Fondsmanager Christian Exner "Banken kommen uns nicht ins Depot"

Christian Exner managt den „Kapital Opportunities Fonds“. Für 2017 rechnet er mit sehr volatilen Märkten und brandgefährlichen US-Aktien. Auch beim Dax ist er skeptisch. Ein Gespräch über Chancen - und No Gos.

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Die Risiken von Allianz bis Siemens

WirtschaftsWoche Online: Herr Exner, die US-Aktienindices erklommen zuletzt fast täglich Rekordhöhen, gleichzeitig sind die US-Zinsen deutlich angezogen, wird Ihnen da als Investor nicht langsam schummrig?
Herr Christian Exner: Die gegenwärtige Situation in den USA ist für einen Investor brandgefährlich. Bei vielen Unternehmen hat sich die Bewertung von der tatsächlichen fundamentalen Lage abgekoppelt und luftige Höhen erreicht. Haupttreiber war die unverantwortliche lange Nullzinspolitik der Zentralbank und die Annahme vieler Marktteilnehmer, dass dieser Zustand dauerhaft anhalte.

Dieser rein zentralbankgetriebene Bewertungsaufschlag müsste sich bei steigenden Zinsen schrittweise in Luft auflösen. Das die Märkte gegenwärtig dennoch weiterlaufen, hängt wohl auch mit der Wahl Donald Trumps und dessen blumigen Versprechen, hohe Infrastrukturinvestitionen zu tätigen und die Unternehmenssteuern zu senken, zusammen. Es werden also bereits Dinge eingepreist, die noch nicht einmal angestoßen, geschweige denn erfolgreich umgesetzt sind – dies ist nicht ohne Risiko und wird an der ein oder anderen Stelle zu Verwerfungen führen.

Christian Exner managt den noch jungen, 20 Millionen schweren „Kapital Opportunities Fonds“.Quelle Quelle: PR

  

Ziemlich weit oben sind auch deutsche Nebenwerte, der MDax kratzt ebenfalls am Allzeithoch, finden Sie da trotzdem noch investierbare Titel?
Es steht außer Frage dass die Nebenwerte in ihrer Gesamtheit bereits eine hohe Bewertung aufweisen. In unserem Bewertungsansatz orientieren wir uns an der nachhaltigen Cash-Flow-Stärke eines Unternehmens. Schaue ich mir unten diesem Gesichtspunkt den von Ihnen angesprochenen MDax an, offerieren die dort notierten Unternehmen im Durchschnitt eine Rendite von kleiner als drei Prozent; keine attraktive Größenordnung für einen Investor.

Dies bedeutet aber nicht, dass es nicht im Einzelfall immer wieder hervorragende Investmentchancen gibt. Beispielsweise haben wir in 2016 auch mit kleineren Unternehmen wie der Leifheit AG oder der Datagroup eine sehr schöne Performance erzielt. Aktuell sind wir unter anderem bei der MLP investiert, die nicht nur über sehr ansprechende Liquiditätsreserven verfügt, sondern auch in 2017 über Kosteneinsparungen einen spürbaren Ertragssprung realisieren wird. Im MDax sind sicherlich die Metro Vorzüge und die GEA einen tieferen Blick wert.

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Der Dax dagegen hängt ganz schön hinterher, gibt es dafür Gründe?
Die Liste an Themen die auf dem DAX lasten ist lang: Den Versorgern E.On und RWE fehlt nach wie vor ein belastbares Geschäftsmodell, nachdem unsere Bundesregierung ohne erkennbaren Masterplan von heute auf morgen den Atomausstieg beschlossen hat. Der Chemiekonzern Bayer verfällt dem Größenwahn und versucht für aberwitzige Beträge den Agrarkonzern Monsanto zu übernehmen.

  Volkswagen ist in einen nicht enden wollenden Abgasskandal verwickelt. Auf den Autobauern insgesamt lastet die Unsicherheit im Zusammenhang mit der aufkommenden Elektromobilität. Zudem ist die Frage zu stellen, ob diese normalerweise zyklisch verlaufenden Industrie nicht langsam den Wendepunkt erreicht. Finanztitel wie Allianz und Deutsche Bank befinden sich in einer Sandwichposition aus steigender Regulierung und wegbrechenden (Zins-)Erträgen. In Summe also ausreichende Gründe, warum der Dax kein großen Sprünge macht.

