„Hol mir mal `ne Flasche Bier“ – nicht nur Altbundeskanzler Gerhard Schröder ist ein bekennender Freund des kühlen Gerstensaftes. Für viele Deutsche gehört Bier einfach dazu. Insgesamt 96,5 Millionen Hektoliter haben deutsche Brauereien im vergangenen Jahr verkauft. Das sind immerhin 1,2 Milliarden Standard-Bierkisten. Gerade jetzt zum Karneval, während einer Fußball-WM oder in der Grill-Saison hat Bier Hochkonjunktur.
Dabei sind es längst nicht mehr nur die großen Marken wie Beck's, Krombacher oder Warsteiner, deren Produkte kistenweise in deutsche Wohnungen wandern. Kleine, regionale Brauereien haben das Interesse der Kunden geweckt. Für Bier gilt das gleiche wie für Äpfel, Brot und Kartoffeln: Produkte mit dem Label „Aus ihrer Region“ begeistern den Käufer.
Torsten Schumacher möchte das wachsende Interesse an regionalen Produkten für sich nutzen. Seit 2009 ist er Inhaber einer der kleinsten Brauereien Norddeutschlands, der Grönwohlder Hausbrauerei. Doch seit einem halben Jahr gibt es bei Schumacher nicht nur Pils und Landbier, sondern auch Bier-Aktien. 1000 Euro müssen Anleger berappen, um ein Papier zu erwerben. Dafür bietet Schumacher einen satten Zins von zehn Prozent. Viele Dax-Konzerne können da nicht mithalten.
Flüssige Dividende
Der Clou: Die Dividende wird in Naturalien gezahlt. Jeder Aktionär bekommt pro Jahr Grönwohlder Bier im Wert von 100 Euro – das sind immerhin acht 20er-Kästen Pils. Zusätzlich bietet die Brauerei ihren Anlegern ein kostenloses Bierbrauseminar, Freibier und Suppe bei der jährlichen Aktionärsversammlung und natürlich ein echtes Grönwohlder Bierglas.
Torsten Schumacher hat viele Pläne für seine kleine Brauerei und möchte sie gerne vergrößern. Aber zusätzliche Kisten, Flaschen, Etiketten oder Laster für den Transport kosten eben viel Geld. Auch neue Mitarbeiter würde Schumacher gerne einstellen. „Dann überlegst Du dir, wie Du an die zusätzliche Liquidität kommst, um das alles zu leisten“, sagt der Norddeutsche. Banken sind angesichts der sich gerade erst abschwächenden Euro-Schuldenkrise nicht gerade freigiebig, was Kapital für junge Unternehmen angeht. Das weiß auch Schumacher. Deshalb baut er lieber auf das Vertrauen seiner Kunden.
Nicht nur der Geschäfte wegen
Und der Zustrom gibt Schumacher recht, immer mehr Leute wollen Anteile an seiner Brauerei erwerben. Mit den damit verbundenen Risiken geht Schumacher offen um. „Die Leute wissen, dass sie im Falle einer Insolvenz ihr Geld verlieren könnten“. Er baut auf das Vertrauen der Anleger, wer nur ans Geschäfte-machen denke, sei bei ihm an der falschen Adresse. Nach drei Jahren kriegen die Anleger ihr eingezahltes Kapital zurück.
Auf derartige Liebhaberpapiere setzt nicht nur Schumacher. Für die WalderBräu AG aus Königseggwald nahe dem Bodensee waren die Bürger-Aktien sogar der einzige Weg, um zu überleben. Als der oberschwäbischen Brauerei die Schließung drohte, tat sich eine Gruppe von Bürgern zusammen, die Brauerei wurde als Aktiengesellschaft weitergeführt. Bierfreunde können Aktien zu einem Nennwert von 500 Euro zeichnen. Um zu verhindern, dass einzelne Großaktionäre die Geschicke des Unternehmens steuern, wurde die Zahl der Aktien pro Person begrenzt. Mittlerweile gibt es sogar eine Warteliste für Interessenten, erst wenn ein Aktionär seine Papiere verkauft, kann wieder gezeichnet werden. Auch die WalderBräu AG setzt auf die flüssige Dividende. So wollen die Brauereien sicherstellen, dass es sich bei den Aktionären eher um Freunde regionaler Biere als um renditehungrige Anleger handelt.
Das derartige Bürger-Aktien auch dauerhaft eine gute Sache sein können, zeigt das Beispiel der Bürgerbräu Wolnzach AG. Die Bayerische Brauerei wurde 1999 als Aktiengesellschaft mit Bürgerbeteiligung gegründet. Selbst im Ausland fanden sich Aktionäre, die die Aktien zeichnen wollten. Auch eine Kapitalerhöhung hat die Bürgerbräu Wolnzach AG erfolgreich gemeistert. Heute haben rund 1180 Aktionäre die Papiere gezeichnet.
