Geldanlage Jetzt mit Aktien verdienen

Kursstürze haben Anleger verschreckt. Sie parken ihr Geld auf Tagesgeld- Konten, vorsichtshalber. Doch in ein erfolgreiches Depot gehören auch Aktien. Mit welchen Strategien Sie chancenreich anlegen, welche Instrumente vor Risiken schützen.

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Illustration: Anleger reitet auf Börsenbullen Quelle: Thomas Fuchs

Ein Börsenroman in den Bestseller-Listen? In Deutschland ist das eine Überraschung. Nicht mal jeder zwanzigste Deutsche hält noch Aktien im Depot, in den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Aktionäre um gut ein Drittel gefallen. „Viel zu riskant“, meinen die meisten, und haben angesichts von Finanz-, Schulden- und Eurokrise Aktien den Rücken gekehrt.

Der Erfolg des Romans von Robert Harris („Vaterland“) deutet aber keineswegs eine Trendumkehr an. „Angst“ heißt das Werk – und spiegelt das Unbehagen an der Börse perfekt wider. Protagonist Alex Hoffmann, ein Hedgefonds-Manager, macht in der Krise Milliarden: „Unsere Algorithmen sind gerade bei Panik erfolgreich, weil der Mensch, wenn er Angst hat, immer auf vorhersehbare Weise reagiert“.

Vorhersehbar, aber nicht richtig. „Die Kunden sind nervös und wollen Risiken meiden“, beobachtet Ulf Niklas, Finanzberater aus Berlin, in der realen Welt. Viele werfen jetzt eine über Jahre sorgsam aufgebaute Vermögensstruktur über den Haufen, bunkern nur noch Tagesgeld oder stecken aus Angst vor Inflation und Eurokrise ihr ganzes Vermögen in Immobilien.

Sicher: In den vergangenen Jahren haben schwankende Kurse Aktionären einiges an Nerven abverlangt. Trotzdem ist das Risiko groß, dass Anleger mit ihrer Abneigung gegen riskantere und damit renditeträchtigere Investments schlecht fahren. Durchschnittlich 1,8 Prozent auf dem Tagesgeldkonto reichen schon jetzt nicht, um die aktuell 2,3 Prozent Inflation auszugleichen.

Aktien bieten als Sachwerte zumindest teilweise Schutz vor Inflation. Und nur über sie können sich Anleger an den produktiv erwirtschafteten Gewinnen einer Volkswirtschaft beteiligen. Es ist deshalb besser, mit angezogener Handbremse zu investieren, als überhaupt nicht im Kursaufschwung dabei zu sein. „Handbremse“ steht in diesem Fall für Streuung, Absicherung und ein paar psychologische Tricks.

Wer in der Krise nur Aktien hielt hat rund 22 Prozent des Wertes verloren

Zitate aus Robert Harris "Angst"

Schon jetzt ist der Dax seit Jahresanfang um fast fünf Prozent gestiegen. Die Warnungen vor einer Pleite Griechenlands, dem Zerfall der Euro-Zone und einer Rezession in Europa hatten die Kurse weit gedrückt. Doch es ist längst nicht ausgemacht, dass es dazu wirklich kommt.

Spätestens im zweiten Halbjahr rechnen Ökonomen in Deutschland wieder mit einer anziehenden Konjunktur: Die Auftragsbücher der Unternehmen sind voll, die Deutschen kaufen ein wie selten zuvor. So stieg der private Konsum im vergangenen Jahr um 1,5 Prozent – der größte Zuwachs seit Beginn der Finanz- und Schuldenkrise.

Außerdem hilft der schwache Euro den exportstarken deutschen Unternehmen. Und die Europäische Zentralbank hat Staatsanleihen für über 200 Milliarden Euro gekauft und allein im Dezember 500 Milliarden Euro in kriselnde Banken gepumpt. Gelingt es, die Lage weiter zu stabilisieren, werden die Aktienkurse wieder deutlich zulegen.

