Geschlossene Fonds Das Abkassiermodell Proven Oil

Proven Oil Canada hat im Streit mit der WirtschaftsWoche drei Verfügungen erwirkt und verkauft diese als großen Sieg – Anwälte sehen in den Beschlüssen jedoch ein fatales Eigentor mit dramatischen Folgen für den eigenen Vertrieb.

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Monika Galba

Monika Galba klang triumphierend, als sie sich an ihre Vertriebsleute und die Öffentlichkeit wandte. In einer Rundmail wies die Chefin des Berliner Fonds-Emissionshauses „Proven Oil Canada“ (POC) ihre Verkäufer darauf hin, dass das Landgericht Hamburg „im Zusammenhang mit der in weiten Teilen unwahrhaftigen Print- und Online-Berichterstattung“ der WirtschaftsWoche jeweils eine einstweilige Verfügung gegen Chefredakteur Roland Tichy, Autor Florian Zerfaß und die WirtschaftsWoche erstritten habe. „Somit ist die Berichterstattung der „WirtschaftsWoche“ als in zentralen Punkten unzulässig, weil wahrheitswidrig, beurteilt worden“, schrieb Galba an den Vertrieb.

Doch vom Triumph zur Tragik ist es nie besonders weit. Und Galbas Schreiben nicht besonders vollständig. Eine ziemlich lange Liste von Aussagen wollte Proven Oil uns verbieten lassen, doch das Landgericht Hamburg spielte nur ein bisschen mit. In etlichen Punkten wies es den Antrag von Proven Oil ab, es untersagte nur wenige Sätze aus unserer Berichterstattung. Aus der großen Geschichte „Oh, wie schön ist Kanada“ von Anfang Januar etwa sind ganze fünfzehneinhalb von 562 Zeilen von der Verfügung betroffen. 80 Prozent der Verfahrenskosten muss Proven Oil selbst tragen, nur 20 Prozent die WirtschaftsWoche.

Richtig fatal aber könnten für Proven Oil manche Begründungen werden, mit denen das Landgericht Hamburg weitere Anträge gegen die WirtschaftsWoche abgewiesen hat. So wollte Proven Oil zwei Tweets von Chefredakteur Roland Tichy untersagt haben. Diese lauteten:

XXXXX und verdrehte Tatsachen: Kollege Zerfass legt nach im Krieg mit den schmierigen Ölgeschäften …“

und

XXXXX und verdrehte Wahrheiten: Kollege Zerfass zerlegt ein fragwürdiges Abkassiermodell …“

Am Ende war jeweils ein Link zu unserem Faktencheck über die „Abenteuerlichen Argumente der Ölbarone“ angegeben. Dort sind die absurden Stellungnahmen auseinander genommen, mit denen Proven Oil sich nach unserem ersten Bericht rechtfertigte.

Das Landgericht Hamburg untersagte nur das unterstrichene Wort zu Beginn der beiden Tweets (Unkenntlichmachung durch uns). Die weiteren Aussagen aber erlaubte das Landgericht Hamburg. „Verdrehte Tatsachen“ und „schmierige Ölgeschäfte“, „verdrehte Wahrheiten“ und „fragwürdiges Abkassiermodell“ – gegen all das hatte das Landgericht Hamburg nichts einzuwenden. Es stellte in der Begründung der Entscheidung nicht nur fest, dass es sich dabei um „zulässige Meinungsäußerungen“ handelt, sondern obendrein auch, dass dafür „hinreichende Anknüpfungstatsachen vorliegen.“ Heißt im Klartext: Die in den Artikeln genannten Fakten rechtfertigen es aus Sicht des Landgerichts Hamburg, Proven Oil zum Beispiel als „fragwürdiges Abkassiermodell“ zu bezeichnen.

Schmierige Ölgeschäfte und verdrehte Wahrheiten

Davon freilich schreibt Galba ihren Verkäufern nichts. Für Vertriebler jedoch steckt in diesem Beschluss Sprengstoff pur, sagen Anlegeranwälte. „Wenn ein Gericht feststellt, dass hinreichende Anknüpfungstatsachen für die Bezeichnung als fragwürdiges Abkassiermodell bestehen, dann kann man diese Fonds nicht mehr vertreiben“, sagt Martin Seidel von der Düsseldorfer Kanzlei Baum, Reiter & Collegen. „Berater sind zu einer Plausibilitätsprüfung verpflichtet. Wer sich alleine auf die Angaben des Emissionshauses verlässt und nicht auf Presseberichte zu diesem Beschluss hinweist, läuft voll in die Beraterhaftung rein. Und wer als Anleger trotz eines entsprechenden Hinweises noch zeichnet, dem ist nicht mehr zu helfen.“

Seidels Kollege Andreas Lang kommt zu einer ähnlichen Einschätzung. „Das ist ein kapitales Eigentor“, sagt der Anwalt von der Frankfurter Kanzlei Nieding+Barth. „Nachdem ein Gericht die Faktenlage so beurteilt hat, ist eine Empfehlung der Produkte nicht mehr drin. Für jeden Vermittler muss spätestens mit dieser Entscheidung klar sein: Proven Oil ist ein ganz heißes Eisen. Wer das verkauft, spielt mit dem Feuer.“

Erst zwei Monate nach der Veröffentlichung des ersten Artikels konnte Proven Oil die Verfügungen erwirken, die bei vollständiger Betrachtung auch noch ein Erfolg mit fatalen Folgen sind. Dass Galba in ihrem Schreiben Behauptungen aufstellt, die gar nicht im Urteil stehen, dass noch nicht einmal das Datum der Verfügung gegen Roland Tichy korrekt angegeben ist – geschenkt. Denn Galba liegt noch in einem ganz anderen Punkt daneben: Wenn sie schreibt, dass der Vorgang für POC „damit abgeschlossen“ ist. Die WirtschaftsWoche wird weiter berichten. Über die schmierigen Ölgeschäfte von Proven Oil - und über die juristische Auseinandersetzung.

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