Zwischenfazit: Bier-Aktien mit flüssiger Dividende sind eindeutige Liebhaberpapiere. Anleger müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie oft in kleine, junge Unternehmen investieren – das birgt ein gewisses Ausfallrisiko. Ein Blick in die Geschäftszahlen kann also nicht schaden. Dennoch: Wer seine lokale Brauerei unterstützen will und seine Dividende lieber zum Anfassen im Keller hat als auf dem Depotkonto, für den lohnt sich die Bier-Aktie. Ein Ende des Booms um regionale Produkte ist nicht absehbar, und davon dürften auch die regionalen Biere weiter profitieren. Während große Brauereien zur Zeit versuchen, über den Preis Marktanteile zu gewinnen, können sie auf regionale Inhaltsstoffe und Spezialitäten setzen. Und: Welcher Dax-Konzern kann schließlich eine so leckere Dividende zahlen wie die Brauereien? Auch auf den Hauptversammlungen von E.On und Co. gibt es nichts anderes als Bier und Suppe.
Bierkonzerne in Übernahme-Laune
Wer auf Kursgewinne nicht ganz verzichten mag, der muss sich an der Börse nach den großen Bier-Konzernen umsehen. Beispielsweise Anheuser Busch InBev. Der belgisch-brasilianische Konzern ist die größte Brauereigruppe der Welt, rund 400 Millionen Hektoliter Bier verkauft das Unternehmen weltweit. Mehr als 200 Biermarken gehören zu der Gruppe, auch in Deutschland gehören mit Beck’s, Hasseröder oder Franziskaner Weißbier einige Schwergewichte der Branche ins belgisch-brasilianische Portfolio.
Gelistet ist das Unternehmen an der Brüsseler Euronext-Börse. Seit Mitte 2012 entwickelt die Aktie sich allerdings eher seitwärts und notiert aktuell bei 64 Euro. Der letzte große Kurssprung gelang Ende Juni des vergangenen Jahres, als bekannt wurde, das Anheuser Busch InBev die Grupo Modelo komplett übernehmen würde, den Hersteller der beliebten mexikanischen Biermarke Corona. Vor knapp zwei Wochen reichte das US-Justizministerium allerdings eine Klage gegen die geplante Übernahme ein – die amerikanischen Kartellwächter fürchten die zu große Preismacht des Biergiganten. Es sei zu erwarten, dass US-Verbraucher deutlich mehr für ihr Bier zahlen müssten.
Das amerikanische Urteil schickten die Anheuser Busch InBev-Aktie auf Talfahrt, mehr als acht Prozent hat das Papier seit dem eingebüßt. Analysten sehen darin eine gute Einstiegsmöglichkeit für Anleger. Philip Morrisey von der Berenberg Bank sieht den Kursrückgang trotz der Unsicherheiten über die Übernahme als Kaufgelegenheit. Die Reaktion des Marktes sei übertrieben, da das Unternehmen den Kauf mit Hilfe von Zugeständnissen an das US-Justizministerium noch erreichen könne, schrieb Morrisey in einer aktuellen Studie.
Etwas pessimistischer sind die Analysten der Citigroup, sie senkten das Kursziel von 76 auf 72 Euro. Die Unsicherheiten über die Übernahme-Entwicklung könnten den Kurs der Aktie kurzfristig belasten. Grundsätzlich werden die Übernahmepläne allerdings positiv bewertet. Während der Biermarkt in Deutschland und Europa gesättigt ist und die großen Anbieter versuchen, über niedrigere Preise ihre Marktanteile zu erhöhen, geht der Absatz in den Schwellenländern nach oben.
Auf zu neuen Ufern
Von dieser Entwicklung will auch ein anderer Bier-Gigant profitieren: Der britische Brauerei-Konzern SAB Miller. Das Unternehmen zählt nach Anheuser Busch InBev zu den weltweit größten Brauereien. Auch das in Deutschland beliebte Pilsner Urquell gehört ins Marken-Portfolio. Erst Anfang des Monats kündigte der Konzern an, in China insgesamt sieben Brauereien zuzukaufen. Der Deal dürfte auch der Aktie noch mal Schwung verleihen, denn die Volksrepublik gehört aktuell zu den am stärksten wachsenden Biermärkten der Welt. Innerhalb der letzten zwei Monate legte das Papier um satte elf Prozent zu.
Auch den dänischen Carlsberg-Konzern zieht es ins Ausland. Vor allem die Marke Tuborg gilt als Zukunftstreiber, das etwas herbere Bier wird in Asien immer beliebter. Der niederländische Braukonzern Heineken hat sich dagegen in Thailand nach Übernahmemöglichkeiten umgesehen. Mit der Übernahme der Asia Pacific Brewery (APB) holten sich die Niederländer auch das beliebte thailändische Tiger-Bier ins Portfolio.
Grundsätzlich gilt: Bierkonzerne, die in den Schwellenländern expandieren, könnten eine gute Chance haben, die Verluste auf den „alten“ Absatzmärkten auszugleichen. Das sollten auch Anleger im Hinterkopf behalten. Denn da die Übernahmen oft von kartellrechtlichen Streitigkeiten begleitet werden, kann es schnell zu Kursschwankungen kommen, die sowohl lukrative Ein-als auch Ausstiegschancen bieten.
In diesem Sinne: Ein Prosit auf die Bier-Aktie!