Das Grundrezept für ein ausgewogenes Depot ist einfach: Anleger sollten ihr Geld streuen. Bewährt haben sich fixe Anteile für verschiedene Anlageklassen: So können sie je 30 Prozent ihres Vermögens in Aktien und Anleihen solider Unternehmen investieren, 25 Prozent in Gold und 15 Prozent als Tagesgeld parken.

Nicht von Angst leiten lassen

Börsenhändler arbeiten in der Deutschen Boerse in Frankfurt am Main Quelle: dapd

„Das Schwierige ist, an einer solchen Aufteilung auch wirklich festzuhalten“, sagt Martin Weinrauter, Vermögensverwalter und Fondsberater aus Königstein im Taunus. Einmal im Jahr sollten Anleger die Depotanteile wieder auf das gewünschte Niveau bringen. „Das zwingt dazu, sich nicht von Euphorie oder Angst leiten zu lassen.“

In den vergangenen Krisenjahren ist diese Strategie gut aufgegangen. So hat der Dax seit Anfang 2008 rund 22 Prozent verloren. Mit der Musteraufteilung liegen Anleger hingegen 27 Prozent vorn.

Gut geeignet sind Aktien und Anleihen von großen Unternehmen, die mit starken Marken weitgehend unabhängig von den zyklischen Schwankungen der Konjunktur ihr Geld verdienen (siehe Tabelle).

Sturmerprobtes Depot für Vorsichtige
Mit einer Mischung aus Aktien, Anleihen, Gold und Bargeld haben Anleger die Chance auf Gewinne und sind für Krisen gerüstet (Anteile am Gesamtdepot jeweils in Prozent)
Aktien, 30 % des Depots (Branche/Land)ISINKurs1Kurs-Gewinn- Verhältnis2Dividende2, 3
Nestlé (Nahrung, CH)CH003886335044,2016,03,7
McDonald’s (Fast Food, USA)US580135101778,2717,52,8
Beiersdorf (Konsum, DE)DE000520000043,2921,91,6
Fresenius Med. Care (Pharma, DE)DE000578580253,8317,01,3
Gilead Sciences (Biotech, USA)US375558103634,5510,7keine
Anleihen, 30 % Anteil  (Branche/Land)ISINKurs1LaufzeitRendite3
Stada (Pharma, DE)XS0503278847102,5021.4.20153,0
Porsche (Auto, DE)DE000A0GMHG2104,001.2.20162,7
Heineken (Konsum, NL)XS0456567055108,5610.10.20162,6
Evonik (Chemie, Energie/DE)XS0456708212111,6714.10.20142,5
Deutsche Bahn (Transport/DE)XS0205790214109,8523.11.20162,0
Gold, 25 % AnteilArtISINKurs1Wertentwicklung3 seit
1 Jahr3 Jahren
Anlagemünzen (1 Unze)physischentfällt1291,2327,0110,1
Cash, 15 % AnteilZinsKontakt (Telefon/www.)Einlagensicherung
ING Diba1,750 69-50 50 01 05/ing-diba.debis 1352 Mio. Euro
Tagesanleihe Bund0,2308 00-2 22 55 10/deutsche-finanzagentur.dekomplett
1 in Euro; 2 Schätzung für 2012; 3 in Prozent; Quelle: Bloomberg, eigene Recherche; Stand: 12. Januar 2012

Konsumgüter sind sicher

Ein Big Mac der Fastfood-Kette McDonald Quelle: dpa

Auch in Krisenzeiten geben Menschen Geld für Nahrung, Gesundheit und wichtige Konsumgüter aus. Aktien von weltbekannten Konzernen wie die des Schweizer Lebensmittelkonzerns Nestlé, der US-Fast-Food-Kette McDonald’s oder des deutschen Konsumgüterkonzerns Beiersdorf haben vergangene Krisen gut überstanden.

So legte der Kurs von McDonald’s in den vergangenen fünf Jahren um mehr als 130 Prozent zu, während der Dax sieben Prozent verlor. Auch Nestlé hat den Dax locker geschlagen. Außerdem kommen Nestlé-Aktionäre aktuell noch auf fast vier Prozent Dividendenrendite und seit mehr als 15 Jahren haben die Schweizer ihren Aktionären Jahr für Jahr mehr Dividende ausgezahlt.

