Hochfrequenzhandel Wie schlimm die Flashboys wirklich sind

Zwei Berkeley-Professoren haben nachgerechnet, wie sehr der Aktienmarkt durch Hochfrequenzhändler manipuliert wird. Die Ergebnisse dürften manchen Kritiker überraschen.

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Schnellere Rechner, höhere Arbitrage: Die Börsenhändler haben in den vergangenen Jahren aufgerüstet. Quelle: dpa

New York Milliardengewinne, erschlichen durch modernste Technik, die den Durchschnittsanleger ebenso wie Großinvestoren auf der Strecke lässt: So hat der Bestseller-Autor Michael Lewis in seinem Buch „Flashboys“ die Welt der Hochfrequenzhändler beschrieben. Der Börsenhandel läuft insgesamt immer automatischer und immer schneller ab.

In diesem Umfeld versuchen die Hochfrequenzhändler durch Käufe und Verkäufe in immer kleineren Bruchteilen von Sekunden ihren Gewinn zu machen – so schnell, dass normale Marktteilnehmer ihnen nicht folgen können. Aber ist es wirklich so wild mit den unfairen Gewinnen? Zwei Professoren der Universität Berkeley bestreiten das.

Schon wer sich kurz nach Erscheinen des Werks im Jahr 2014 mit Leuten an der Wall Street unterhielt, bekam häufig Urteile zu hören wie: „Super geschrieben, ein tolles Buch, auch wenn es mit der Realität nur ansatzweise zu tun hat.“ Lewis‘ These von sagenhaften Gewinnen in dem Bereich stand auch in auffälligem Kontrast zu den Gewinnen der Unternehmen, die auf diese Geschäfte spezialisiert sind.

Virtu Financial zum Beispiel, eines der bekanntesten Unternehmen in dem Bereich, hat im zweiten Quartal 2016 gut 50 Millionen Dollar nach Steuern verdient. Angesichts der Gewinne großer Banken und erfolgreicher Hedgefonds ein überschaubarer Betrag.

Lewis hat mit seinem Buch aber eine Menge bewegt. Er baute als Helden Brad Katsuyama auf, den Gründer der Börse IEX, die mit einer bewussten Verzögerung der Handelsaufträge den Sekundenhändlern das Wasser abgraben will. Er lenkte die Aufmerksamkeit von Politikern und Aufsehern auf den Bereich, was dazu führt, dass die Börsen mehr Daten aus diesem Bereich veröffentlichen müssen.


Investitionen in schnellen Marktzugang wichtig

Und diese Daten haben sich Robert Bartlett und Justin McCray, zwei Professoren aus Berkeley, zu Nutze gemacht. In einem 50-seitigen Arbeitspapier mit dem Titel „Wie stark manipuliert sind die Aktienmärkte“ haben sie verschiedene Techniken, mit den die Hochfrequenzhändler angeblich die anderen Anleger über den Tisch ziehen, untersucht.

Im Grunde geht es bei den umstrittenen Verfahren immer um sogenanntes Frontrunning, also darum, Informationen über die Absichten anderer Marktteilnehmer zu nutzen, bevor diese selbst ihre entsprechenden Geschäfte umsetzen können.

Das Ergebnis ist ernüchternd. Die Professoren können aus den Daten keinen Beleg für umstrittene Strategien ableiten. Sie räumen aber ein, dass ihnen erst Daten ab August 2015 zur Verfügung stehen und sich, möglicherweise auch durch den Druck der Finanzaufseher, der Handel gegenüber früheren Zeiträumen  verändert haben könnte.

Sie betonen auch, dass es in jedem Fall für Markteilnehmer wichtig ist, in den schnellen Zugang zu Informationen zu investieren. Denn – ob Lewis nun Recht mit seinen Vorwürfen oder nicht – eines ist klar: Der Handel beschleunigt sich immer mehr, nicht nur wegen der Flashboys, sondern weil überall die technischen System immer leistungsfähiger werden.

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