WirtschaftsWoche: Herr Homm, die US-Aufsicht SEC wirft Ihnen schweren Wertpapierbetrug vor. Sie hat, weil Sie nicht reagiert haben, ein Versäumnisurteil beantragt und fordert 60 Millionen Dollar Rückzahlung und Strafe.
Florian Homm: Ich werde mich jetzt mit Vehemenz in das Verfahren einklinken. Eine Stellungnahme ist in Arbeit.
Ihnen gehörte die Hälfte des Brokers Hunter, richtig?
Ja, aber ich war passiver Investor. Das war öffentlich bekannt und gegenüber dem Regulierer FINRA offengelegt.
Die SEC listet Aktiengeschäfte auf, die exakt zwischen den Fonds von Absolute Capital und Hunter abgesprochen wurden, sogenannte Matched Orders. Tages-Schlusskurse seien manipuliert worden.
Was verstehe ich von Matched Orders? Ich hatte zuletzt vor einem Vierteljahrhundert eine US-Börsenlizenz, bei Merrill Lynch. Das sind extrem technische Fragen. Ich habe niemandem gesagt, er soll eine Matched Order machen.
Haben die Händler von Absolute Capital Ihre Anweisungen umgesetzt?
Die Händler hatten Freiheiten, sie hatten Positionen dort, wo sie meinten, sie könnten etwas für die Fonds verdienen.
Die SEC sagt, Sie hätten de facto die Kontrolle über jeden Fonds gehabt.
Das ist Unsinn. Laut Vorstand war ich 2007 für maximal 20 Prozent des Anlagevermögens verantwortlich, selbst für Fonds, die mir zugerechnet wurden, gab es mindestens einen weiteren Manager.
Sie haben nicht mitbekommen, wie Fondshändler und Broker sich abgesprochen haben, dass jetzt einer dem anderen Aktien zum Wunschpreis abnimmt?
O Gott, nein, mein Hauptaufgabengebiet war doch, Investments zu identifizieren, zu sagen, kauft mal für drei Prozent des Fonds diese Aktien. Wie die das machen, ist mir ziemlich schnuppe. Die müssen eine gute Ausführung darstellen, die muss ökonomisch nachhaltig sein. Im Übrigen ist mir das alles zu detailliert, um zu diesem Zeitpunkt großartig Kommentare dazu abzugeben.
"Fragen Sie nicht mich, fragen Sie den Broker"
Die SEC hat Chatprotokolle, in denen der Händler des Fonds sagt, „ich brauche einen höheren Kurs“, und der Händler des Brokers sagt, „kannst du haben“, und dann wechselt das Paket zu dem Kurs.
Fragen Sie doch nicht mich, fragen Sie den Händler oder den Broker.
Welchen Sinn macht es denn, dass die Fonds untereinander Aktien handeln – außer, dass sie so Kurse bestimmen und Gebühren für Hunter produzieren?
Das kommt doch ständig vor. Die Fonds wurden größtenteils von anderen Fondsmanagern geleitet. Einer sagt, „weißt du, ich habe keinen Bock mehr auf die Aktie, ich glaub da nicht mehr dran“, dann sage ich: „Verscheuer sie.“
Sie haben auf beiden Seiten profitiert, als Teilhaber des Brokers und als Großaktionär von Absolute Capital.
Wieso? Wenn ich ein Auto für zehn Dollar verkaufe und jemand anders kauft, wer soll da profitiert haben?
Es sind noch mehr Aktien im Fonds, die dann zum höheren Kurs bewertet werden.
Ich bin kein Profi zum Thema Portfolio Pumping...
...dem künstlichen Aufblähen des ausgewiesenen Werts eines Fondsportfolios.
Da gibt es nur zwei Präzedenzfälle in der US-Wirtschaftshistorie. Das ist juristisch Neuland, in Deutschland würde man das im besten Fall als Kurspflege betrachten. Das Thema ist sehr komplex.
Es sieht sehr einfach aus. Da werden Transaktionen gemacht, und am Ende stehen wertlose Aktien teuer in den Büchern.
Warum sollten dann aber nicht irgendwelche Leute die Aktien verkaufen?
Oft waren die Aktien so klein, dass Sie die Einzigen waren, die damit gehandelt haben. So konnten Sie Kurse bestimmen.
Wir hatten in keinem Unternehmen die Mehrheit. Wenn eine Aktie wenig liquide ist, heißt das doch noch lange nicht, dass nicht jemand leerverkaufen kann. Er muss nur zu einer Bank gehen, sich Aktien leihen und die im Markt verkaufen. Wer hat denn profitiert von diesen schlimmen Geschäften? Die Fonds, oder?
Wenn der Wert der Fonds steigt, geben Investoren mehr Geld. Sie kassieren mehr Gebühren, die Fonds-Holding Absolut Capital verdient mehr, und ihr Kurs steigt.
Was habe ich davon gehabt? Ich habe aber, außer zu meiner Scheidung und nach meinem Ausscheiden, keine Aktie verkauft. Und meine Boni gingen an meine Mitarbeiter. Ich verstehe die wirtschaftliche Logik hinter diesen Vorwürfen nicht.
"Sie sollten nicht vorverurteilen"
Laut SEC sind etwa fünf Millionen Dollar von Hunter auf Ihr Schweizer Konto geflossen. Sie haben Geschäfte veranlasst, die für die Fonds keinen Sinn gemacht haben, die aber dazu führten, dass Hunter Gebühren eingenommen hat. Und dann haben Sie Geld rausgezogen.
Sie sollten nicht vorverurteilen. Geschäfte zwischen mir und den Fonds waren durch Prospekte genehmigt. Ich durfte Investment-Kommissionen verdienen, auch durch meine Beteiligung an Hunter, die offengelegt war. Ich sage ja nicht, dass das ethisch war.