Bei Mischung verschiedener Anlageklassen können Verluste der einen Anlage dann häufig durch Gewinne der anderen wenigstens ausgeglichen werden. So hat vor allem der stark gestiegene Goldpreis in den vergangenen Jahren das Musterportfolio ins Plus gebracht.

Wie sich Investitionen in den Schutz des Wertpapierdepots rechnen

Depots, die zu gleichen teilen Aktien und Tagesgeld hielten fielen um 8 Prozent

„Auf absehbare Zeit ist eine hohe Edelmetallquote von 25 bis 30 Prozent sinnvoll“, sagt Herwig Weise, Vermögensverwalter aus Hamburg. Gold als Krisenversicherung gehört ins Depot.

Eine gute Mischung bringt zum einen langfristig Rendite und hilft Anlegern zum anderen, kurzfristige Schwankungen ihres Depots abzumildern. Wer im Depot nur wenige Anlagen hat, deren Wert sich parallel entwickelt, senkt das Risiko, innerhalb kurzer Zeit viel Geld zu verlieren.

So vermeidet er Panikreaktionen, etwa überstürzte Verkäufe. Zwischen den Wertschwankungen von Dax und Gold besteht über mehrere Jahre kein Zusammenhang. Anleihen guter Qualität bleiben weitgehend stabil, selbst wenn es an der Börse kracht.

Auch bei einzelnen Aktien gibt es solche, deren Kurse sich besonders häufig in die gleiche Richtung entwickeln (hohe Korrelation) und andere, deren Kurse kaum gleich laufen (geringe Korrelation).

Im Dax sind vor allem Beiersdorf und Fresenius kaum mit den anderen Index-Aktien korreliert. Dax-Anleger, die sie ihrem Depot beimischen, verzichten im Aufschwung womöglich auf extreme Gewinne, schonen bei Abstürzen dafür aber ihre Nerven.

In der Summe weniger Risiko

Ein VW Quelle: dpa

Wer hingegen Aktien aus der selben Branche kauft (Daimler, BMW, VW und MAN) muss damit rechnen, dass deren Kurse zeitgleich steigen oder fallen. Schnell macht der Wert des Depots dann in kurzer Zeit große Sprünge. Auch Aktien aus unterschiedlichen, aber doch generell konjunkturabhängigen Branchen – etwa BASF, Siemens und ThyssenKrupp – entwickeln sich über mehrere Jahre in die gleiche Richtung.

„Wir wollen mehr Risiken, aber in der Summe weniger Risiko“, beschreibt Anleihenspezialist Sven Lang von Swiss & Global Asset Management seinen Ansatz. Die Fondsgesellschaft ist für den Fonds JB Absolute Return Bond verantwortlich, der mit Anleihen und Währungen in jeder Marktlage Gewinn machen will. „Dafür setzen wir auch auf negative Korrelationen innerhalb von Märkten und zwischen Märkten.“

Selbst ein guter Risikomix schützt natürlich nicht komplett vor Verlusten. Auch ganz verschiedene Anlageklassen können gleichzeitig in den Keller gehen, etwa wenn Investoren, deren Kredite gekündigt wurden, schlagartig alles zu Geld machen.

In besonders unsicheren Zeiten kann es daher sinnvoll sein, sich direkt vor Kursstürzen zu schützen. „Wir versuchen, weder dauerhaft noch vorübergehend Verluste zu machen“, beschreibt Frank Fischer, Fondsmanager des Frankfurter Aktienfonds für Stiftungen, seinen Ansatz.

Seit dem Frühjahr 2009 ist der Wert des Fonds fast ununterbrochen gestiegen – insgesamt um 125 Prozent. Selbst zwischen Juli und September 2011, als der Dax rund 30 Prozent verlor, legte Fischers Fonds ein paar Prozentpunkte zu.

