Finanzinvestoren Willkommen beim deutschen Mittelstand

Der frühere SPD-Chef Franz Müntefering nannte sie Heuschrecken, die Firmen ausplündern und weiterziehen. Doch das ist vorbei, heute sind Finanzinvestoren begehrte Geldgeber. Erste Preisblasen bereiten Sorge.

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Die Kampagne „Invest in Germany“ mit Werbeikone Claudia Schiffer hat offenbar Wirkung gezeigt. Quelle: AFP

Frankfurt Die Finanzinvestoren sitzen weltweit auf dem größten Geldberg ihrer Geschichte: Gut 800 Milliarden Dollar beträgt das „dry powder“ der Private-Equity-Gesellschaften weltweit – und das Kapital will investiert werden. Besonders begehrt ist dabei der deutsche Mittelstand.

Die Zahl der abgeschlossenen Deals und der Transaktionswerte bewegte sich im vergangenen Jahr nahe der bisherigen Höchststände aus den Jahren 2006/2007. Das treibt auch die Bewertungen an. „Natürlich sehen wir gestiegene Preise, nach wie vor ist es aber ein stabiler Markt“, sagte Torsten Grede, Vorstandssprecher der Deutschen Beteiligungs AG (DBAG), am Dienstagabend in Frankfurt.

„Die Bewertungen für qualitativ hochwertige Unternehmen bleiben auf einem hohen Level und sind über das letzte Jahr sogar noch etwas gestiegen“, meint Jeff Perkins, Deutschland-Chef der Investmentbank Harris Williams & Co. Das ökonomische Prinzip von Angebot und Nachfrage bleibe bestehen: „Zu viel Kapital muss in zu wenige, hochqualitative Unternehmen investiert werden, was zu hohen und weiter steigenden Preisen führt.“

Laut einer Umfrage der DBAG empfinden immerhin 86 Prozent der Beteiligungsmanager die Preise für deutsche Mittelständler als „teuer“, acht Prozent sagen sogar, die Bewertungen seien „gefährlich überzogen“.

Vor allem für Übernahmen in der Medizintechnik und bei Technologieunternehmen werden mittlerweile extreme Preise bezahlt, Automobilzulieferer und Maschinenbauer wechseln dagegen zu moderaten Beträgen die Besitzer. Insgesamt stieg die Zahl der Transaktionen 2016 um gut zehn Prozent auf 34 Deals im Wert von 3,6 (2,7) Milliarden Euro.

Die DBAG investierte beispielsweise in den Maschinenbauer Frimo, den Silikon-Implantat-Spezialisten Polytech und den Kfz-Zulieferer Dieter Braun GmbH. Bei diesen Mehrheitsübernahmen unter Beteiligung des jeweiligen Managements bekommen die Finanzinvestoren aber zunehmend Wettbewerb von strategischen Käufern aus der Industrie und auch von chinesischen Investoren. Hinzu kommen angelsächsische Investoren wie Warren Buffett, der schon zwei Investments im deutschen Mittelstand verbuchen kann.

Auch reiche Familien interessieren sich für Private Equity, weil mit Staatsanleihen keine Rendite mehr zu holen ist. „Derzeit gibt es eine Handvoll qualitativ guter Transaktionen, die bereits im Markt sind oder im ersten Halbjahr 2017 in den Markt kommen werden. Viele diese Transaktionen werden aber ein hohes Maß an Interesse bei strategischen Investoren generieren, so dass es für Finanzinvestoren voraussichtlich sehr schwierig sein wird zum Zuge zu kommen“, sagt Beteiligungsexperte Perkins.

Seit Jahrzehnten hoffen die Finanzinvestoren, dass sie bei den Nachfolgereglungen stärker zum Zug kommen, doch bisher wurde dieses Wunschdenken immer wieder enttäuscht. Doch DBAG-Chef Grede sieht jetzt „grundsätzlich mehr Offenheit im deutschen Mittelstand.“ Von den 34 Transaktionen zwischen 50 Millionen und 250 Millionen Euro waren zehn im vergangenen Jahr Nachfolgeregelungen, zwölf Deals entfielen auf Abspaltungen von Konzernen und der Rest waren sogenannte Secondaries, bei denen die Finanzinvestoren sich die Beteiligungen gegenseitig verkaufen.

Beim Nachfolgethema müsse man jetzt abwarten, ob sich der Trend verfestigt, denn „eine Schwalbe macht noch keinen Sommer“, sagte Grede.

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