"Es spricht vieles für ein volatiles Jahr 2017."

Sehen Sie die Blue Chips also eher skeptisch?
Das kann man so pauschal nicht sagen. Zwar haben wir derzeit kein DAX-Unternehmen in unserem Portfolio, dafür jedoch diverse Blue Chips aus anderen Ländern wie zum Beispiel Großbritannien, Israel oder den USA. Auch haben wir bei Situation wie den Brexit gesehen, dass Unternehmen die heute noch teuer sind, bereits morgen preiswert sein können. Wir orientieren uns nicht nach Größenklassen.

Bei uns stehen rein die Qualität des Geschäftsmodells, die finanzielle Stärke sowie eine ansprechende, günstige Bewertung im Vordergrund. Erfüllt ein Unternehmen unseren anspruchsvollen Kriterienkatalog, kaufen wir zu - unabhängig davon ob es sich um ein Small oder Large Cap handelt. Beispielsweise haben wir zuletzt ein Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung in Höhe von 41 Milliarden Dollar ins Portfolio aufgenommen und prüfen derzeit ein Unternehmen mit einer Börsenbewertung von ca. 350 Millionen Euro auf Herz und Nieren.

Wird 2017 von ähnlich hohen Schwankungen begleitet sein wie 2016?
Es spricht vieles für ein volatiles Jahr 2017. Viele Probleme wurden durch die Niedrigzinspolitik und (wirkungslose) Stützungsmaßnahmen nur maskiert beziehungsweise in die Zukunft verschoben. Themen wie Griechenland und fehlende Solidität in der Bankenlandschaft werden uns weiterhin begleiten. Das hoch verschuldete Italien hat sein Handlungsunfähigkeit erst kürzlich durch das gescheiterte Referendum unter Beweis gestellt. In wichtigen Ländern wie Frankreich und auch bei uns herrscht durch das Wahljahr Stillstand – dies macht bitter nötige Strukturreformen schwierig. Die steigenden Zinsen in den USA dürften massiven Druck auf die Anleihenmärkte ausüben.

Für Anleger heißt das lieber raus aus Bond-Fonds.  Je nachdem wie stark das Zinsniveau steigt, ist auch eine Neubewertung am Aktienmarkt wahrscheinlich. Eine Vielzahl an Unternehmen hat die derzeit hohe Bewertung aus fundamentaler Sicht nicht verdient und wurde durch Sonderthemen wie die Niedrigzinspolitik mit nach oben gespült – Kursrückschläge sind also vorprogrammiert.

Das sind die wichtigsten Akteure auf dem Börsenparkett
Fondsmanager Quelle: Getty Images
Der Daytrader Quelle: Getty Images
Der Händler Quelle: dpa
Der Spezialist Quelle: dpa
Der Analyst Quelle: dpa
Der Hobby-Börsianer Quelle: Getty Images
Quelle Quelle: Getty Images

Und der Dax etwa endet dann wo?
Wir sind keine Freunde von Schätzungen und großen Zukunftsprognosen. Viel wichtiger ist es das Portfolio so auszurichten, das man auch in schwierigen Marktphasen eine positive Rendite für die Investoren erzielen kann – unabhängig davon ober der Dax Ende 2017 bei 14000 oder 9000 Punkten steht. Im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern haben wir die bereits hohen Bewertungen am Kapitalmarkt genutzt, um Kasse aufzubauen. So sind wir stets handlungsfähig, von Kurseinbrüchen am Aktienmarkt weniger betroffen und können dann niedrigere Kurse gezielt nutzen, um neu Unternehmen ins Portfolio aufzunehmen. Volatilität ist für uns also kein Risiko, sondern eine Chance die Gewinner von morgen zu kaufen. Zudem legen wir hohen Wert auf die finanzielle Solidität unser derzeitigen Portfoliounternehmen, die dank wiederkehrender Cashflows auch hoch volatile Marktphasen durchlaufen können und somit als Krisengewinner gelten.

"Wir folgen einem klar strukturierten Investmentprozess."