Welche deutschen Unternehmen an die Börse drängen
Eine Werbung für Evonic Industries Quelle: AP
Energiesparlampen werden bei Osram in Verkaufsverpackungen abgepackt Quelle: dpa
Ein Containerschiff der Hapag-Lloyd-Reederei Quelle: AP
Ein Schild des Versicherungskonzerns Talanx in Hannover vor der Konzernzentrale Quelle: dapd
Ein Kolben für PKW-Dieselmotoren von der Firma Kolbenschmidt Pierburg Quelle: Pressebild
Katalysatoren Quelle: obs
Chips des Herstellers Lantiq Quelle: Pressebild

Mischdepots mit 30% Aktien, 30% Anleihen, 25 % Gold und 15% Tagesgeld haben um 27,3% zugelegt

Wie das geht? Fischer sagt, er versuche, gegen den Strom zu schwimmen. „Wenn der Markt depressiv ist und keiner Aktien will, dann kaufen wir. Wenn der Markt in Superlaune ist und alle Aktien kaufen, dann verkaufen wir“, sagt Fischer.

Fischers antizyklischer Ansatz allein reicht aber nicht, um den stetigen Wertzuwachs zu erklären. Was hinzukommt: Er sichert seinen Fonds ab – und hat dabei ein gutes Händchen bewiesen. Zur Absicherung nutzt Fischer Termingeschäfte (Future), die ihm das Recht einräumen, einen Aktienkorb (zum Beispiel den Dax) zu einem heute festgezurrten Preis zu verkaufen.

Fällt der Dax, steigen seine Termingeschäfte im Wert. Mit diesem Gewinn kann er Verluste, die er mit Aktien aus dem Fonds gemacht hat, dann ausgleichen.

Ende Juli 2011 hatte Fischer 80 Prozent seiner Aktien über Futures abgesichert. Als die deutschen Aktienindizes dann im August und September um rund 30 Prozent einbrachen, legte der Wert der Futures spiegelbildlich zu. Fischer war vor den Verlusten diesmal geschützt.

Auch aktuell investiert der Fondsmanager lieber nur mit angezogener Handbremse. Vor allem in den USA sind ihm die Investoren schon wieder zu optimistisch. „Noch hält sich die allgemeine Zuversicht in Deutschland in Grenzen, aber die Risiken steigen auch hier“, sagt Fischer.

Depot gegen Kursstürze schützen

Ein Plastik-Bulle vor der DAX-Tafel Quelle: dpa

Die gestiegenen Kurse, seit September hat der Dax schon wieder mehr als 20 Prozent zugelegt, hat Fischer genutzt, um zum Jahresanfang die ersten Aktien zu verkaufen. Über 30 Prozent des Fondsvermögens hält er zur Zeit als Cash – nicht bei der Bank, sondern in kurzlaufenden Bundesanleihen. „Die bringen keinen Zins, aber ich habe die größtmögliche Sicherheit, mein Geld auf jeden Fall zurückzubekommen.“

Auch Privatanleger können ihr Depot relativ einfach gegen Kursstürze absichern. Zwar ist es für sie kaum möglich, in Futures zu investieren, aber auch mit Optionsscheinen, Zertifikaten und Short-Indexfonds (Short-ETFs) können sie Risiko aus dem Depot nehmen. Generell steht „short“ im Börsenjargon für Wetten auf fallende Kurse. Ein Short-Indexfonds auf den Dax profitiert also, wenn der Dax fällt.

Vor allem aus psychologischen Gründen können solche Absicherungen helfen. Natürlich könnte man, wenn die Kurse nach unten rauschen, auch einfach die Hälfte der Aktien verkaufen und so das Risiko halbieren. „In der Praxis wird der Anleger dann aber später die Aktien nicht wieder zurückkaufen“, hat Berater Niklas beobachtet.

Gebranntes Kind scheut das Feuer: Wer sich einmal von einer Aktie verabschiedet hat, traut sich lange Zeit nicht mehr, diese wieder zu kaufen – so er sie dann überhaupt noch beobachtet. Genauso fatal ist es, wenn der Anleger verkauft hat und die Aktie anschließend wieder steigt.

Aktien halten und Wert mit anderen Produkten abstützen

Jetzt teurer wieder zurückzukaufen bedeutet, einen Fehler zuzugeben – das tut niemand gern. „Wer Aktien nicht hat, wenn sie fallen, der hat sie auch nicht, wenn sie steigen“, sagte der 1999 verstorbene Börsenguru André Kostolany.

