Firmenbonds Verzweifelte Anleger investieren in Ramschanleihen

Mehr als 25 Milliarden Euro haben Anleger bislang in diesem Jahr in riskante Anleihen europäischer Firmen investiert. Selbst Experten sind überrascht von der Nachfrage. Den Unternehmen kommt das äußerst gelegen.

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Der Euro rollt: Anleger investieren vermehrt in Firmenanleihen, auch in solche mit hohem Ausfallrisiko. Quelle: dpa

Angesichts rekordniedriger Zinsen interessieren sich Investoren immer stärker für Firmenanleihen mit hohem Risiko. Unternehmen mit schwacher Bonität kommt das sehr gelegen. Jüngstes Beispiel ist die irische Telekomgesellschaft Eircom. Vor weniger als einem Jahr schrieb die Gruppe 1,8 Milliarden Euro Schulden ab. Nun kommt sie mit einer Anleihe wieder an den Bondmarkt zurück.

Ähnlich ist das Bild beim Folien- und Verpackungshersteller Klöckner Pentaplast aus Montabaur und bei der schottischen KCA Deutag, einem der größten Ölfelddienstleister weltweit. Beide Unternehmen sind in der Hand von Finanzinvestoren. Nach Umschuldungen reißen sich Anleger wieder um ihre Anleihen.

Klöckner und KCA gehören zu 12 Schuldnern, die in der Vorwoche Anleihen in Höhe von fast sechs Milliarden Euro platziert haben, mit Ratings von 'B' oder niedriger. Damit war es die höchste Emissionstätigkeit in diesem Segment seit mindestens Anfang 2011, zeigen Bloomberg-Daten. Die durchschnittliche Rendite im Hochzinsbereich ist von einem Allzeithoch bei 30,7 Prozent im November 2008 auf ein Rekordtief von 6,46 Prozent gefallen, zeigt ein Index der Bank of America Merrill Lynch.

„Emittenten refinanzieren Kredite mit günstigen Anleihen“, sagte Steven Mitra, Partner bei LNG Capital in London. „Die Qualität der begebenen Platzierungen hat sich in dieser letzten Welle über das gesamte Spektrum hinweg deutlich verschlechtert.“

Anleihen mit 'B'-Rating sind gemäß der Klassifizierungen der Ratingagenturen Moody's und Standard & Poor's mindestens vier Stufen unter Anlagequalität. S&P beschreibt mit 'B' eingestufte Papiere als „anfälliger“ für Ausfälle und die mit 'CCC' bewerteten Anleihen als „zum gegenwärtigen Zeitpunkt anfällig“.

Eircom will statt der ursprünglich geplanten 310 Millionen Euro mit einer Laufzeit von sieben Jahren jetzt 350 Millionen Euro begeben, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person. Damit sollen vorrangige Kreditlinien refinanziert werden. Moody's hat die Papiere in einer vorläufigen Einstufung mit 'Caa1' bewertet, sieben Stufen unter Anlagequalität. Im März 2012 hatte die Gesellschaft Gläubigerschutz beantragt, nachdem in 13 Jahren unter fünf Eigentümern 4,1 Milliarden Euro Schulden aufgehäuft worden waren.


„Die Anleger sind der Verzweiflung nahe“

„Es kommen jetzt Unternehmen an den Markt, die 2006 oder 2007 im Zuge von mit Fremdkapital finanzierten Übernahmen, sogenannten Buy-Outs, mit Schulden überhäuft wurden“, sagte Stuart Stanley, Fondsmanager bei Invesco Asset Management, wo er Hochzinsanleihen verwaltet. „Ich bin leicht überrascht von der Nachfrage.“

Im Fall Klöckner wurde die Platzierung Anfang Mai von 150 Millionen auf 225 Millionen Euro aufgestockt. Investoren waren erpicht auf sogenannte PIK-Anleihen. In diesem Fall kann der Kupon einer Anleihe durch Ausgabe neuer Anleihen bezahlt werden. S&P stuft die mit einem Zinssatz von 10,25 Prozent ausgestatteten Papiere, die im August 2017 fällig werden, mit 'CCC' ein, acht Stufen unter Anlagequalität.

„Wenn ein Unternehmen eine Restrukturierung einleitet, muss man unterscheiden, ob das Geschäftsmodell oder die Kapitalstruktur nicht solide waren“, sagte Alexander Baskov, leitender Fondsmanager bei Pictet Asset Management in Genf. Bei Klöckner sei das Geschäft selbst immer solide gewesen, merkt er an.

KCA Deutag vereinbarte im März 2011 eine Umschuldung. Damals tauschten nachrangige Gläubiger ihre Forderungen in Eigenkapital und halfen zusammen mit Pamplona Capital Management mit einer Finanzspritze in Höhe von 550 Millionen Dollar. KCA begab am Anfang Mai tausende fälliger Papiere zu 96 Cent je Dollar Nominalwert und mit einer Verzinsung von 9,625 Prozent.

Bislang haben seit Jahresbeginn Unternehmen in Europa sogenannte Ramschanleihen mit einem Ranking von 'B' oder niedriger im Umfang von 25,2 Milliarden Euro begeben. Das ist knapp doppelt so viel wie die 13,3 Milliarden Euro, die im gleichen Zeitraum 2012 platziert wurden, zeigen Bloomberg-Daten.

„Die Anleger sind der Verzweiflung nahe, und das könnte eine sehr schwache Wertentwicklung zur Folge haben, wenn der Markt dreht“, sagte Mitra von LNG Capital. „Das Risiko, das man mit derartigen Wetten eingeht, wird bei weitem nicht angemessen entgolten.“

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