Wie gehen Sie bei der Titelselektion für Ihren Fonds vor?
Wir folgen einem klar strukturierten Investmentprozess. Um rein faktenbasiert vorzugehen und trotz tausender börsennotierter Unternehmen die Übersicht zu behalten haben wir ein quantitatives Vorselektionsmodell entwickelt. Dieses funktioniert wie eine Art Filter und stellt uns die Unternehmen heraus, die nicht nur starke Cashflows zeigen, sondern auch den Prozess der Kapitalallokation beherrschen, also die verfügbaren Mittel regelmäßig effizient und wertschaffend einsetzen. Gerade der letzte Punkt ist besonders wichtig, da eine gute Kapitalallokation auch häufig ein Indiz für gutes Management ist.

Ziel ist es gute, unterbewertete Unternehmen systematisch aufzudecken; und zwar rein basierend auf der fundamentalen Qualität und ohne subjektive Einflüsse. Im Anschluss unterziehen wir die aufgezeigten Unternehmen einer umfassenden Analyse, prüfen das Geschäftsmodell auf Herz und Nieren und sprechen mit dem Management. Bei der Bewertung versuchen wir stets konservativ vorzugehen und stellen nicht auf große Zukunftspläne, sondern die nachhaltige Ertragsstärke ab. Werden alle unsere Qualitäts- und Bewertungskriterien erfüllt und offeriert das Unternehmen ein Kursgewinnpotential von mehr als 30 Prozent, kaufen wir dieses in unser Portfolio.

Die zehn einflussreichsten Finanzzentren der Welt
Man nehme zweimal Europa, dreimal Asien und fünfmal die USA – fertig sind die Top 10 der einflussreichsten Finanzplätze der Welt. Mit 713 von maximal 1.000 möglichen Punkten belegt der Sitz von US-Präsident Barack Obama den zehnten Rang. Ansässig in der Metropole sind zentrale Finanzregulierungsinstitute wie die US-Notenbank und die US-Börsenaufsicht United States Securities and Exchange Commission (SEC), wodurch die Hauptstadt als marktpolitisch wichtigster Finanzstandort der USA hervorsticht. Quelle: DPA
Über 90 Prozent der rund 380.000 Arbeitsplätze in Zürich befinden sich im Dienstleistungssektor. Etwa ein Viertel davon stellt die Finanzbranche. Die Stadt ist geprägt von Banken und Finanzdienstleistern wie beispielsweise der Schweizerischen Nationalbank, der UBS, der Swiss Re oder auch der Zurich Insurance Group. Mit 716 Punkten findet sich Zürich auf dem neunten Platz ein. Dabei konnte die Stadt zwar ein leichtes Plus von zwei Punkten verzeichnen, verlor allerdings trotzdem drei Positionen im Vergleich zum vorherigen Ranking. Frankfurt, das sich gerne als Finanzschwergewicht sieht, ist übrigens nicht in den Top 10. Die Hessen liegen abgeschlagen auf Platz 19. Quelle: REUTERS
Das größte Plus der Top 10 konnte Chicago mit einem Zuwachs von zwölf Punkten auf nunmehr 718 Zählern verzeichnen. Die Stadt am Michigansee gilt als wichtiger Finanzplatz für Rohstoffe. So haben zwei Rohstoffbörsen hier ihren Sitz. Zum einen die älteste Terminbörse für Rohstoffe der Welt, das Chicago Board of Trade, die 1848 gegründet wurde, und zum anderen die Chicago Mercantile Exchange, eine der weltweit größten Metallbörsen. Im Jahr 2007 fusionierten die beiden Börsen zur CME Group. Quelle: REUTERS
719 Punkte gehen auf das Konto einer der wohlhabendsten Metropolen der USA. Boston hat sich seit den 1980er Jahren verstärkt im Finanzdienstleistungsmarkt positioniert und ist heute eines der Finanzzentren an der Ostküste. Größtes Unternehmen im Finanzmarkt der Metropole ist Fidelity Investments, eine der größten Vermögensverwaltungsgesellschaft der Welt. Allein 10.000 der insgesamt 50.000 Angestellten sind in Boston tätig. Quelle: AP
Das zweitstärkste Finanzzentrum der Vereinigten Staaten und mit 720 Punkten weltweit auf Rang 6 ist San Francisco. Die Metropole an der Westküste hat sich als der Finanzplatz Kaliforniens etabliert und sich vor allem in der New Economy positioniert. Größter Finanzdienstleister in San Francisco ist die Bank Wells Fargo mit einem Jahresumsatz von über 50 Milliarden US-Dollar. Nicht ganz unwichtig ist die sehr breit aufgestellte IT-Branche – allen voran das Silicon Valley südlich der Stadt. Quelle: DPA
Ganz hellhörig wird Haruhiko Kuroda, seines Zeichens Präsident der Bank of Japan, bei den neusten Zahlen des GFCI. Zwar weiterhin auf dem fünften Rang, konnte Tokio seinen Abstand zu den vorderen Plätzen deutlich verringern und steht nun bei 734 Punkten. Neben der Bank of Japan haben global führende Finanzdienstleistungsunternehmen wie die Mizuho Financial Group oder die Sumitomo Mitsui Financial Group ihren Sitz in der Hauptstadt Japans. Die größte Börse des Landes ist die Tokyo Stock Exchange. Quelle: DPA
Hongkongs starke Ausrichtung auf Finanz- und Versicherungsdienstleistungen hat sich ausgezahlt. Seit Jahren zählt die chinesische Metropole zu den führenden Finanzplätzen der Welt mit der Hong Kong Stock Exchange, eine der weltweit wichtigsten Börsen, und rund 200 ansässigen Banken. Knapp zwei Drittel der weltgrößten Banken haben Niederlassungen in der ehemaligen Kronkolonie. Dennoch musste die Stadt im Vergleich zum vorherigen Ranking Einbußen hinnehmen – fünf Punkte gingen verloren. Mit 748 Zählern steht Hongkong allerdings weiterhin auf dem vierten Rang. Quelle: DPA