Behält der Anleger dagegen seine Aktien und sichert den halben Depotwert durch Short-Produkte ab, hat er im Crash eine wichtige psychologische Stütze. Wenn alles fällt und rot aufleuchtet, steigen die Shortprodukte im Depot in den grünen Bereich.

Die Absicherungsprodukte zu verkaufen, fällt später deutlicher leichter, als ein Depot wieder neu aufzubauen. Mögliche Verluste aus der Absicherung kann der Anleger im Geiste als Versicherungsprämie verbuchen.

Absicherung kann auch Steuervorteile bringen. Aktionäre, die ihre Aktien noch vor Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 gekauft haben, müssen auf spätere Kursgewinne dauerhaft keine Steuer zahlen. Verkaufen sie die Wertpapiere aber, um einer Kursdelle zu entgehen, und kaufen sie später zurück, ist der Steuervorteil futsch.

Mit einer Absicherung über Optionsscheine, Zertifikate oder Short-Indexfonds federt der Anleger einen Kurssturz ab, ohne sich die Aussicht auf steuerfreie Gewinne zu nehmen.

Wie sich eine solche Absicherungsstrategie bei realen Börsenturbulenzen bewährt, zeigt der Rückblick auf eine von der WirtschaftsWoche im Mai 2011 vorgestellte Dax-Absicherung mithilfe von Shortzertifikaten.

Enorme Hebelwirkung

Hobby-Fußballspieler auf einem Spielfeld Quelle: dpa

Wie auch Short-Indexfonds legen diese Zertifikate zu, sobald der Dax nachgibt. Sie haben jedoch eine enorme Hebelwirkung. Das heißt, sie steigen prozentual wesentlich stärker, als der Dax fällt. Es genügt also schon ein kleiner Einsatz, um Verluste mit Aktien ganz oder teilweise auszugleichen.

Das Dax-Shortzertifikat kostete bei einem Dax von 7500 Punkten um die 3,50 Euro. Im Sommer stürzte der Dax ab, bis auf weniger als 5000 Punkte am 12. September. Das Zertifikat aber verachtfachte sich gleichzeitig im Wert.

Ein 50.000-Euro-Depot aus deutschen Standardaktien schrumpfte auf 33.100 Euro. Die vorgestellte Komplettabsicherung mit 667 Zertifikaten glich die 16.900 Euro Verlust fast auf den Cent genau aus; die Teilabsicherung mit 414 Zertifikaten grenzte das Minus auf rund 6400 Euro ein.

Die Teilabsicherung ergab sich aus den erwarteten Dividenden der Dax-Werte. Bei einem 50.000er-Depot waren das 1450 Euro, die zur Absicherung eingesetzt werden sollten. Vergleichbare und nach den selben Formeln errechnete Modelle für eine Absicherung finden Sie in der Tabelle unten. Wer anstelle von 50 .000 Euro Depotwert 10 000 Euro absichern will, teilt die vorgeschlagene Zahl der Zertifikate einfach durch fünf.

Generell gilt, dass eine Komplettabsicherung in unübersichtlichen, sich zuspitzenden Börsenphasen – etwa nach stärkeren Kurssteigerungen – eingesetzt werden sollte. Eine dauerhafte Lösung ist sie nicht: „Im Fußball machen Mannschaften, die sich immer nur hinten reinstellen, auch selten ein Tor“, sagt Fondsberater Weinrauter. „Mehr Sicherheit bedeutet eben auch weniger Chance.“

Weinrauter ist für den Fonds Warburg Daxtrend verantwortlich, der zwar die Kursanstiege im Dax weitgehend mitmachen, Kursstürze hingegen möglichst meiden will. Dazu versucht er, mit mathematischen Modellen Trends auszumachen.

Nerven schonen

Sobald diese einen Abwärtstrend signalisieren, fährt Weinrauter die Absicherung über Futures hoch. So schnitt er in Minusjahren wie 2008 und 2011 deutlich besser ab als der Dax. Weil die Mannschaft sich dann aber auch in guten Jahren wie 2010 hinten reinstellte, machte sie kaum Punkte.

