Flakonherstellung Aus viel Sand entstehen edle Parfümflakons

Der Mittelständler Heinz-Glas produziert in deutscher Dorfidylle für die Größen der Parfümindustrie. Vor-Ort-Einblicke in die Produktion.

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Heinz-Glas Quelle: PR

Es ist laut und heiß. Der Geruch von Verbranntem hängt in der Luft. In der Produktionshalle im oberfränkischen Kleintettau nahe der thüringischen Grenze entsteht etwas, das wir mit dem Luxus dieser Welt verbinden. Edle Parfümflakons, in denen Branchengrößen wie Roberto Cavalli, Hugo Boss oder Yves Saint Laurent ihre Düfte in alle Welt verkaufen. Hier inmitten der ländlichen Idylle eines 800-Seelen-Dorfes – die alljährliche Kirmes zur Kirchweih ist der Jahreshöhepunkt – sitzt das Familienunternehmen Heinz-Glas. Es ist einer der vielen heimlichen Weltmarktführer im deutschen Mittelstand, die mit einer Mischung aus jahrelangem Know-how und der Spezialisierung auf einen Nischenmarkt jeder Konkurrenz Paroli bieten. Heinz-Glas gehört zu den wenigen Unternehmen weltweit, die Glas für die Kosmetik- und Parfümindustrie herstellen. Der Umsatz lag 2015 bei 295 Millionen Euro.

Die Geschichte eines jeden Parfümflakons beginnt mit Sand, viel Sand – der Hauptzutat für Glas. Kalk, Soda, alte Glasscherben und einige weitere Stoffe werden hinzugefügt, das Gemisch auf 1500 Grad erhitzt. Das passiert in einer Schmelzwanne. Ein riesiger Hexenkessel, in dem eine lavaartige Masse vor sich hin brodelt. 100 Tonnen passen hinein, mehr als 300 gefüllte Badewannen. Ständig kommt neues Gemisch dazu. Das ist das Besondere an der Glasproduktion: Sie darf nie stoppen. Denn dann würde das flüssige Glas in der Schmelzwanne verhärten, und sie müsste ausgetauscht werden – ein Millionenschaden. Daher werden hier rund um die Uhr, an jedem Tag über eine halbe Million Flakons produziert. Immerzu.

Es dauert etwa einen Tag, bis aus dem frischen Sandgemisch in der Schmelzwanne flüssiges Glas geworden ist. Dann aber geht alles ganz schnell. Das flüssige Glas wird weitergeleitet und geschnitten. Zu diesem Zeitpunkt ist es eine zähflüssige Masse, etwa 1200 Grad heiß. Sekündlich fallen glühende Glastropfen in die Formen der Produktionsmaschinen. Kurz blitzt rötlich-goldenes Licht auf. Kaum ist es weg, sind schon die Schemen eines Flakons zu erkennen. Maschinengreifer heben ihn aus der Form, schieben ihn aufs Fließband. Der Flakon kühlt nun etwa eine Stunde ab. Aus Sand ist unter Lärm und Hitze ein Produkt entstanden, das – gefüllt – seinen Weg in die Shoppingmetropolen dieser Welt finden wird.

Elf Parfüm-Aktien, die nach Rendite riechen

Dafür braucht es noch den Feinschliff: die Glasveredelung. Die Flakons werden bedruckt, besprüht, metallisiert oder mattiert. Ein schwarzer Flakon besteht nicht etwa aus schwarzem Glas, sondern wurde schwarz besprüht. Glas kann ein- oder mehrfarbig, verlaufend oder mit Glitter besprüht werden. Mit Lasern können Formen ins Glas gefräst werden, sodass zum Beispiel im Flakonboden ein Schmetterling schwebt. „Die Kunst bei der Veredelung ist die Kombination mehrerer Technologien“, sagt Thomas Hünlein, Entwicklungsleiter für den Bereich Veredelung. Vom ersten Design bis zum verkaufsfertigen Produkt dauert es 8 bis 18 Monate. Schneller geht es, wenn Parfümhersteller nur die Veredelung ändern. Manche setzen auf nur ein Glasdesign, aber verschiedene Veredelungen, sodass flexibel und günstig unterschiedliche Flakons entstehen. 20 Cent bis zwei Euro kostet so ein Flakon – sieht aber viel teurer aus.

Zum Fest ein feiner Duft: Parfüms sind beliebte Weihnachtsgeschenke. Dabei stammt oft aus dem Chemielabor, was nach Natur duftet. Anleger, die auf das Parfümgeschäft setzen wollen, brauchen den richtigen Riecher.
von Sebastian Kirsch
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