Die Ölpreise sind am Montag nach der Ankündigung von Förderkürzungen des Ölkartells Opec und anderer wichtiger Förderländer auf den höchsten Stand seit Sommer 2015 gestiegen. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zeitweise bis zu 57,89 US-Dollar, während für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) bis zu 54,51 Dollar gezahlt wurden. Die Preissteigerungen gegenüber Freitag betrugen damit über fünf Prozent.
Auslöser war ein Beschluss zwischen 13 Ländern der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) und 12 anderen großen Förderstaaten. In einem historischen Schulterschluss kündigten sie gemeinsame Förderkürzungen an, um die derzeit niedrigen Preise für Rohöl nach oben zu treiben. Die Kooperation knüpft an eine Förderkürzung der Opec von Ende November an. Das Kartell will seine Tagesförderung um 1,2 Millionen Barrel auf 32,5 Milliarden Fass reduzieren. Die Kürzung soll ab 2017 für ein halbes Jahr gelten.
Am Wochenende einigten sich zudem die Opec und ein Dutzend anderer Länder, die nicht dem Ölkartell angehören. Die Nicht-Opec-Länder wollen ihre Förderung um insgesamt 558.000 Barrel täglich drosseln. Russland will allein 300.000 Barrel weniger produzieren. Indes soll die Drosselung nicht gleich zu Jahresbeginn 2017 einsetzen. Erst im April oder Mai soll dann der volle Umfang erreicht werden, sagte der russische Energieminister Alexander Nowak. Insgesamt soll das weltweite Ölangebot um etwa zwei Prozent reduziert werden.
Was Sie über den Ölpreis wissen müssen
Da Öl ursprünglich in Fässern abgefüllt wurde - Barrel im Englischen -, wird diese Maßeinheit in der Branche bis heute verwendet. Ein Barrel sind 159 Liter.
Die steile Talfahrt begann Mitte 2014, bis Anfang 2016 hatte sich der Preis mehr als gedrittelt. Seitdem hat sich der preis wieder erholt, bleibt aber weiter weit hinter früheren Niveaus zurück. Hintergrund ist ein knallharter Wettbewerb zwischen den klassischen Ölförderern wie Saudi-Arabien und neuen Konkurrenten, die Rohöl mit der aufwendigen Fracking-Methode aus Schiefergestein lösen, allen voran in den USA.
Rohöl ist nicht gleich Rohöl. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Sorten – je nach Region. Alleine der Finanzinformationsdienst Bloomberg listet mehr als 100 Stück auf, wovon allerdings nur wenige große Bedeutung haben. Als Richtwert am Finanzmarkt gilt das US-Rohöl West Texas Intermediate (WTI). Eine weitere wichtige Sorte ist das Nordsee-Öl Brent.
Bei den Ölsorten gibt es gravierende Unterschiede bei der Qualität, was auch zu merklichen Preisunterschieden führt. So kann etwa die Sorte North Dakota Sour in der Raffinerie nur schwer verarbeitet werden, weil sie stark schwefelhaltig ist. Das schlägt sich auch im Preis nieder.
Für US-Öl und Brent-Öl werden die Preise über das Spiel von Angebot und Nachfrage gebildet. Aber auch diese Sorten können eine Vielzahl von unterschiedlichen Preisen haben, was daran liegt, dass sie in sogenannten Future-Kontrakten gehandelt werden. Der Käufer erwirbt dabei Rohöl mit unterschiedlichen Lieferdaten. Der am meisten gehandelte und damit für die Anleger wichtigste Future-Kontrakt läuft über einen Monat.
Auch die Ölsorten des Ölkartells Opec (Organisation erdölexportierender Länder) sind für die Weltwirtschaft von hoher Bedeutung. Von der Opec-Zentrale in Wien wird einmal täglich der sogenannte Opec-Korbpreis ermittelt. Hierfür melden alle Mitgliedstaaten des Ölkartells ihre jeweiligen Ölpreise, dann wird der sogenannte Korbpreis aller 13 Opec-Sorten errechnet. Dieser Durchschnittspreis wird allerdings immer mit einem Tag Verzögerung veröffentlicht und spiegelt daher nicht die neueste Entwicklung wider.