Immerhin haben Fondsanleger so ihre Nerven geschont, denn der Fondswert hat ein Drittel weniger stark geschwankt als der Dax selbst.

Fondsmanager Fischer versucht, auch bei der Absicherung antizyklisch zu handeln. Er nutzt dazu spezielle Stimmungsdaten, etwa die der deutschen Beratungsgesellschaft Sentix: „Wenn sehr viele Anleger optimistisch sind, steigt das Risiko von Enttäuschungen und fallenden Kursen, weil die Optimisten in der Regel schon gekauft haben und als künftige Käufer ausfallen.

Wir sichern uns dann stärker ab.“ So kann Fischer sich vor einem späteren Verlust im Idealfall schon schützen, bevor ein Abwärtstrend entsteht. Fallen die Kurse wider Erwarten doch nicht, löst Fischer die Absicherung wieder auf: „Wir arbeiten mit engen Stoppkursen und halten auf keinen Fall borniert an der Absicherung fest.“

Handbremse lösen

Eine OLehman-Aktie Quelle: dapd

Auch für Privatanleger ist es wichtig, die Absicherung im Blick zu behalten. Denn Shortzertifikate mit größerem Hebel verlieren extrem schnell an Wert, wenn die abzusichernden Aktienkurse nicht fallen, sondern steigen. Lösen Anleger dann nicht die Handbremse, können sie ihre Rückstände nur noch schwer aufholen.

Stoppkurse, bei deren Unterschreiten die Sicherung aufgelöst werden sollte, sind einzuhalten. Wer sich diese Disziplin nicht selbst zutraut, sollte sein Geld besser in einen Aktienfonds mit breiter Streuung und Absicherung investieren (siehe Tabelle).

Zertifikate sollten noch aus einem weiteren Grund nur kurzfristig eingesetzt werden. Anleger tragen hier das Risiko, dass der Herausgeber des Papiers, die Bank, die verbrieften Ansprüche später wegen Finanzproblemen nicht erfüllen kann.

Tabelle: Als zusätzlichen Schutz können Anleger in defensive Fonds investieren oder mit speziellen Wertpapieren ihr Depot absichern.

Die Lehman-Pleite 2008 hat gezeigt, dass dieses Emittentenrisiko nicht nur Theorie ist. Für die langfristige Absicherung eignen sich Zertifikate deshalb nicht – und schon gar nicht als Schutz gegen einen Zusammenbruch des Finanzsystems.

Alternativ können Anleger ihre Depots auch mit Short-Indexfonds (Short ETFs) absichern. Allerdings ist dafür im Vergleich zu Zertifikaten meist deutlich mehr Geld nötig. So steigt ein normaler Short-Indexfonds auf den Dax um ein Prozent, wenn der Dax ein Prozent an Wert verliert. Wer sich komplett absichern will, müsste also für den gesamten Depotwert Short-Indexfonds kaufen.

Nur für ein paar Monate sinnvoll

Da der direkte Zusammenhang aber nur für die tägliche Indexentwicklung gilt, können sich über längere Zeiträume Abweichungen zu Gunsten oder zu Ungunsten der Anleger ergeben. „Short-ETFs sind daher maximal für ein paar Monate sinnvoll“, sagt Honorarberater Niklas.

Anders als Zertifikate und Optionsscheine stellen die ETFs Sondervermögen des Anlegers dar. Im Fall einer Pleite des ETF-Herausgebers hat der Anleger also Anspruch auf die hinterlegten Wertpapiere im Fondsvermögen.

In der Praxis hängen die Short-ETFs jedoch trotzdem an der Zahlungszusage einer Bank, da die Herausgeber der ETFs selbst wiederum Derivate nutzen, um die ETF-Wertentwicklung sicherzustellen. „Das Misstrauen der Anleger gegenüber solchen synthetischen Produkten ist seit Ausbruch der Finanzkrise verständlicherweise groß“, sagt Niklas. Für die kurzfristige Absicherung sind die Swap-Risiken aber tragbar.