Sie haben gefragt, wer von Geschäften, die nur Gebühren produzieren, profitierte.
Sie gehen immer davon aus, dass die Investitionen keinen Sinn machten. Bei der Partnervermittlung Matchnet sind wir zu einem Marktwert von einer Million eingestiegen, später war das Unternehmen 300 Millionen wert. ID Biomedical wurden für 1,4 Milliarden Dollar übernommen.
In der SEC-Klage geht es um Mini-Aktien an unregulierten Börsen.
Wir hatten die größte Wirtschaftskrise seit den Dreißigerjahren und den größten Börsencrash seit 80 Jahren. Und doch gibt es Micromed noch, JavaDetour hat weiter expandiert, NuRx Pharmaceuticals wurde übernommen, Pro Elite gibt es noch, leider ist die Beratungsfirma Berman Center vor die Hunde gegangen. Sie wollen aber doch nicht bestreiten, dass ich kleine Unternehmen entdeckt habe, die auch groß wurden.
Transaktionen wurden auch zurückdatiert, um Ihre Fonds besser aussehen zu lassen.
Das ist mir nicht bewusst. Ich streite die Vorwürfe insgesamt ab. Absolute Capital hat nach meinem Weggang angeblich illiquide US-Aktien für 140 Millionen Dollar ausgegliedert. Bei grob drei Milliarden in den Fonds, kann ich mir wegen fünf Prozent nicht einen Riesen-Kopf machen.
Die SEC sagt, allein Sie hätten 24,8 Millionen Dollar mit Aktienbetrug verdient.
Erstens ist das eine Bruttozahl, und zweitens war alles transparent wie eine Klarsichtfolie. Außerdem wird Ihnen auch aufgefallen sein, dass ich im doppelten Gegenwert Absolute-Capital-Aktien auf die Fonds übertragen habe.
Warum haben Sie das gemacht?
Vielleicht weil ich einfach gedacht habe, irgendwann wird mir jemand so etwas vorwerfen, jemand wie Sie oder die SEC. Vielleicht ist es gar nicht so doof, diese Vorwürfe komplett zu entwaffnen und zu sagen, dass ich nicht 20 Millionen dran verdient habe, sondern dass Hunter mich 20 Millionen gekostet hat. Vielleicht war das eine Eingebung, schon vor langer Zeit.
Sie hätten Cash überweisen sollen. Die Aktien waren bald nichts mehr wert.
Damals hätten die Fondsmanager sie leicht zu Geld machen können.
Meinen Sie, es beeindruckt die SEC, wenn jemand, der Geld abzweigt, danach Aktien spendet, weil ihm alles zu heiß wird?
Die SEC hat einen absolut lächerlichen Kronzeugen, den P., ich krieg einen Lachkrampf. Und die SEC stellt Behauptungen in den Raum, zu denen es Dutzende Gegenargumente gibt. Die Fonds hatten Weltklasse-Wirtschaftsprüfer, die haben nichts bemängelt.
"Ich stelle mich den Vorwürfen"
Dass die schlampen können, ist nicht neu.
Absolute Capital hatte ein Risikomanagement, das kannte jede Position.
Das spricht nicht dagegen, dass betrügerische Transaktionen gelaufen sind.
Es geht darum, dass ich diese ganzen Vorwürfe kategorisch abstreite, mich ihnen aber stelle. Wenn ich davon ausginge, dass meine Verteidigung hoffnungslos wäre, würde ich das nicht tun.
Sie können doch unmöglich in den USA aussagen. Dann gehen Sie ins Gefängnis.
Das müssen Sie völlig anders sehen, das ist alles zivilrechtlich, die können mich nicht verknacken, es gibt keinen FBI-Haftbefehl, das ist alles Unfug.
Die SEC spricht von einem betrügerischen System, Betrug ist eine Straftat.
Es geht um Zivilrecht. Als der Fall des Betrügers Bernie Madoff hochkam, waren in Nanosekunden US-Strafverfolger da dran. In meinem Fall wurde die SEC schon 2006 informiert, aber keine strafrechtliche Instanz hat sich eingeklinkt, weil die Beweislast bei strafrechtlichen Verfahren viel höher ist als bei zivilrechtlichen. Es sei absolut nicht klar, dass die Schuld von Herrn Homm zweifelsfrei bewiesen werden könne, heißt es in den Akten. Conclusio: Das ist eine ziemlich dünne Geschichte. Im Übrigen: Wo steht denn in der SEC-Akte, dass Transaktionen zwischen mir und den Fonds mit mindestens 50 Prozent Abschlag zugunsten der Fonds gemacht wurden?
Wenn ich was Illegales mache und tue dem Geschädigten etwas Gutes, gleicht dies das Illegale nicht aus.
Warum aber sollte ich ein Vermögen von 300 bis 400 Millionen riskieren, um netto 15 Millionen Euro einzukassieren?
Es geht nicht nur um abgezogenes Geld, es geht auch um die Performance der Fonds. Durch Rückdatierung oder abgesprochene Geschäfte haben Sie oder Ihre Leute es geschafft, dass ein Fonds in der Monatsabrechnung vom negativen in den positiven Bereich gerutscht ist.
Die britische Aufsicht FSA hat 2008 verneint, dass etwas schiefgelaufen ist. Ähnliches wurde mir doch schon mal vorgeworfen, bei WCM und Sixt, und was ist rausgekommen? Eine Ordnungswidrigkeit, 40 000 Euro für einen Jugend- und einen Tierverein. Mir wird irre viel vorgeworfen, klar, nicht immer alles zu Unrecht. Ich bin nicht der Papst der Geschäftsethik und habe mich auch in Grauzonen bewegt.