Goldman Sachs über Aktien, Anleihen und Co. „So hoch bewertet wie im Jahr 1900“

Aktien, Anleihen und andere Zinspapiere sind in den USA mittlerweile im Schnitt so teuer wie zuletzt vor mehr als 116 Jahren, warnt Goldman Sachs. Warum die Amerikaner trotzdem empfehlen, auf Dividendenpapiere zu setzen.

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Die Warnrufe der Experten mehren sich. Quelle: AP

Frankfurt Die Stimmen der Mahner mehren sich nach der jüngsten Rekordserie an der Wall Street. Zieht man die durchschnittliche Bewertung bei Aktien, Anleihen und anderen Zinspapieren zu Rate, warnt jetzt Goldman Sachs, erreichten die Anlageklassen den höchsten Stand seit dem Jahr 1900. Die Experten der US-Investmentbank erwarten, dass die aktuelle Marktverfassung „ab einem gewissen Punkt zu Schmerzen bei den Anleger“ führen werde.

„Es ist selten der Fall gewesen, dass Aktien sowie Anleihen und andere Zinspapiere zur gleichen Zeit ähnlich teuer waren, außer in den tosenden 20er Jahren und in den goldenen 50ern“, warnen die Strategen von Goldman Sachs in einer aktuellen Marktanalyse. „Alle guten Dinge müssen zu einem Ende kommen“ und „möglicherweise wird es einen Bärenmarkt geben“, sagen die Fachleute voraus.

Zuvor hatten unteren anderem die Strategen der Credit Suisse vor deutlich gestiegen Risiken an den Anlagemärkten gewarnt: Die Uhr ticke bei der globalen Aktienrally, der die Luft im zweiten Halbjahr 2018 auszugehen drohe.

Auch beim Vermögensverwalter Fidelity International rechnet man weltweit mit einem schwierigen kommenden Aktienjahr. „Die starke Wertentwicklung der Aktienmärkte basiert auf der positiven Kombination eines gleichförmigen globalen Wirtschaftswachstums und einem sehr moderaten Inflationsumfeld – eine Situation, die auch als „Goldilocks“-Szenario beschrieben wird – nicht zu heiß und nicht zu kalt“, sagt Sonja Laud, die den Bereich Aktien leitet.

Doch Investoren müssen sich fragen, wie lange das noch so weitergehen kann.

Noch aber lassen sich Anleger von den warnenden Skeptikern nicht beeindrucken: Auch am letzten Handelstag im November deckten sich Investoren an der Wall Street mit Aktien ein. Der US-Standardwerteindex Dow Jones setzte zur Rally an und legte fast anderthalb Prozent zu, erstmals stieg er dabei über die 24.000-Punkte-Marke, mit 24.275 markierte er zum vierten Mal in Folge ein neues Allzeithoch. Genährt wurden die Kurse von den Bemühungen im Senat, eine Mehrheit für die geplanten Steuersenkungen zusammenzubekommen.


Was das größte Risiko für die Aktienmärkte darstellt

An den Bondmärkten fragen die Investoren nach Einschätzung von Goldman Sachs länger laufende Anleihen nach, da die Zentralbanken ihre Anleihekaufprogramme zurückfahren und dadurch die Renditeaufschläge nach oben treiben. Auf mittlere Sicht sei es laut den Analysten wahrscheinlich, dass die Renditen Anlageklassen übergreifend niedriger sein werden.

Ein zweites, weniger wahrscheinliches Szenario für die kommenden Monate beinhalte laut Goldman Sachs “schnellen Schmerz”: Sowohl die Bewertungen von Aktien als auch Anleihen würden dann getroffen werden. Je nachdem ob der Auslöser nur einen negativen Wachstumsschock beinhalte oder einen Wachstumsschock und gleichzeitig eine anziehende Inflation würden Aktien oder Anleihen stärker getroffen werden.

„Die erhöhten Bewertungen steigern das Risiko von Einbrüchen aus dem einfachen Grund, dass es weniger Puffer gibt, um Schocks zu absorbieren“, urteilen die Strategen. Die durchschnittliche Bewertung von Aktien sowie Anleihen und anderen Kreditpapieren liege in den USA auf einem Allzeithoch.

Ein Wertpapierportfolio bestehend aus 60 Prozent S&P 500-Aktien und 40 Prozent zehnjährigen US-Staatsanleihen habe seit 1985 eine inflationsadjustierte Rendite von 7,1 Prozent erzielt. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahrhundert habe dieser Wert dagegen nur 4,8 Prozent betragen. Die Implosion der Tech-Blase und die globale Finanzkrise seien die zwei Makel auf dem Weg zum Rekordwert gewesen.

In der laufenden Periode habe laut der Goldman-Analyse niedrige Inflation vorgeherrscht, genauso wie sie es auch während des wirtschaftlichen Wachstums in den 1920ern und 1950ern getan habe. „Das schlimmste Szenario für ein 60/40-Portfolio ist hohe und steigende Inflation, denn dann leiden sowohl Anleihen als auch Aktien – selbst außerhalb einer Rezession“, so die Experten.

Eine hohe Taktrate bei der geldpolitischen Straffung, die durch Preisdruck ausgelöst wird, bleibe ein Schlüsselrisiko für gemischte Portfolios. Das Laufzeitrisiko an den Anleihemärkten sei in diesem Zyklus viel höher“, urteilen die Geldprofis.

Im Hauptszenario von Goldman Sachs, das niedrige aber positive Renditen beinhaltet, sollten Anleger investiert bleiben oder sogar ihre Engagements aufstocken. Die Experten schlagen in diesem Fall vor, stärker auf Aktien zu setzen, die im Verhältnis zu ihrem Risiko höhere Renditen bieten. Verringert werden sollte dagegen die Laufzeit der Anleihekomponenten im Portfolio.

Mit Material von Bloomberg.

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