Algo-Trader werden verantwortlich gemacht

Dax-Tafel Quelle: dpa

In den vergangenen Jahren haben die Schwankungen an den Börsen weltweit stark zugenommen. So stieg oder fiel der Dax in den vergangenen zehn Jahren an 173 Handelstagen um mehr als drei Prozent. Derartig große Sprünge waren früher die absolute Ausnahme (siehe Grafik).

Für die stärkere Schwankungsintensität (Volatilität im Fachjargon) werden vor allem Börsenhändler mit vollautomatischen Kauf- und Verkaufsprogrammen verantwortlich gemacht, sogenannte Algo-Trader. Oft arbeiten deren Computerprogramme mit gleichartigen Modellen, sie folgen bestimmten Trends und treiben große Kurssprünge daher noch weiter an.

Einige Algo-Trader nutzen auch minimale Kursentwicklungen aus. Um am Ende trotzdem einen großen Gewinn zu machen, handeln sie massenhaft Aktien und halten diese nur Sekundenbruchteile.

Das Risiko von Kettenreaktionen ist dadurch besonders groß. Kein Mensch kann eingreifen, wenn etwas falsch läuft. In den USA machen solche Hochfrequenzhändler schon 70 bis 80 Prozent des Aktienhandels aus, in Deutschland kaufen und verkaufen sie etwa jede zweite gehandelte Aktie.

Häufigkeit großer Kurssprünge im Aktienindex Dax

Die Hochfrequenzhändler sollen auch an dem Flash-Crash in den USA vom 6. Mai 2010 schuld sein. Damals verlor die US-Börse binnen Minuten über neun Prozent, erholte sich dann aber wieder.

Die immer höhere Volatilität vertreibt Versicherer, Pensionskassen und private Anleger von der Börse, die ihnen zunehmend unkalkulierbar erscheint. Anleger haben aber auch die Möglichkeit, von dieser Volatilität zu profitieren.

Der Mechanismus ist einfach: Bei fallenden Aktienkursen nimmt die Hektik an der Börse zu, die Kurse schwanken stärker, die Volatilität steigt. Volatilitätsindizes (wie der deutsche VDax, oder der US-Index VIX) bilden diese Schwankungen ab, sie gelten an der Börse als Angstbarometer.

Nichts scheint so sicher wie die Krise

Tatsächlich haben sich der US-Aktienindex S&P 500 und der zugehörige US-Volaindex VIX sowie der Dax und sein deutscher Volaindex VDax in den vergangenen Jahren sehr häufig entgegengesetzt entwickelt. Praktisch für die Absicherung ist, dass die Schwankung stärker steigt, als die Aktienkurse fallen: Im Durchschnitt machten die Volaindizes zwei bis drei Prozent gut, wenn die Aktienkurse ein Prozent verloren.

Trotzdem sind Anleger zumindest mit Vola-Zertifikaten in der Vergangenheit meist schlecht gefahren. So hatte Goldman Sachs zum Beispiel 2005 ein Zertifikat auf den US-Volaindex VIX herausgegeben. Obwohl sich der VIX seitdem etwa verdoppelt hat, haben Anleger mit dem Zertifikat 99 Prozent verloren. Das liegt daran, dass sich die Anbieter selbst gegen stärkere Schwankungen absichern müssen und diese Absicherung sehr teuer ist.

Neuere Produkte versuchen mit ausgeklügelten Modellen die Absicherungskosten gering zuhalten – bislang recht erfolgreich. Das kann eine spannende Absicherung sein, denn nichts erscheint derzeit so sicher wie die nächste Krisenzuspitzung mit starken Kursausschlägen. Außerdem müssen Anleger, anders als bei Shortzertifikaten, mit Vola-Investments nicht direkt gegen ihre Depotpositionen wetten. Das ist gut fürs Ego.

Der Genfer Hedgefonds von Alex Hofmann im Bestseller „Angst“ handelt jedenfalls massenhaft mit Derivaten auf den VIX. Am Ende des Buchs drohen die automatischen Kauf- und Verkaufsaufträge aus dem Ruder zu laufen und die Börsen weltweit zusammenbrechen zu lassen.

Ganz so arg sollten es Privatanleger bei der Absicherung dann doch nicht treiben.

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