Experten beurteilten die Einigung unterschiedlich. Einerseits habe es eine Vereinbarung zwischen derart vielen Opec- und Nicht-Opec-Staaten bisher nicht gegeben. Einige Beobachter sprachen von einem Wendepunkt, der helfen könnte, das Überangebot an Rohöl zu senken. Andere Fachleute sind skeptischer. „Es ist höchst fraglich, ob die vereinbarten Produktionskürzungen eingehalten werden“ sagte Eugen Weinberg, Leiter der Rohstoffanalyse bei der Commerzbank, der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. „Die Erfahrung lehrt, dass derartige Vereinbarungen letztlich nur Lippenbekenntnisse sind, die überwiegend nicht eingehalten werden.“
Auch zur Marktreaktion äußerte sich Weinberg kritisch: „Der Ölpreisanstieg in Reaktion auf die Vereinbarung ist vor allem spekulativ getrieben.“
Viele Anleger, die ohnehin auf steigende Ölpreise setzten, hätten den Beschluss vom Wochenende zum Anlass genommen, die Preise weiter nach oben zu treiben. Weinberg erwartet, dass spätestens im Frühjahr, wenn jahreszeitlich bedingte Kürzungen ausliefen, sichtbar werde, dass die Kürzungsverpflichtungen nicht eingehalten würden. „Warum auch, schließlich drohen keine Sanktionen bei Nichteinhaltung.“ Beobachter verwiesen ferner auf die amerikanische Ölförderung. Die USA haben ihre Produktion in den vergangenen Jahren stark ausgebaut. Mit dem Ölpreisverfall seit 2014 geriet dieser Prozess zwar ins Stocken. Sollten die Preise zulegen, würde die amerikanische Förderung rentabler. Die Aussicht auf eine höhere US-Ölförderung spreche gegen nachhaltig steigende Ölpreise, sagte Weinberg.
Inflationsspekulationen drücken Anleihen
Die Börsenentwicklungen des Tages zeigen: Der kräftige Anstieg des Ölpreises schürt Spekulationen auf eine anziehende Inflation und löst einen Ausverkauf bei Staatsanleihen aus. An den Aktienmärkten legten Öl- und Gasförderer am Montag zwar deutlich zu, dennoch kam die Kursrally von Dax und EuroStoxx50 vorerst zum Erliegen. Der deutsche Leitindex verlor 0,4 Prozent auf 11.115 Punkte und sein pan-europäisches Pendant büßte 0,2 Prozent auf 3192 Zähler ein.
Die Ölsorte Brent aus der Nordsee verteuerte sich dagegen um bis zu 6,6 Prozent und notierte mit 57,89 Dollar je Barrel (159 Liter) so hoch wie zuletzt vor eineinhalb Jahren. Am Wochenende hatte sich die Opec mit einigen anderen Ländern, die nicht zu dem Exportkartell gehören, erstmals seit 2001 auf eine Drosselung der Fördermengen geeinigt. "Sobald die Kürzungen Anfang 2017 umgesetzt werden, wechselt der Ölmarkt von einem Überangebot zu einem Defizit", betonten die Experten des Research-Hauses Bernstein. Die Nachfrage werde das Angebot im ersten Halbjahr 2017 um 800.000 Barrel pro Tag übersteigen. In den vergangenen zweieinhalb Jahren fiel der Brent-Preis wegen der weltweiten Ölschwemme zeitweise von rund 115 auf etwa 27 Dollar je Barrel.
Zu den Profiteuren der aktuellen Ölpreis-Rally gehörten die Öl- und Gasförderer. Deren Branchenindex markierte mit 315,47 Punkten ein Eineinhalb-Jahres-Hoch. Zu den gefragtesten Werten gehörten hier Tullow Oil und Petrofac aus Großbritannien, Galp aus Portugal sowie Eni aus Italien mit Kursgewinnen von bis zu 9,4 Prozent. BP und Shell legten jeweils gut zwei Prozent zu.
Auf Talfahrt gingen dagegen die Fluggesellschaften, da der Kerosinpreis ein großer Kostenfaktor ist. Lufthansa, Air France-KLM und die British Airways-Mutter IAG verloren bis zu 2,8 Prozent. Die beiden Billig-Flieger Ryanair und EasyJet büßten jeweils knapp zwei Prozent ein.
Wegen der Aussicht auf steigende Energiepreise wetteten Investoren verstärkt auf eine anziehende Teuerung. Dies hievte das europäische Inflationsbarometer auf den höchsten Stand seit etwa einem Jahr. Gleichzeitig warfen Anleger niedrig verzinste Staatsanleihen aus ihren Depots. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf 0,385 von 0,357 Prozent. Der Euro verteuerte sich um etwa ein Drittel US-Cent auf 1,0585 Dollar.