weizen Quelle: dpa
Mais Quelle: dpa
Gold Quelle: dpa

Zucker: Zu viel Regen stützt Preis

Der Zuckerpreis bekommt neuen Auftrieb von neuesten Schätzungen zum voraussichtlichen Angebotsdefizit im kommenden Jahr. Kingsman, eine Research-Tochter der Unternehmensberatung McGraw Hill, rechnet in der Erntesaison 2015/2016 mit einem Defizit von weltweit 5,3 Millionen Tonnen. Das seien 60 Prozent mehr als bisher angenommen. In der Saison 2016/2017 könne das Defizit sogar auf 7,8 Millionen Tonnen anwachsen.

Zuletzt hatte zu viel Regen in Brasilien die Ernteprognosen für das kommende Jahr gedrückt. Auch die Spekulanten glauben daher an eine Fortsetzung der Zucker-Rally. Die Wetten auf einen höheren Zuckerpreis erreichten in dieser Woche den höchsten Wert seit Oktober 2011.

Bauholz: Mehr Häuser, mehr Profit

Für den November melden die US-Behörden elf Prozent mehr Baugenehmigungen für private Wohnhäuser als im Oktober. Zudem starteten 10,5 Prozent mehr private Eigentümer den Bau eines Hauses als noch im Oktober geschätzt. Die Bauholzproduzenten und Waldbesitzer Weyerhaeuser und Plum Creek Timber dürften weiterhin von der verbesserten Baukonjunktur profitieren.

Der positive Trend wird solange weiter gehen, wie die Fed die Zinsen nur langsam und moderat erhöht. Anders als in Deutschland finanzieren US-Schuldner ihren Hausbau in der Regel mit einem variablem Zins. Dreht die Fed am Leitzinsschraube, wirkt sich das auch auf die US-Bauzinsen aus.

Ausblick: Auf neue Tiefs warten

Die Kursgewinne der Minenaktien nach der Zinsentscheidung der US-Notenbank werden ohne Änderungen des fundamentalen Umfelds keinen Bestand haben. Anleger sollten daher Investments aufs neue Jahr verschieben. Bei vielen Minenaktien sind neue Tiefs und damit bessere Kaufgelegenheiten zu erwarten.

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