Hochzinsanleihen Anlegerabzocke in drei Akten

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Letzter Akt: Showdown mit Krisenmanager

Der Online-Spiele-Vermarkter Gamigo plant aktuell einen Segmentwechsel. Die Anleihe wechselt zum 20. Juni vom Entry Standard in das tiefere Handelssegment Quotation Board. Als Grund führt Gamigo die Kosten an. Ein Witz: Die jährlichen Gebühren liegen im Entry Standard bei gerade mal 5000 Euro – und Kosten für Finanzberichte will Gamigo nicht einsparen, die kämen angeblich weiterhin wie bislang. Davon abgesehen entwickele sich Gamigo natürlich „weiter positiv“, meldet die Spielebude. Komisch nur, dass der Bond nur noch bei rund 65 statt 100 Prozent notiert.

Fürstliche Entlohnung

Kommt es zum Showdown, betreten neue Darsteller die Bühne: Eigen- und Insolvenzverwalter, Unternehmensberater, Sachwalter, Gläubigervertreter –, viele Berater und Anwälte jedenfalls, die es bestens verstehen, die Leiche zu fleddern. Leider jedoch bleibt am Ende meist wenig übrig für Anleger, die Krisenmanager jedoch entlohnen sich fürstlich.

Oft steht im Skript der Insolvenzspezialisten ein Debt-to-Equity-Swap – Solarworld lässt grüßen. Er kommt durch die Umwandlung von Schulden in Aktien einer Enteignung der Altaktionäre gleich. Der Solarzulieferer 3W Power etwa hat zuletzt 50 Prozent des ausstehenden Anleihenennwerts, also 50 Millionen Euro, in Aktien getauscht. Angeblich droht ein Swap auch den Gläubigern des Traumschiffes MS Deutschland – ein Journalistenkollege will in einer Unternehmenspräsentation des Mehrheitseigners Callista diese Option entdeckt haben. Callista war dazu nicht zu sprechen.

Gläubiger fahren mit dem Tausch nicht zwangsläufig besser, wollten sie doch hohe Zinsen kassieren und nicht Anteilseigner eines klammen Konzerns werden. Zumal es von der weiteren Unternehmensentwicklung abhängt, was ihre Beteiligung wert ist. Der Gesellschaft kann das egal sein, sie ist entschuldet – gegen den Willen von Gläubigern und Aktionären.

Besser, aber nicht unbedingt zugunsten von Anlegern, läuft es, wenn es gut läuft. Das Zauberwort heißt Call-Option. Sie berechtigt ein Unternehmen dazu, seine Anleihe zu vorab festgelegten Terminen und Konditionen zu kündigen. Brummt das Geschäft und ist plötzlich Geld da, zieht der Finanzchef den Anlegern ihre sichere Anleihe unter dem Hintern weg. Beispiel Nabaltec: Das Chemieunternehmen zahlte seinen Bond zu 100 Prozent zurück – wer über 100 gekauft hatte, verlor selbst bei dem sicheren Schuldner Geld.

100 Prozent sind oft zuwenig

Gleiches droht bei Dürr: Der Maschinenbauer hat Ende März 300 Millionen Euro eingesammelt. Zwar hat das Unternehmen noch nicht über eine vorzeitige Kündigung seiner im Jahr 2010 emittierten Anleihe entschieden. Ein umsichtiger Finanzchef müsste es aber tun: Gemäß den Anleihebedingungen kann Dürr den Bond im September 2014 kündigen und Anleger zu pari auszahlen (100 Prozent). Wer heute zu 105 Prozent kauft, könnte Geld verlieren – der Kupon kompensiert eben „nur“ 7,25 Prozent.

Der Vorhang fiel in den letzten Monate häufig – doch Ausfälle wie bei Zamek, Rena, Windreich, S.A.G. Solarstrom, 3W Power oder Mifa werden dennoch keine Ausnahme bleiben. Die Zugabe wird noch kommen: Spätestens ab 2015 laufen Junkbonds im Wert von vielen Milliarden Euro aus.

Ja, die Zinsen sind niedrig, Anleger verdienen mit sicheren Bonds nichts mehr. Aber weniger ist halt oft immer noch mehr.

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