Bleibt bei der Vorauswahl noch viel übrig, oder sind viele Aktien schon zu teuer?
Derzeit ist es schwierig, neue, attraktive Investmentchance zu identifizieren. Die Anzahl der Investmentideen aus unserem Vorselektionsmodell ist überschaubar. Zwar finden wir gerade im deutschsprachigen Raum viele exzellente Unternehmen, jedoch scheitert es sehr häufig an der Bewertung.  Cashflow Renditen von unter vier Prozent wie es die meisten Unternehmen in Europa und auch den USA offerieren,  reichen uns nicht. Hier sind wir konsequent und fahren einen absoluten Anspruch. Das heißt alle unsere Qualitäts- und Bewertungskriterien müssen erfüllt sein, sonst investieren wir nicht. Aktuell verfügen wir über eine hohe Kassen-Quote im Fonds. Unsere Watchlist ist mit vielen hervorragenden Unternehmen gefüllt. Hier investieren wir, sobald die Preise wieder stimmen.

So viel schütten Dax-Konzerne 2017 aus
Dividendenarie Quelle: DPA
Daimler Quelle: AP
Fresenius Quelle: dpa
Pro Sieben Sat 1 Quelle: DPA
Munich-Re Quelle: REUTERS
Deutsche-Telekom Quelle: DPA
Eli-Lilly Quelle: AP

Welche Aktien wollen Sie derzeit kaufen, welche abbauen, welche Papiere und Branchen würden Sie generell meiden?
Wir stellen ungern Einzelinvestments oder unsere aktuelle Kauflist ins Schaufenster. Schließlich gehört zu einem erfolgreichen Fondsmanagement nicht nur, gute Investmentchancen aufzudecken, sondern auch die Positionsgröße richtig zu steuern. Zudem sind wir bei einer fundamentalen Fehlentwicklung schmerzfrei und verkaufen konsequent.

Was wir meiden kann einfacher beantwortet werden: Banken kommen uns nicht ins Depot, da die Risiken nicht überschaubar sind und der Regulierungsdruck anhalten dürfte. Auch lassen wir die Finger von Immobilienaktien, da zum einen häufiger der Cashflow zu schwach ist, und zum anderen steigende Finanzierungskosten („Zinswende“) massiven Gegenwind bedeuten wird. Zurückhaltend sind wir auch bei Rohstoffunternehmen, da sich hier die Zahlungsströme nur schwer planen lassen und sich auch ein gutes Management einem möglichen Preisverfall nicht vollständig entziehen kann. Wir lieben Planungssicherheit.

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