Ein Beispiel: Beim Kauf und Verkauf eines Discountzertifikats müsste ein privater Anleger durch die Finanztransaktionssteuer einen Renditeverlust von mindestens einem Prozent hinnehmen. Nach dem derzeitigen Richtlinienvorschlag zahlt der Anleger als Käufer 0,1 Prozent Steuer. Der Liquiditätsspender, also der Verkäufer an der Börse, zahlt dafür, dass er dem Privatanleger das Geschäft ermöglicht, weitere 0,1 Prozent. Zusätzlich muss er sich selbst als Käufer eindecken. Für diese Transaktion wird wiederum eine Steuer von 0,1 Prozent fällig. Beim Kontrahent dieses Geschäfts, in der Regel dem Emittenten des Zertifikats, schlägt die Finanztransaktionssteuer ebenfalls mit 0,1 Prozent zu Buche. Darüber hinaus muss er das Zertifikat konstruieren – im Falle eines Discountzertifikats durch den Kauf des Basiswerts und den Verkauf eines Calls darauf, was zusammengenommen ebenfalls eine Steuerpflicht von mindestens 0,1 Prozent auslöst. Unter dem Strich summiert sich die Finanztransaktionssteuer beim Kauf eines einfachen Anlageprodukts so bereits auf 0,5 Prozent des Kurswertes. Zusammen mit dem späteren Verkauf ergibt sich bereits ein Prozent Renditeverlust auf die Anlagesumme.
Privatanleger werden die Last tragen müssen
Eine ganze Reihe von weiteren aktuellen Studien bestätigen die gravierenden Belastungen für Privatanleger. Sowohl namhafte Vertretungen der deutschen Finanzbranche, etwa das Deutsche Aktieninstitut (DAI) oder der Deutsche Fondsverband (BVI), als auch renommierte Wissenschaftler wie die Professoren Christian Koziol und Christoph Kaserer kommen im Kern zu einem einheitlichen Ergebnis: Privatanleger werden letztlich die Steuerlast tragen müssen. Auch langfristige Sparer, die angesichts der demografischen Entwicklung zur privaten Altersvorsorge angehalten sind, sind laut BVI betroffen.
Dabei ist nicht zu vergessen, dass private Investoren die Finanzkrise sicher nicht verursacht haben und sich nicht an Spekulationen beteiligen, die es einzudämmen gilt. Sie tragen vielmehr als Steuerzahler die Kosten der Krisenbewältigung und bestreiten zudem ihre Investitionen aus bereits versteuertem Arbeitseinkommen.
Bei all den kritischen Stimmen geht es nicht darum, sich der Finanztransaktionssteuer grundsätzlich zu verweigern. Denn der Wille der politischen Mehrheit ist in unserer demokratischen Gesellschaft selbstverständlich zu akzeptieren. Ziel muss daher sein, die Steuer verantwortungsvoll auszugestalten und die negativen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Eine Ausnahme der Privatanleger ist hierfür ebenso unverzichtbar wie die Ausnahme für Liquiditätsspender. Zur Beteiligung der Verursacher an den Kosten der Finanzkrise könnte das italienische oder das griechische Modell zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer als Vorbild dienen: Dort werden die weniger regulierten, außerbörslichen Geschäfte mit einem höheren Steuersatz belegt. Dieser Ansatz stimmt auch mit den Bestrebungen der G20 von Pittsburgh aus dem Jahr 2009 überein, wonach der OTC-Handel transparenter und sicherer werden soll. Noch ist es also nicht zu spät, eine faire Finanztransaktionssteuer einzuführen, die einerseits den Finanzmarkt stabilisiert und andererseits nicht den Privatanleger belastet.