Finanzmärkte „Zentralbanken spielten die zweite Geige“

Die Turbulenzen nach dem Wahlsieg Donald Trumps haben die Märkte besser verkraftet als befürchtet, stellt die „Notenbank der Notenbanken“ fest. Anleger hätten ausnahmsweise selbst das Heft des Handels in die Hand genommen.

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Marktteilnehmer zeigten sich „befreit von ihrer Abhängigkeit von Worten und Taten der Notenbanker“, heißt es im Bericht der BIZ. Quelle: AP

Basel Das sich erholende Wirtschaftswachstum und die schwindende Erwartung geldpolitischer Lockerungen haben schon vor dem Wahlsieg von Donald Trump im November zu einem starken Anstieg der globalen Anleihenrenditen beigetragen. Unterdessen sorgten in Aussicht gestellte Konjunkturmaßnahmen und Infrastrukturausgaben des designierten US-Präsidenten für eine Rally am Aktienmarkt, wobei der MSCI World Index seit dem 8. November um 3,7 Prozent zulegte.

In dem Umbruch erwiesen sich die Märkte als „widerstandsfähig“, stellte die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in ihrem am Sonntag veröffentlichten Quartalsbericht fest. Es habe Sorge bestanden, dass das geringe Liquiditätsniveau und überzogene Bewertungen zu Verwerfungen führen könnten, während die Anleihenrenditen steigen und die Anleger ihre Erwartungen an weiterhin niedrige Zinsen zurückschrauben. Doch „trotz des rekordhohen Durationsrisikos“ habe es an den Kreditmärkten „nur geringe Anzeichen für Anspannungen“ gegeben, denn die Renditeaufschläge blieben eng, und die Volatilität hielt sich in Grenzen, meint die BIZ.

„Die Entwicklungen während dieses Quartals stechen aus einem Grund hervor: ausnahmsweise spielten die Zentralbanken die zweite Geige“, sagte Claudio Borio, Leiter der Währungs- und Wirtschaftsabteilung der BIZ. „Es ist so als ob die Marktteilnehmer ausnahmsweise selbst die Führung übernommen haben, die Zukunft zu antizipieren und zu skizzieren, befreit von ihrer Abhängigkeit von Worten und Taten der Notenbanker.“

Wie schon beim Referendum der Briten für einen EU-Austritt wurden die Märkte vom Wahlsieg von Trump „auf dem falschen Fuß“ erwischt, hieß es. Doch die Funktionsfähigkeit der Märkte habe sich trotz der großen Kursschwankungen in der Wahlnacht und an den folgenden Tagen als robust erwiesen, und die Marktliquidität sei angemessen geblieben. „Ähnlich wie nach dem Brexit-Votum sank die Volatilität sowohl an den Aktien- als auch an den Anleihenmärkten innerhalb nur weniger Tage auf das Niveau vor dem Ereignis“, erklärte die BIZ.

Gleichzeitig warnte die BIZ, dass noch immer Risiken bestünden. Der weltweite Anstieg der Renditen und die Aufwertung des Dollars belasteten die Vermögenswerte aufstrebender Volkswirtschaften, in denen voraussichtlich zehn Prozent der in Dollar denominierten Unternehmensanleihen 2017 fällig werden. In einigen dieser Länder gebe es zudem eine hohe politische Unsicherheit. Gleichzeitig habe der Ausgang des Referendums in Italien am 4. Dezember die politische und wirtschaftliche Unsicherheit in Bezug auf die Zukunftsaussichten des Euroraums verstärkt.

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